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Entscheidung in Cornwall

Entscheidung in Cornwall

Titel: Entscheidung in Cornwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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unten ist?«
    Brian lehnte sich an die Tür und sagte lässig: »Wenn du Ja sagtest, Ramona, wäre es mir verdammt egal, wer unten ist. Meinetwegen könnten es Mrs Pengalley und halb England sein.«
    Er ging und schloss betont leise die Tür hinter sich.

10. K APITEL
    Ramona und Brian wollten beide so schnell wie möglich mit der Arbeit beginnen. Sie taten es am Tag nach ihrer Ankunft und hatten bald eine gut funktionierende Routine entwickelt.
    Brian stand früh auf und hatte meist schon ein ausgiebiges Frühstück fertig, wenn Ramona noch recht verschlafen in der Küche erschien. Nachdem sie sich mit starkem Kaffee aufgemuntert hatte, fingen sie mit ihrer »Frühschicht« an und arbeiteten bis mittags. Dann kam Mrs Pengalley, und während sie die Tageseinkäufe ins Haus brachte und die Hausarbeit erledigte, unternahmen Ramona und Brian lange Spaziergänge.
    Die Tage waren mild und dufteten nach Meer und Frühling. Das Land war zerklüftet, rau sogar, der karge Boden stellenweise mit Heidekraut bedeckt, das noch nicht blühte. Die Brandung donnerte gegen hohe Granitklippen. In den Rissen und Spalten nisteten Vögel, die hier überwintert hatten. Ihre Schreie übertönten sogar das Krachen der Brecher. Vom höchsten Punkt der Klippe sah man auf das Dorf mit seinen sauberen Häuserreihen und dem weißen Kirchturm hinunter.
    Am Nachmittag arbeiteten Ramona und Brian wieder. Hinter ihnen knisterte und knackte das Feuer im offenen Kamin. Nach dem Abendessen gingen sie noch einmal durch, was sie tagsüber geschafft hatten. Am Ende der Woche »stand« die Partitur in groben Umrissen, und der Titelsong war fertig.
    Die Arbeit ging natürlich nicht immer reibungslos vonstatten. Ramona und Brian hatten beide zu ausgeprägte Ansichten über Musik, als dass eine Zusammenarbeit stets glattgehen konnte. Doch die Auseinandersetzungen schienen auf beide anregend zu wirken, und die endgültige Fassung gewann durch sie. Sie waren ein gutes Team.
    Sie blieben Freunde. Brian machte keinen weiteren Versuch, Ramonas Geliebter zu werden. Sie ertappte ihn von Zeit zu Zeit dabei, dass er sie eindringlich ansah, und dann überkam sie ein Gefühl, das fast so stark war wie eine sinnliche körperliche Berührung, so verführerisch wie ein Kuss. Dass er sie nicht drängte, verwirrte und reizte sie mehr, als ständige Annäherungsversuche es getan hätten. Annäherungsversuchen konnte man ausweichen, man konnte sie zurückweisen. Ramona wusste, dass Brian auf ihre Entscheidung wartete. Unter der Lässigkeit, mit der sie miteinander umgingen, unter den Scherzen, den Meinungsverschiedenheiten in beruflichen Dingen zitterte eine fast unerträgliche Spannung.
    Der Nachmittag war lang und ein bisschen düster. Starker Regen hielt Ramona und Brian von ihrem täglichen Spaziergang über die Klippen ab. Ihre Musik erfüllte das alte Haus mit Leben. Um die Feuchtigkeit zu vertreiben, die durch die Fenster zu sickern schien, hatten sie besonders viele Holzscheite in den Kamin geschichtet.
    Ein Tablett mit Tee und Biskuits stand unbeachtet auf einem der Chippendale-Tische. Ramonas und Brians Auseinandersetzung näherte sich der zweiten Stufe.
    »Wir müssen das Tempo steigern«, sagte Ramona. »So geht es einfach nicht.«
    »Es ist eine stimmungsvolle Nummer, Ramona.«
    »Aber kein Grabgesang. Sie schleppt sich nur dahin. Die Leute werden eingeschlafen sein, bevor Lauren sie zu Ende gesungen hat.«
    »Wenn Lauren Chase singt, schläft bestimmt keiner ein«, entgegnete Brian. »Diese Nummer ist purer Sex, und den versteht sie zu verkaufen.«
    »Ja, das tut sie, aber nicht in diesem Tempo.« Ramona drehte sich auf dem Klavierschemel so herum, dass sie Brian direkt ansehen konnte. »Also: Joe ist mitten im dem Kapitel, an dem er gerade schreibt, an der Schreibmaschine eingeschlafen. Er hält sich schon selbst für ein bisschen verrückt, weil er so lebhaft von seiner Titelheldin Tessa träumt. Sie scheint ganz wirklich zu sein, und er hat sich in sie verliebt, obwohl er weiß, dass sie ein Produkt seiner Fantasie ist, eine Gestalt aus dem Roman, den er schreibt. Und diesmal träumt er sogar am helllichten Tag von ihr, und sie verspricht ihm, zu ihm zu kommen.«
    »Ich kenne die Handlung, Ramona«, sagte Brian trocken.
    Ramona kniff die Augen zusammen, beherrschte aber ihr Temperament. Sie glaubte aus seiner Stimme eine gewisse Müdigkeit herauszuhören. Ein- oder zweimal war sie nachts von seinem Klavierspiel aufgewacht. »›Wenn die Nacht kommt‹ ist eine

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