Entscheidung in Cornwall
wusste, dass sie eine Arbeit hinauszogen, die sie sehr schnell hätten beenden können. Sie hatte ihre Gründe für das Hinauszögern, wusste jedoch nicht genau, warum Brian es tat. Sie wollte den Zauber nicht zerstören.
Ramona wusste nicht genau, was er von ihr erwartete, denn sie hatte es bisher nicht zugelassen, dass er es ihr sagte. Es gab zwischen ihnen einiges zu klären – Dinge, die sie im Augenblick noch ungeklärt lassen konnten, weil sie ausschließlich ihre Liebe lebten. Doch die Zeit war nah, in der sie sich wieder dem Alltag und seinen Anforderungen stellen mussten.
Würde ihr gemeinsamer Beruf zu einem Problem werden? Das war eine von den Fragen, denen Ramona geflissentlich auswich, die sie sich nicht stellen wollte. Dieser Beruf stellte hohe Anforderungen an sie. Zeit raubende Anforderungen, die es einem fast unmöglich machten, ein normales Leben zu führen. Und es gab kaum eine Privatsphäre. Jede Einzelheit ihrer Beziehung würde von der Presse aufgedeckt und durchgehechelt werden. Es würde Bilder und Geschichten geben – wahre und erlogene. Die schlimmsten aber waren jene, die eine Mischung aus Dichtung und Wahrheit waren. Mit alldem konnte man jedoch fertigwerden, wenn man sich genug liebte und hart an der Beziehung arbeitete. An der Stärke ihrer Liebe zweifelte sie nicht. Ihre Zweifel galten anderen Dingen.
Würde sie sich je von der nagenden Furcht befreien können, dass er sie eines Tages wieder verließ? Die Erinnerung an den Schmerz hinderte sie daran, sich Brian völlig preiszugeben. Und die Verantwortung für ihre Mutter war die zweite Barriere zwischen ihnen. Bisher hatte sie es nicht fertiggebracht, diese Verantwortung mit jemandem zu teilen. Sie schaffte es nicht einmal, den Menschen daran teilhaben zu lassen, den sie am meisten liebte. Vor Jahren hatte sie den Entschluss gefasst, ihr Leben immer fest in der Hand zu behalten, und sich geschworen, sich nie von einem anderen Menschen ganz und gar abhängig zu machen. Viel zu oft hatte sie mit ansehen müssen, wie ihre Mutter sich aufgab und verlor.
Hätte Ramona eine Möglichkeit gesehen, den Sommer zu verlängern, sie hätte es getan. Doch die Erkenntnis, dass die Idylle allmählich zu Ende ging, drängte sich immer deutlicher in ihr Bewusstsein. Das Vorspiel zu einem Traum war zu Ende. Sie konnte nur hoffen, dass der Traum Wirklichkeit wurde.
Brian beobachtete Ramonas Gesicht, während sie, die Ellbogen auf die grobe Steinmauer gestützt, auf das Meer hinausblickte. In ihren Augen lag ein Ausdruck, als sei sie in Gedanken sehr weit fort, und dieser Ausdruck beunruhigte ihn. Er versuchte verzweifelt, sie zu erreichen, doch ihre gemeinsame Zeit zerrann ihm zwischen den Fingern. Eine Wolke zog über die Sonne, und für ein paar Sekunden lag alles im Schatten. Ramona seufzte leise.
»Woran denkst du?«, fragte Brian und griff nach ihrem im Wind wehenden Haar.
»Dass dies hier der beste und schönste von allen Orten ist, an denen ich je war.« Ramona bog den Kopf zurück und sah zu Brian auf. »Julie und ich haben mal ein paar Tage in Monaco Ferien gemacht, und ich war überzeugt, es sei der schönste Ort der Welt. Jetzt weiß ich, dass es nur der zweitschönste ist.«
»Ich habe gewusst, dass es dir hier gefallen würde, wenn ich es schaffte, dich herzubringen«, sagte Brian und spielte noch immer mit ihrem Haar. »Ich hatte ein paar schlimme Augenblicke, in denen ich fürchtete, du könntest dich weigern. Ich weiß nicht, ob es mir gelungen wäre, mir etwas anderes einfallen zu lassen … einen Alternativplan, meine ich.«
»Was für einen Plan?« Ramona zog verblüfft die Stirn in Falten. »Ich verstehe dich nicht …«
»Dich herzubringen, wo wir allein sein konnten.«
Ramona richtete sich auf, blickte aber weiterhin aufs Meer hinaus. »Ich dachte, wir sind gekommen, um das Musical zu schreiben.«
»Ja.« Brian beobachtete eine tief über den Wellen dahinstreichende Möwe. »Dieser Auftrag kam aber genau zur rechten Zeit.«
»Zur rechten Zeit?« Ramona fühlte, wie sie sich innerlich verkrampfte. Wieder zog eine Wolke über die Sonne.
»Ich bezweifle, dass du einverstanden gewesen wärst, wieder mit mir zu arbeiten, wenn das Projekt nicht so verlockend gewesen wäre«, sagte er. Stirnrunzelnd blickte Ramona zu der ziehenden Wolke hinauf. »Und ganz bestimmt wärst du nicht einverstanden gewesen, mit mir zu leben.«
»Also hast du mir das Musical unter die Nase gehalten wie einem Hund einen
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