Entscheidung in Cornwall
einen riesigen Brillanten am Finger und Saphire um den Hals trug. Sie trank und verlor im gleichen Rhythmus. Das junge Paar gegenüber war auf der Hochzeitsreise, wie Brian vermutete. Der goldene Ring am Finger des Mädchens sah noch ganz neu aus. Die beiden drehten fast durch vor Freude, weil sie – Brians Schätzung nach – ungefähr dreißig Dollar gewonnen hatten. Ihre Begeisterung und die liebevollen Blicke, die sie tauschten, hatten etwas Rührendes. Um sie herum rasselten und klingelten die Spielautomaten.
Brian war noch ebenso rastlos wie vor einer Stunde in seiner Garderobe. Neben sich hatte er ein halb geleertes Glas Bourbon stehen, aber er trank es nicht aus, als er aufstand. Das Casino war auch nicht das Richtige für ihn, und er beneidete brennend den jungen Mann, der seine Frau und Chips im Wert von dreißig Dollar hatte.
In Brians Suite war es dunkel und still, ein krasser Gegensatz zu der Welt, die er eben verlassen hatte. Er machte auf dem Weg ins Schlafzimmer kein Licht, nahm eine Zigarette aus dem Etui und setzte sich auf das Bett, bevor er sie anzündete. Das Feuerzeug zischte, und es gab eine kurze Stichflamme. Mit der Stille als einzigem Gefährten saß Brian da, doch er kam innerlich nicht zur Ruhe. Endlich knipste er doch die kleine Nachttischlampe an und griff nach dem Telefonhörer.
Ramona lag in tiefem Schlaf. Das Klingeln des Telefons jagte ihr, noch bevor sie ganz wach war, einen panischen Schreck ein. Ihr Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren, und nur langsam klärten sich die Nebel des Schlafs. Sie war mit nächtlichen Anrufen aufgewachsen. Sie vergaß, wo sie war, und tastete mit einem Gefühl ängstlicher Spannung nach dem Telefon.
»Ja … hallo …«
»Ich habe dich geweckt, Ramona, ich weiß. Es tut mir leid.«
Sie versuchte die Benommenheit abzuschütteln. »Brian? Ist etwas passiert? Geht es dir gut?«
»Ja, mir geht’s gut. Ich bin nur schrecklich rücksichtslos.«
Ramona entspannte sich, ließ sich in die Kissen zurücksinken und versuchte sich zu orientieren. »Du bist in Vegas, nicht wahr?« Das schwache Licht vor dem Fenster sagte ihr, dass es kurz vor Tagesanbruch war. Bei ihm war es zwei Stunden früher. Oder waren es drei? Sie hatte immer Schwierigkeiten mit dem Zeitunterschied und wusste nie, in welcher Zeitzone sie sich gerade aufhielt.
»Ja, ich bin noch die ganze nächste Woche in Vegas.«
»Wie läuft deine Show?«
Wie typisch für sie, dachte er. Sie will gar nicht wissen, warum, zum Teufel, ich sie mitten in der Nacht anrufe, sondern akzeptiert es ganz einfach, dass ich jemanden zum Reden brauche. Er zog an der Zigarette und wünschte sich, Ramona berühren zu können. »Die Show läuft gut, aber am Spieltisch habe ich Pech.«
Ramona lachte. Es klang nicht so, als sei er Hunderte von Meilen entfernt. »Spielst du noch immer Black Jack?«
»Ich bin konsequent«, antwortete er. »Wie lief’s in Kansas?«
»Das Publikum war fantastisch«, antwortete Ramona und ließ die Gedanken zu ihrem Konzert zurückschweifen. »Es ist von Anfang an mitgegangen. Das ist das Einzige, was einen auf einer solchen Tournee aufrechterhält. Wirst du rechtzeitig genug in New York sein, um dir meine Show anzusehen?«
»Und ob ich da sein werde!« Er legte sich zurück, da seine überflüssige Energie allmählich nachließ. »Cornwall wird für mich immer verlockender.«
»Deine Stimme klingt müde.«
»Ich war hellwach, aber jetzt bin ich müde geworden. Ramona …«
Sie wartete, doch er sagte nichts mehr. »Ja, Brian?«
»Du hast mir gefehlt, ich musste einfach deine Stimme hören. Sag mir, was du siehst, was du jetzt, in diesem Augenblick, vor dir siehst.«
»Es ist Morgen«, sagte sie. »Oder fast Morgen. Ich sehe keine Häuser, nur Himmel. Er ist nicht grau, sondern eher malvenfarben, und das Licht ist sehr weich und dünn.« Sie lächelte. Viel Zeit war vergangen, seit sie das letzte Mal einen Tag heraufdämmern gesehen hatte. »Es ist wunderschön, Brian. Ich hatte es vergessen.«
»Wirst du wieder einschlafen können?« Er hatte die Augen zugemacht. Die Müdigkeit überwältigte ihn.
»Ja, aber ich ginge lieber spazieren. Doch Julie wäre wahrscheinlich wütend, wenn ich sie jetzt weckte, damit sie mich begleitet.«
Mit dem linken Zeh streifte Brian sich den rechten Schuh ab und mit dem rechten Zeh den linken. »Schlaf wieder ein. Demnächst gehen wir am Morgen auf den Klippen von Cornwall spazieren. Ich hätte dich nicht wecken dürfen.«
»Ich freu mich,
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