Entscheidung in Gretna Green
festliche Hochzeit mit vielen Gästen. Eine stille Trauung mit dir in Gretna würde mich weit glücklicher machen.“
„Du hast natürlich recht, Liebste.“ Andererseits wurde er das Gefühl nicht los, dass Felicity nichts gegen eine festliche Hochzeit einzuwenden hätte, wäre sie wirklich stolz auf ihre Verbindung mit ihm.
Vielleicht ahnte sie, was ihn beunruhigte. „Wenn Ivy und Oliver an unserer Hochzeit teilnehmen, wäre das wenigstens eine glaubwürdige Erklärung für ihre Flucht nach Gretna. Solange wir den Leuten genügend Gesprächsstoff geben, interessieren sie sich nicht für Ivy und Oliver.“
Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie zu necken. „Ähnlich uneigennützige Worte habe ich nie zuvor von dir gehört.“
„Eine vorübergehende Entgleisung, mehr nicht.“
Beinahe unmerklich schüttelte Hawthorn den Kopf.„Würde ich dich nicht besser kennen, Liebste, ich könnte denken, ich verdiente es nicht, dich zu heiraten.“
Es entstand eine erwartungsvolle Pause.
„Du verdienst eine weit bessere Frau als mich.“
Er zog sie zärtlich an sich. „Nun hör aber auf. Das kann nicht dein Ernst sein.“
„Es ist mein voller Ernst.“ Ihre Stimme klang zaghaft wie die eines Kindes, nicht wie die der leidenschaftlichen willensstarken Frau, die sein Herz erobert hatte.
Hawthorn glaubte nicht, dass viele Menschen diese Seite an ihr kennengelernt hatten, und war stolz darauf, zu den wenigen zu zählen … vielleicht war er sogar der Einzige.
„Unsinn.“ Im Laufe der Jahre hatte er seine Schwestern häufig in ähnlich trüben Anwandlungen aufgemuntert. „Du bist erschöpft nach den Anstrengungen der letzten Tage – morgen sieht alles wieder rosiger aus.“
„Vielleicht …“
„Aber ja. Du kannst dich ausschlafen, und ich halte Ausschau nach den Kutschen, die von Süden kommen. Sobald wir Ivy und Oliver gefasst haben, wird uns beiden leichter zumute sein.“
„Und wenn wir sie wieder verpassen? Wenn sie uns wieder einen Schritt voraus sind?“
So gerne er sie auch beruhigt hätte, diese Möglichkeit war leider nicht auszuschließen. „Lass uns den Teufel nicht an die Wand malen. Wenn nötig, befassen wir uns später damit, aber erst nach einem kräftigen Mahl und einer geruhsamen Nacht. Einverstanden?“
Er spürte ihr zaghaftes Nicken an seiner Schulter. „Sehr vernünftig“, sagte sie leise. „Ich brauche einen vernünftigen Mann wie dich, der beruhigend auf mich einwirkt.“
„Und ich brauche eine aufregende Frau, die mich aus meinem Alltagstrott rüttelt.“
„Dann sind wir also gut füreinander, nicht wahr, Thorn?“ Sie hob ihm das Gesicht entgegen. „Obwohl wir so verschieden sind?“
Die süße Wärme ihres Atems hauchte an seine bärtige Wange, und dennoch durchlief ihn ein Frösteln.
„Wir sind gut füreinander und werden glücklich miteinander.“ Wenn er genügend Überzeugung in seine Stimme legte, würde Felicity ihm hoffentlich glauben.
16. KAPITEL
„Schon eine Spur von ihnen, Ned?“, fragte Hawthorn, als er nach einer ruhelosen Nacht das Gasthaus auf dem Marktplatz von Carlisle verließ.
Nach den vielen Tagen endloser Fahrt hatte ihn das Schaukeln der Kutsche bis in den Schlaf verfolgt. Er war immer wieder aufgewacht, hatte gedacht, immer noch in der Karosse zu sitzen, und war nur mit Mühe wieder eingeschlafen. Ungeachtet seiner zuversichtlichen Worte am Vorabend befielen ihn immer wieder Zweifel, ob sie ihr Ziel rechtzeitig erreichen würden.
Dies war die letzte Chance, Ivy und den jungen Armitage abzufangen, bevor das junge Paar sich in Gretna trauen ließ.
„Bisher waren nur sehr wenige Kutschen unterwegs, Mr. Greenwood.“ Ned erhob sich von der Bank neben dem Eingang zum Gasthaus. Die steife Brise, die vom Solway Firth heraufwehte, hatte sein Gesicht gerötet, er hatte die Hände tief in die Taschen seiner Uniform gesteckt. „Ein paar Fuhrwerke und einzelne Reiter. Aber keine Spur von Master Oliver und Ihrer Schwester.“
Der Bursche trat von einem Fuß auf den anderen und unterdrückte ein Gähnen.
„Gut zu hören.“ Hawthorn spähte die Hauptstraße entlang, die in südliche Richtung nach Penrith führte. „Wenn sie Carlisle nicht bereits vor uns erreicht haben, wovon ich ausgehe, müssen sie irgendwann heute hier vorbeikommen. Gehe und lass dir ein ordentliches Frühstück schmecken, und danach ruhst du dich aus. Oder umgekehrt, was dir lie ber ist.“
„Ein Bett ist mir jetzt lieber, Mr. Greenwood.“ Ned rieb sich die Augen
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