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Entscheidung in Cornwall

Entscheidung in Cornwall

Titel: Entscheidung in Cornwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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im Spiegel. »Das sagt ausgerechnet sie, nachdem sie vier Wochen lang die Peitsche über mir geschwungen hat. Er gibt mir ein richtig exotisches Aussehen, nicht wahr?« Wieder rümpfte sie die Nase und verdarb so die Wirkung, die der Visagist erzielt hatte.
    »Jetzt marsch, in dein Kostüm!«, befahl Julie gut gelaunt.
    »Da siehst du’s! Sie kommandiert mich ständig rum.« Gehorsam stand Ramona auf.
    »Hier.« Wayne nahm das rot-silberne Kleid vom Bügel. »Da ich deine Garderobiere weggeschickt habe, spiele ich deinen Pagen.«
    »Oh fein, vielen Dank.« Sie schlüpfte aus dem Frotteemantel und zog das Kleid an. »Weißt du, Wayne«, fuhr sie fort, während er ihr den Reißverschluss zuzog, »mit dem schwarzen Kleid hast du ins Schwarze getroffen. Ich weiß hinterher nie, ob der Applaus mir oder dem Kleid gilt.«
    »Habe ich dich je enttäuscht?«, fragte er und zog eine Falte zurecht.
    »Nein.« Sie wandte den Kopf und lächelte ihn über die Schulter an. »Nie. Werde ich dir fehlen?«
    »Es wird eine Zeit tragischer Trauer für mich.« Er küsste sie leicht auf die Wange.
    Jemand klopfte kurz und energisch. »Noch zehn Minuten, Miss Williams.«
    Ramona holte tief Luft. »Gehst du nach vorn?«, fragte sie Wayne.
    »Ich bleibe mit Julie hinter der Bühne.« Er sah zu ihr hinüber und zog fragend eine Braue hoch.
    »Das finde ich nett von dir«, antwortete Julie. »Hier. Ramona, vergiss deine herrlich grässlichen Ohrringe nicht.« Sie sah zu, wie Ramona den rechten Ohrring befestigte, und wandte sich kopfschüttelnd an Wayne. »Die Dinger sind einfach schauderhaft, aber zu diesem Kleid sehen sie fantastisch aus.«
    »Hattest du etwas anderes erwartet?«, sagte er herablassend.
    Julie schüttelte lachend den Kopf. »Das Ego dieses Mannes«, wandte sie sich an Ramona, »überrascht mich immer wieder.«
    »Solange es nicht größer ist als mein Talent«, warf er liebenswürdig ein.
    »Das New Yorker Publikum ist schwierig.« Ramona sprach plötzlich sehr rasch, und ihre Stimme zitterte leicht vor Nervosität und Erregung. »Es jagt mir eine Todesangst ein.«
    »Hast du nicht gesagt, dass du gern in New York auftrittst?« Wayne nahm sich eine Zigarette und bot die Packung dann Julie an.
    »Das stimmt auch, besonders am Ende einer Tournee. Man ist gezwungen, sein Bestes zu geben. Bis zum Schluss. Das hält einen auf Trab. Die Leute hier haben es sehr schnell heraus, wenn ich ihnen nicht alles gebe. Wie sehe ich aus?«
    »Das Kleid ist sensationell«, sagte Wayne. »Du selber … na ja, es geht.«
    »Du bist mir wirklich Trost und Hilfe!«
    »Gehen wir«, drängte Julie. »Du verpasst noch deinen Auftritt.«
    »Ich verpasse nie meinen Auftritt.« Ramona machte sich an ihrem linken Ohrring zu schaffen, versuchte Julie hinzuhalten. Er hat gesagt, er wird hier sein, dachte sie. Warum ist er nicht gekommen? Vielleicht hatte er das Datum verwechselt oder saß in einem Verkehrsstau fest. Vielleicht hatte er aber auch nur vergessen, dass er ihr versprochen hatte, zu ihrem Konzert zu kommen …
    Wieder kam das kurze, energische Klopfen. »Fünf Minuten, Miss Williams.«
    »Ramona!«, mahnte Julie.
    »Ja, ja, ich komme schon.« Ramona drehte sich um und lächelte Wayne und Julie herausfordernd an. »Wenn’s vorbei ist, müsst ihr mir sagen, dass ich großartig war … auch wenn es nicht wahr ist. Ich möchte das Gefühl haben, dass die Tournee ein Triumph war.«
    Damit stürmte sie zur Tür und lief den langen Flur entlang zur Bühne, wo die Vorgruppe nicht mehr leise, sondern so mitreißend spielte, dass fast die Wände wackelten.
    »Miss Williams! Miss Williams! Ramona!«
    Aus ihrer Konzentration herausgerissen, drehte sie sich um und sah den gehetzt wirkenden Inspizienten an. Er drückte ihr eine weiße Rose in die Hand.
    »Die ist eben für Sie gekommen.«
    Ramona nahm die Blüte entgegen und atmete tief ihren Duft ein. Sie wusste, sie kam von Brian, und ihr war, als versinke sie in einen Traum.
    »Ramona!« Die Vorgruppe hatte ihren Auftritt beendet, und Ramonas Band brachte ihre Instrumente auf die Bühne. Der Umbau ging sehr schnell vonstatten. »Sie verpassen Ihren Auftritt!«
    »Aber nein, keine Angst!« Sie gab dem sorgenvollen Inspizienten einen Kuss auf die Wange und vergaß dabei ganz den vom Visagisten so sorgfältig aufgetragenen Lippenstift. Die weiße Rose nahm sie auf die Bühne mit.
    Als sie in die Seitenkulisse trat, wurde sie eben angekündigt. Großartige Stimmung, dachte sie. Das Publikum darf sich nicht

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