Entscheidung in Gretna Green
Schwester darüber aufzuklären, was es bedeutete, das Bett mit ihrem Bräutigam zu teilen. Nach seinem verlegen gestammelten Aufklärungsgespräch mit Rosemary vor deren Hochzeitsnacht hatte er sich damals einen tüchtigen Schluck Brandy genehmigen müssen.
„Ich liebe Ivy über alles, Mr. Greenwood“, versicherte Oliver mit hochrotem Gesicht. „Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass ich nie etwas tue, was sie ängstigen oder verletzen würde.“
Den Blick angestrengt auf die abgetretenen Steinplatten der alten Kirche geheftet, gestand der Bräutigam zutiefst verlegen: „Ganz unter uns, Ihre Schwester scheint mehr über diese Vorgänge zu wissen als ich.“
Hawthorn hatte Mühe, sich ein Schmunzeln zu verkneifen. Anscheinend hatte Rosemary mehr Geschick darin bewiesen als er, ihre jüngere Schwester darauf vorzubereiten, was sie in ihrer Hochzeitsnacht erwartete.
„Das klingt, als bräuchte ich mir in dieser Hinsicht um euch keine Sorgen zu machen. Übrigens seid ihr herzlich eingeladen, in Barnhill zu wohnen, so lange ihr es wünscht.“
Olivers Augen glänzten dankbar, als habe Hawthorn ihm damit ein kostbares Hochzeitsgeschenk gemacht. „Ich verspreche Ihnen, alles zu tun, was in meiner Macht steht, damit Ivy ihre Entscheidung, mich zu heiraten, niemals bereut.“
„Tu das, und ich bin stolz, dich meinen Schwager zu nennen.“ Hawthorn streckte ihm die Hand entgegen, die Oliver in einem festen warmen Griff nahm.
„Nun muss ich aber los.“ Sein Blick richtete sich nach Süden, dem Solway Firth und England entgegen, und er fragte sich, wo Olivers Tante jetzt sein mochte. „Ivy besteht darauf, dass ich Felicity einhole und darauf achte, dass ihr auf der langen Reise nichts zustößt … selbst wenn ich gezwungen bin, aus der Ferne über sie zu wachen.“
Mit Weston St. Justs Pferd und dem Rest des Geldes, das Felicity ihm in Carlisle gegeben hatte, konnte er die Rückreise zügig zurücklegen. Obwohl es ihn störte, Felicitys Geld auszu geben, rechtfertigte er sich damit, dass er letztlich ihr einen Gefallen erwies, ob sie damit einverstanden war oder nicht.
Ivy trat an Olivers Seite. „Es wird Zeit, dass du aufbrichst, wenn du Lady Lyte einholen willst.“
Sie zog ihren Bruder in einer innigen Umarmung an sich und drückte ihm einen herzhaften Kuss auf die Wange. „Pass auf dich auf, Bruderherz, und mach dir um mich keine Sorgen.“ Sie warf ihrem frisch angetrauten Gemahl einen verliebten Blick zu. „Ich bin in den besten Händen.“
„Der Meinung bin ich auch.“ Es war wirklich Zeit, loszureiten, dachte Hawthorn, sonst würde er noch rührselig werden. „Benimm dich und höre auf deinen Ehemann. Er macht einen vernünftigen Eindruck auf mich. Und denke daran, ich war Zeuge, als du gelobt hast, ihn zu lieben und ihm gehorsam zu sein.“
„Männer!“, schnaubte Ivy in gespielter Geringschätzung. Ihr verschmitztes Lächeln ließ die Herren allerdings wissen, dass sie ihrem Ehemann nur dann gehorchen würde, wenn sie es für richtig hielt. „Steckt ihr nur immer die Köpfe zusammen! Ich werde Oliver die hingebungsvollste Ehefrau sein, die du dir vorstellen kannst.“
„Das glaube ich dir sogar, Schwesterherz.“ Er verdrängte rasch einen Funken Neid bei dem Gedanken an die glücklichen Jahre, die vor dem Paar lagen. „Nun will ich eure Flitterwochen nicht länger stören.“
Als er auf der Straße nach Carlisle ritt, fragte er sich, wie Ivy es wieder einmal geschafft hatte, ihn um den kleinen Finger zu wickeln.
Es war eine Sache gewesen, Felicity gegen ihren ausdrücklichen Wunsch auf der Reise nach Norden zu begleiten. Er hatte mit Fug und Recht behaupten können, im Interesse seiner Schwester zu handeln, obgleich es ihm auch darum gegangen war, auf Felicity aufzupassen. Vielleicht hatte er da bereits tief in seinem Herzen die schwache Hoffnung genährt, sie könnten sich wieder versöhnen … zumindest vorübergehend.
Diesmal aber, auch wenn er sich noch so sehr gegen den Gedanken sträubte, musste jeder unbeteiligte Betrachter den Eindruck gewinnen, er verfolge seine einstige Geliebte in der Hoffnung auf eine letzte Chance. Wobei er nicht sicher war, ob er es wagen würde, diese letzte Chance auch zu ergreifen – falls sie sich ihm bot.
Ein vernünftiger Mann wusste, wann er eine Niederlage einzustecken hatte.
Hawthorns Vater war kein vernünftiger Mann gewesen. Immer wieder hatte er sein Geld zum Fenster herausgeworfen, es beim Glücksspiel verloren – in der
Weitere Kostenlose Bücher