Entscheidung in Cornwall
mussten.«
»Genau hier, stimmt.« Er öffnete den zweiten Knopf. »Was ist jetzt mit dem Spaziergang?«
»Was? Spazieren gehen bei dem Regen?« Ramona warf einen Blick zum Fenster, durch das hellster Sonnenschein hereinfiel. »Nein«, fuhr sie kopfschüttelnd fort, »ich glaube wirklich, es ist besser, wir bleiben zu Hause, bis der Regen nachgelassen hat.«
Er öffnete den nächsten Blusenknopf und sah sie lächelnd an. »Da hast du wahrscheinlich recht.«
13. K APITEL
Wenn Brian und Ramona Mrs Pengalley allein im Haus ließen, ging sie immer daran, als Erstes das Musikzimmer aufzuräumen. Denn dort verbrachten sie die meiste Zeit und arbeiteten – wenn man das, was sie taten, überhaupt Arbeit nennen konnte. Mrs Pengalley hatte da ihre eigene Meinung. Sie stellte das Geschirr zusammen und schnupperte wie immer an den Tassen. Tee. Hin und wieder hatte sie Wein oder Bourbon gerochen, sie musste jedoch zugeben, dass Mr Carstairs dem Ruf nicht gerecht wurde, der den sogenannten Künstlern voraneilte. Er jedenfalls war kein schwerer Trinker. Darüber war Mrs Pengalley fast ein wenig enttäuscht.
Sie lebten auch sehr ruhig. Als Brian ihr mitgeteilt hatte, er habe die Absicht, drei Monate zu bleiben, war sie überzeugt gewesen, dass er eine Unmenge Gäste haben würde. Und Mrs Pengalley wusste genau, wie es bei den Partys der Leute vom Showbusiness zuging. Sie hatte darauf gewartet, dass elegante Wagen vorfuhren und merkwürdige Typen in verrückter Kleidung auftauchten. Sie hatte ihrem Mann erklärt, das sei nur eine Frage der Zeit.
Aber es war niemand gekommen. Keine Menschenseele. Es hatte keine wilden Partys gegeben, keine Gelage, hinter denen sie dann herräumen musste. Es waren immer nur Mr Carstairs und das junge Mädchen mit den großen grauen Augen da, das so wunderschön singen konnte.
Aber es war natürlich auch in »diesem Geschäft«.
Mrs Pengalley ging zum Fenster und schüttelte die Vorhänge aus. Von hier aus konnte sie Ramona und Brian bei ihrem Spaziergang über die Klippen beobachten. Stecken immer beisammen, die beiden, dachte sie und schnaubte zornig, um sich selbst daran zu hindern, ihnen zuzulächeln.
Sie ließ den Vorhang fallen und begann die Möbel abzustauben.
Aber wie sollte man ordentlich abstauben, wenn sie überall ihre Notenpapiere verstreuten? Mrs Pengalley nahm ein Blatt auf und betrachtete finster die mit Notenschrift bedeckten Zeilen. Da sie daraus absolut nicht klug wurde, las sie laut den Text:
»Dich zu lieben ist kein Traum. Ich brauche dich hier, damit du mich festhältst. Dich zu lieben ist alles. Komm zu mir zurück.«
Entrüstet schnalzte Mrs Pengalley mit der Zunge und legte das Blatt aus der Hand. Ein feines Lied, dachte sie und fing wieder an abzustauben. Das Ding reimt sich ja nicht einmal.
Auf den Klippen blies vom Meer her ein kräftiger Wind, und Brian legte Ramona den Arm um die Schultern. Dann drehte er sie rasch zu sich herum, beugte sich tief über sie und gab ihr einen langen Kuss. Sie packte ihn an den Schultern, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, und sah ihn, als er die Lippen von den ihren löste, erstaunt an.
»Was sollte denn das?«, fragte sie und atmete zitternd aus.
»Es war für Mrs Pengalley bestimmt«, antwortete er leichthin. »Sie beobachtet uns aus dem Fenster des Musikzimmers.«
»Du bist wirklich schrecklich, Brian …«
Er küsste sie wieder, und ihr halbherziger Protest verwandelte sich in völlige Hingabe. Brian zog sie noch fester an sich, und Ramona fühlte die Sonnenwärme auf der Haut. Der Wind brachte den Duft von Geißblatt und Rosen mit.
»Und der«, sagte Brian, mit den Lippen Ramonas Wange streifend, »war für dich.«
»Hast du noch ein paar Freunde?«, fragte Ramona.
Lachend drückte er sie kurz an sich und ließ sie dann los. »Ich glaube, wir haben ihr für heute genug Grund zur Entrüstung gegeben«, sagte er.
»Dazu brauchst du mich also.« Empört warf Ramona den Kopf zurück. »Um arglose Haushälterinnen zu schockieren!«
»Unter anderem.«
Sie wanderten noch ein Stück weiter, blieben dann stehen und betrachteten in einträchtigem Schweigen das Meer. Ramona liebte die Klippen mit ihren schroffen Wänden und der Schwindel erregenden Höhe. Sie liebte das unaufhörliche Brausen der See, den schrillen Schrei der Möwen.
Das Musical war fast fertig. Es war nur noch hin und wieder eine kleine glättende Korrektur erforderlich. Kopien der fertigen Nummern waren nach Kalifornien abgeschickt worden. Ramona
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