Entscheidung in Cornwall
setzte Brian nach einer kleinen Pause das Gespräch fort. »Mrs Pengalley hat berechtigterweise ein gesundes Misstrauen gegen Leute aus dem Showgeschäft und wird entsprechend Abstand halten.«
»Sie misstraut den Leuten aus dem Showgeschäft?«, wiederholte Ramona, drehte sich zu ihm herum und lachte ihn an. »Hast du wieder Orgien veranstaltet, lieber Brian?«
»Nicht in den letzten drei Monaten«, versicherte er ihr und bog in eine Seitenstraße ein. »Ich bin nicht nur sanfter, sondern auch ruhiger geworden, und außerdem war ich nicht hier. Aber sie weiß über Schauspieler und Künstler Bescheid, denn wie Mr Pengalley mir sagte, verschlingt sie alles an Lesestoff, was sie über unsere Zunft in die Hände bekommt. Und was Musiker anbelangt, Rockmusiker zumal, nun ja …« Er ließ den Satz bedeutungsschwer ausklingen, ohne ihn zu beenden, und Ramona lachte leise.
»Von uns wird sie bestimmt das Schlimmste denken«, sagte sie fröhlich.
»Das Schlimmste?« Brian zog fragend eine Braue hoch.
»Dass uns beide eine heiße, verbotene Affäre verbindet.«
»Ist das für dich das Schlimmste? Für mich klingt es eher verlockend.«
Ramona blickte auf ihre Hände hinunter. »Du weißt, was ich meine.«
Brian nahm ihre Hand und küsste sie leicht. »Ich weiß, was du meinst.« Sein heiterer Tonfall erlöste sie aus ihrer Verlegenheit. »Wirst du sehr darunter leiden, dass man dich für ein ›gefallenes Mädchen‹ hält?«
»Dafür hält man mich schon seit Jahren«, erwiderte sie lächelnd. »In jeder Illustrierten, die ich in die Hand nehme, steht es. Hast du eine Ahnung, wie viele Affären ich mit Männern hatte, mit denen ich noch nie ein Wort gewechselt habe?«
»Von Berühmtheiten verlangt man einfach, dass sie ein überaktives Liebesleben haben. Das gehört nun mal zu unserem Handwerk.«
»Eure Presse tut dem deinen alle Ehre an«, sagte sie trocken.
Brian nickte ernst. »Das finde ich auch. Im vorigen Jahr hat man in London sogar Wetten darüber abgeschlossen, wie viele Frauen ich in einem Zeitraum von drei Monaten haben würde. Meine Landsleute finden immer einen Grund zum Wetten.«
Einen Augenblick blieb es still zwischen ihnen, dann fragte Ramona: »Und welche Zahl hast du ihnen schließlich genannt?«
»Siebenundzwanzig.« Er lachte durchtrieben. »Ich hielt es für das Beste, konservativ zu sein.«
Ramona musste lachen. Sie hatte fast vergessen, wie amüsant er sein konnte. Und bestimmt machten solche Storys, die sich um seine Person rankten, ihm auch noch großen Spaß. Er hatte noch genug von dem frechen Gassenjungen in sich, der er gewesen war.
Brian lenkte den Wagen auf eine geschotterte Zufahrt, und Ramona entdeckte das Haus. Es war drei Stockwerke hoch, aus nüchternem grauen Stein erbaut, mit verwitterten dunkelgrünen Fensterläden und einer Reihe gedrungener Schornsteine auf dem Dach. Dünne Rauchwölkchen stiegen daraus auf und verschmolzen schließlich mit dem bleifarbenen Himmel.
»Also, das sieht dir ähnlich, Brian!«, rief Ramona entzückt. »Ich meine, es sieht dir ähnlich, ein solches Haus zu finden.«
Bevor er antworten konnte, war sie schon aus dem Wagen gesprungen. Und im nächsten Moment entdeckte sie, dass hinter dem Haus das Meer lag. Als sie nach links auf die Umfriedungsmauer zulief, stellte sie fest, dass die Klippe nah am Haus senkrecht ins Meer stürzte.
Durch eine hüfthohe Mauer abgesichert, konnte Ramona auf das tief unter ihr gegen spitze und zackige Felsen anrennende und schäumende Wasser sehen. Der Anblick war erschreckend und erregend zugleich. Die See tobte dort unten mit Urgewalt, und Ramona blieb ungeachtet des kalten Nieselregens fasziniert stehen, um das unglaubliche Schauspiel zu beobachten.
»Es ist fantastisch! Einfach fantastisch!« Sie drehte sich um, hob den Kopf und betrachtete wieder das Haus. Kletterrosen und Geißblatt rankten sich üppig an den grauen Steinen empor. Sie grünten schon, hatten aber noch keine Knospen angesetzt. Ramona glaubte indessen in der Luft schon einen Hauch ihres Duftes zu spüren. Im an das Haus grenzenden Steingarten lugten zwischen den zarten grünen Schösslingen schon ab und zu Blütenknospen hervor.
»Möglicherweise wirst du das Innere des Hauses genauso fantastisch finden«, sagte Brian lachend, als Ramona ihm das regennasse Gesicht zuwandte. »Aber vor allem trocken.«
»Sei doch nicht so unromantisch, Brian!« Wieder betrachtete sie hingerissen das Haus. »Es scheint aus Emily Brontës Roman
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