Entscheidung in Cornwall
hängen zu lassen.«
Ramona fühlte eine Spur von Unruhe, nickte jedoch. »Du könntest recht haben.«
Brian lächelte ironisch. »Wollen wir uns wie zivilisierte Menschen benehmen und uns hinsetzen oder uns gegenseitig im Stehen ein paar Schwinger verpassen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, sich zivilisiert zu benehmen. Ein zivilisierter Streit reinigt nie die Luft.«
»Na schön«, begann er, wurde jedoch vom Klingeln an der Haustür unterbrochen. Er stellte sein Glas ab, bedachte Ramona mit einem langen Blick und ging öffnen.
Allein geblieben, bemühte sie sich, ihre nervöse Unruhe zu unterdrücken. Sie wusste, dass sich ein Sturm zusammenbraute – aber nicht vor den Fenstern. Brian hatte es auf einen Streit abgesehen, und obwohl ihr der Grund nicht klar war, war sie durchaus bereit, sich ihm zu stellen. Die Spannung zwischen ihnen war im Namen der erfolgreichen Zusammenarbeit unterdrückt worden. Jetzt freute sie sich trotz ihrer zitternden Nerven darauf, dass die trügerische Ruhe zwischen ihnen endlich in Feuer und Rauch aufgehen würde.
»Ein Paket für dich«, sagte Brian und schwenkte es vor ihr durch die Luft. »Von Henderson.«
»Was könnte er mir denn schicken?«, murmelte Ramona vor sich hin und riss schon das breite Klebeband von der Verpackung. »Ach ja, natürlich!« Sie schob das Packpapier beiseite, klappte die Mappe aus starker Pappe auf, die sie herausgenommen hatte, und betrachtete kritisch das oberste Blatt. »Es sind Vorausexemplare von der Hülle des Albums, das ich im Sommer herausbringe.«
Ohne Brian anzusehen, reichte sie ihm eine der Hüllen, drehte eine andere um und las den Rückseitentext.
Gut fünf Minuten lang sah Brian wortlos das Bild an. Vor einem hellen Hintergrund saß Ramona, wie üblich im Schneidersitz. Sie blickte voll in die Kamera, und ihre Lippen umspielte nur ein ganz leichtes Lächeln. Ihre Augen waren tiefgrau und blickten den Betrachter sehr direkt an. Das Haar hing ihr über die Schultern bis an die Knie – ein scharfer Kontrast zu dem mit einem Weichzeichner fotografierten Hintergrund. Das Foto wirkte lässig, wie ein zufälliger Schnappschuss, war aber selbstverständlich sorgfältig gestellt. Ramona schien nackt zu sein, und das Bild hatte eine starke erotische Ausstrahlung.
»Wie?« Geistesabwesend fuhr Ramona sich durch das Haar und fuhr fort zu lesen. »Oh ja, ich habe mir die Probeabzüge angesehen, bevor ich auf Tournee ging. Ich bin mir über die Reihenfolge der Lieder noch nicht ganz klar, aber es ist jetzt wohl zu spät, um noch etwas daran zu ändern.«
»Ich dachte immer, Henderson sei darüber erhaben, dich so zu verkaufen.«
»Mich wie zu verkaufen?«, fragte sie, noch immer zerstreut.
»Als reine Jungfrau, die der Menge geopfert wird.« Er reichte ihr die Plattenhülle zurück.
»Also wirklich, Brian, das ist zu lächerlich.«
»Das finde ich nicht«, entgegnete er. »Ich finde, es ist ein mehr als passender Vergleich. Jungfräuliches Weiß, Weichzeichner – und du nackt mitten im Bild.«
»Ich bin nicht nackt«, antwortete sie entrüstet. »Ich lasse keine Aktfotos von mir machen.«
»Aber das sollen die künftigen Käufer der Platte nicht wissen, nicht wahr?« Brian lehnte sich an den Flügel und musterte Ramona aus zusammengekniffenen Augen.
»Es ist ein herausforderndes Bild, und das sollte es auch sein.« Stirnrunzelnd sah Ramona wieder auf die Plattenhülle hinunter. »Also, ich finde nichts dabei. Ich bin kein Kind, das man mit schwarzen Lackschühchen und rosa Schürzchen herausputzt, Brian. Hier geht es ums Geschäft. An dieser Hülle ist nichts Übertriebenes. An einem öffentlichen Strand liefe ich viel nackter herum.«
»Ja, aber weniger aufreizend und bei Weitem nicht so sinnlich«, sagte er kühl. »Das ist ein Unterschied.«
Ramona wurde feuerrot vor Zorn und Verlegenheit. »Es ist kein unanständiges Bild. Ich habe mich noch nie so fotografieren lassen, dass man daran Anstoß nehmen könnte. Karl Straighter ist einer der besten Fotografen in der Branche. Er macht keine unanständigen Bilder.«
»Was dem einen Kunst ist, ist dem anderen Pornografie, nehme ich an.«
Ramona warf verärgert die Plattenhülle auf das Klavier. »Wie kannst du nur etwas so Widerwärtiges sagen!«, flüsterte sie. »Du bist absichtlich so ekelhaft zu mir.«
»Ich sage dir nur meine Meinung«, korrigierte er. »Sie braucht dir ja nicht zu gefallen.«
»Ich brauche weder deine Meinung noch
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