Entscheidung in Cornwall
beschloss, auszugehen und ein bisschen von dieser Energie am Black Jack-Tisch einzusetzen. Er konnte mit Eddie oder einem von den anderen Jungs aus der Band durch die Casinos ziehen.
Brian wusste, dass vor seiner Garderobe die Frauen Schlange standen und darauf warteten, dass er herauskäme.
Er hatte freie Auswahl. Aber er wollte keine Frau. Er wollte einen Drink, ein paar Karten in der Hand und Action. Er brauchte etwas, das seinen Adrenalinspiegel abbaute.
Er griff nach dem Hemd und warf einen Blick in den Spiegel. Sein nackter Oberkörper war straff und sehnig, fast ein bisschen zu mager, aber Arme und Schultern waren erstaunlich muskulös. Als Junge hatte er in London diese Muskeln häufig gebraucht. Er überlegte sich oft, ob die Klavierstunden, die er nach dem Willen seiner Mutter nehmen musste, ihn davor bewahrt hatten, in schlechte Gesellschaft zu geraten. Mit der Musik hatte sich ihm eine neue Welt aufgetan. Er konnte nie genug davon bekommen, nie genug lernen. Sie war für ihn wie Nahrung, und er war am Verhungern gewesen.
Mit fünfzehn hatte Brian seine eigene Band gegründet. Er war zäh und frech gewesen und hatte so lange geredet, bis er es geschafft hatte, in mehreren kleinen Kneipen zu spielen. Schon damals hatte es Frauen für ihn gegeben. Nicht nur Mädchen, sondern Frauen, die sich von seiner jungen Sexualität und seiner selbstsicheren Überheblichkeit angezogen fühlten. Doch sie waren nur ein Teil des Abenteuers gewesen. Er hatte nie aufgegeben, obwohl das Leben in den Bierpinten nicht gerade üppig genannt werden konnte. Er hatte sich in die Höhe gearbeitet und war eine lokale Berühmtheit geworden. Seine Musik war ebenso kraftvoll wie seine Persönlichkeit.
Der Ruhm war nicht über Nacht gekommen. Brian war zwanzig, als er seine erste Platte aufnahm. Sie wurde kein Erfolg. Brian hatte festgestellt, dass das an der schlechten Tonqualität, einem schlechten Management und seiner eigenen Haltung lag, die auszudrücken schien: Seht doch, ob mir das was ausmacht! Er war ein paar Schritte zurückgegangen, hatte einen tüchtigen Manager gefunden, hart an den Arrangements gearbeitet und so lange geredet, bis er noch einen Aufnahmetermin bekommen hatte.
Zwei Jahre später hatte er seiner Familie ein Haus in einer Londoner Vorstadt gekauft, seinen jüngeren Bruder auf die Universität geschickt und war zu seiner ersten Tournee nach Amerika aufgebrochen.
Jetzt war er dreißig und hatte das Gefühl, seit einer Ewigkeit auf einem Karussell zu sitzen, das nie anhielt. Sein halbes Leben hatte er seiner Karriere und ihren Anforderungen geopfert. Er war des Wanderns müde. Er wollte seinem Leben einen Mittelpunkt geben, er brauchte etwas, worauf er es ausrichten konnte. Ihm war klar, dass er die Musik nicht aufgeben könnte, aber sie allein genügte ihm nicht mehr. Seine Familie war ihm nicht mehr genug und auch nicht der Applaus.
Er wusste, was er wollte. Zwar hatte er es schon vor fünf Jahren gewusst, doch es gab Zeiten, in denen er bei Weitem nicht so selbstsicher war wie mit sechzehn, als er sich mit seiner Redegewandtheit durch die Hintertür Zutritt zu den Bühnen drittklassiger Nachtclubs verschaffte. Tausende hatten eben dreißig Dollar pro Kopf bezahlt, um ihn zu hören, und er konnte es sich leisten, die Gage, die er für sein Gastspiel in Vegas bekam, an einem einzigen Abend am Spieltisch zu verlieren. Am liebsten hätte er genau das getan.
Er war rastlos, steckte voller Unbesonnenheit und war genauso nervös wie an dem Abend, an dem er Ramona nach dem gemeinsamen Abendessen und dem so jäh abgebrochenen Nachtclubbesuch nach Hause gebracht hatte. Danach hatte er sie nur noch einmal gesehen – auf der Party von Steve Jarett. Dann war er nach Las Vegas geflogen, hatte versucht, zur Ruhe zu kommen.
Doch jetzt holten sie ihn wieder ein – die Spannung, der Zorn, das Verlangen. Nicht zum ersten Mal fragte sich Brian, ob sein unvernünftiges Verlangen nach Ramona endlich aufhören würde, wenn er sie einmal haben könnte, nur ein einziges Mal. Mit raschen, ungeduldigen Bewegungen steckte er das Hemd in die Jeans. Er wusste, dass es nicht so war, aber manchmal wünschte er sich, es wäre so. Er verließ die Garderobe und machte sich auf die Suche nach jemandem, der ihm Gesellschaft leistete.
Brian saß eine Stunde lang am Blackjack-Tisch. Er verlor ein bisschen, gewann ein bisschen, verlor wieder. Er spielte zu unaufmerksam. Neben ihm saß eine magere Frau, eine fanatische Spielerin, die
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