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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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Vertrauen, aber was hatte er schon zu verlieren?
    „Ich folge meiner Schwester und ihrem jungen Freund schon die ganze Strecke von Bath nach Norden. Vermutlich haben wir sie irgendwo zwischen Lancaster und Penrith überholt. Nun hoffe ich, sie hier abzufangen, bevor sie die Grenze passieren.“
    Der Mann nickte zu Hawthorns Schilderung, als höre er ähnliche Geschichten seit Jahren täglich, was vermutlich auch zutraf.
    „An Ihrer Stelle würde ich allerdings nicht jede Kutsche anhalten, Sir.“ Der Bursche verzog das Gesicht. „Damit könnten Sie sich Ärger einhandeln.“
    „Den würde ich gern vermeiden“, versicherte Hawthorn. „Andererseits wäre meine Reise vergeblich gewesen, wenn ich sie jetzt vorbeifahren ließe.“
    Der Bursche nickte verständnisvoll. „Würden Sie es sich etwas kosten lassen, wenn jede Kutsche kurz anhielte, damit Sie sich die Fahrgäste näher ansehen können?“
    „Das würde ich gerne. Wäre das denn möglich?“
    Der junge Mann grinste breit und rieb sich die Nase.
    „Reisende nach Gretna sind keine Seltenheit, Sir. Und jeder versucht, daraus ein bisschen Gewinn zu schlagen. Es sind meistens die gleichen Kutscher auf der letzten Strecke aus dem Süden, verstehen Sie. Jahrein, jahraus. Mittlerweile kenne ich jeden.“
    „Verstehe“, entgegnete er gedehnt.
    „Auf ein Zeichen von mir“, erklärte der junge Mann weiter, „halten die Kutscher an und ich stecke ihnen ein paar Münzen zu.“
    „Die ich Ihnen vorher gebe?“
    „Sie haben es erfasst, Sir!“ Der Laufbursche strahlte übers ganze Gesicht. „In der Zwischenzeit werfen Sie einen kurzen Blick ins Innere, ob Sie jemanden erkennen. Wenn nicht, fährt die Kutsche weiter, ohne dass sich jemand belästigt fühlt.“
    Was würde der gute Lord Hardwick wohl sagen, wenn er wüsste, welch blühende Nebeneinkünfte sein vor über fünf zig Jahren erlassener Marriage Act hier im Norden zur Folge hatte?
    Zweifellos würde er sich im Grabe umdrehen.
    „Und der Lohn für Ihre Dienste, guter Mann?“
    „Eine Guinee pro Tag, pauschal“, antwortete er eifrig, „plus den halben Preis, den ich an die Kutscher bezahle. Ein angemessener Preis. Bisher hat sich noch niemand darüber beschwert.“
    Hawthorn bekam große Augen. „Ihre Kunden lassen es sich eine Stange Geld kosten, um Ausreißer vor einem unbedachten Schritt zu bewahren.“
    „Das will ich meinen, Sir, und ich bin stolz darauf“, bestätigte der geschäftstüchtige Gehilfe selbstgefällig. „Letzte Woche war es die Nichte eines Peers. Und davor eine reiche Erbin aus Derbyshire.“
    „Meine Schwester ist weder adelig noch reich. Aber sie ist mir jeden Penny der genannten Summe wert, wenn ich verhindern kann, dass sie in ihr Unglück rennt.“
    Während er begann, seine Taschen zu leeren, hörte er hinter sich das Rattern einer ankommenden Kutsche.
    Der Hausbursche winkte dem Mann auf dem Kutschbock zu, der das Gefährt verlangsamte und anhielt, um seinem Kumpan Gelegenheit zu geben, zwei Münzen aus Hawthorns Hand zu nehmen und sie ihm heraufzureichen.
    Der Wagenschlag wurde einen Spalt geöffnet und eine griesgrämige Stimme fragte: „Wieso halten wir an? Was ist los, Kutscher?“
    Hawthorn äugte ins Innere und erspähte ein älteres Paar in Begleitung einer Zofe.
    Der Kutscher nickte dem Hausburschen zu und erklärte seinen Passagieren: „Ich will mich nur nach dem Weg nach Dumfries erkundigen, Sir.“
    „Na so was! Ein Mietkutscher, der die Straßen nicht kennt.“ Die Tür wurde laut zugeschlagen.
    Der Hausbursche erklärte umständlich die Richtung, und die Kutsche fuhr wieder an.
    „Diesmal hatten Sie wohl noch kein Glück, wie?“
    „Nein.“ Klirrend ließ Hawthorn einige Silbermünzen in die offene Hand des Burschen rieseln. „Aber es war eine anschauliche Vorführung Ihres Geschicks. Die Summe wird nicht lange reichen, wenn in nächster Zeit viele Kutschen vorbeikommen, aber ich kann mir Geld besorgen …“
    Wäre Felicity bereit, diese Ausgaben zu übernehmen? Und war dies die erste von vielen Gelegenheiten, in denen er gezwungen wäre, seine zukünftige Gemahlin um Geld zu bitten?
    Dem Gesetz nach ging ihr Vermögen bei der Eheschließung auf ihn über. Zwar wies er den Gedanken, je Gebrauch davon zu machen, weit von sich, allerdings würde er sich auch niemals mit ihren unterschiedlichen Vermögensverhältnissen abfinden können.
    „Befürchten Sie, die junge Dame könnte vorbeifahren, während Sie fort sind?“, fragte der Gehilfe. „Seien

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