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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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blinden und zunehmend verzweifelten Hoffnung, seine Verluste doch noch wettzumachen. Hawthorn hatte sich immer wieder geschworen, niemals in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.
    In einem Punkt hatte Ivy allerdings recht: Eine lange Reise bot reichlich Gelegenheit zum Nachdenken. Diese Überlegungen stellte er an, während er durch die karge, zerklüftete Landschaft nach Süden ritt. Vielleicht zu viel Zeit für Reue und Bedenken, die an jeder Straßenbiegung auf ihn zu lauern schienen.
    Würde er Felicity überhaupt einholen? Wenn er sich nicht an jedem Gasthaus an der Straße nach ihr erkundigte, riskierte er, ihre Karosse zu überholen, ohne es zu bemerken. Wenn sie allerdings Trentwell in aller Eile erreichen wollte, würde er mit jedem Aufenthalt ihren Vorsprung vergrößern.
    Allerdings würde ihm das eine plausible Ausrede liefern, sein Versprechen Ivy gegenüber nicht halten zu müssen. In solch zwiespältige Grübeleien versunken, entdeckte er in der Ferne eine entgegenkommende Kutsche, die am Straßenrand angehalten hatte.
    Ein livrierter Lakai winkte mit den Armen.
    Hawthorn zügelte sein Pferd. „Ist etwas nicht in Ordnung? Kann ich helfen?“
    „Ja, Sir. Wenn Sie die Güte haben.“ Der Diener nickte zur Kutsche seines Herrn. „Ein Hinterrad ist verbeult, als wir durch ein Schlagloch fuhren. Vor etwa zwei Meilen fuhren wir durch ein Dorf, in dem es eine Schmiede gibt.“
    Ein gedrungener feister Mann, vermutlich der Kutscher, tauchte hinter der Kutsche auf, die Ärmel seines Hemds bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, die Hände mit schwarzem Öl verschmiert. „Er sollte mit einem Pferd aus unserem Gespann zurückreiten, um Hilfe zu holen, aber der Feigling weigert sich, ein Kutschpferd ohne Sattel zu reiten.“
    Der Fettwanst warf dem jungen Burschen unter buschigen Brauen einen finsteren Blick zu. „Früher hätte ich alles auf vier Beinen mit nur einem Strick um den Hals geritten. Aber diese Zeiten sind längst vorbei, fürchte ich.“
    „Ich reite in diese Richtung.“ Hawthorn beugte sich aus dem Sattel und streckte dem jungen Burschen die Hand hin. „Mein Pferd wird dein Fliegengewicht gar nicht bemerken.“
    Er schwang den schlaksigen jungen Diener hinter sich aufs Pferd und ritt los.
    „Ich bin Ihnen sehr verbunden für Ihre Freundlichkeit, Sir.“ Der Bursche klammerte sich an Hawthorns Umhang wie eine Klette. Wahrscheinlich hätte er auch nicht gewagt, auf einem gesattelten Pferd zu reiten.
    „Seid ihr heute schon lange unterwegs nach Norden?“, rief Hawthorn über die Schulter, um den verängstigten Burschen abzulenken und eventuell etwas über Felicitys Verbleib zu erfahren.
    „Nicht sehr lange, Sir“, antwortete er. „Nur von Brough.“
    Kaum eine Chance, Felicity auf dieser Straße zu treffen, denn die Stadt Brough lag ein paar Stunden südlich von Penrith auf der Straße nach London.
    „Ich nehme nicht an, dass ihr einer eleganten Reisekarosse auf der Straße nach Penrith begegnet seid, wie?“ Er beschrieb Felicitys Karosse ausführlich, bis hin zum goldenen Wappen am Wagenschlag, obwohl er fürchtete, dass die Mühe vergeblich war.
    Andererseits wollte er den Burschen von seiner Angst vor dem galoppierenden Pferd ablenken.
    „Nein, Sir …“, keuchte der Bursche hinter ihm.
    Na schön, etwas anderes hatte er auch nicht erwartet.
    „… nicht auf der Straße, Sir.“
    Was? Hawthorn richtete sich jäh auf, sein Pferd schüttelte die Mähne und galoppierte noch schneller.
    Der junge Diener vergaß jeden Respekt vor dem vornehmen Herrn, schlang die Arme um ihn und klammerte sich in Todesangst an ihn. „A… an einem Wirtshaus kurz vor Penrith, Sir. Da … da hielten wir an, um etwas zu essen. Ich ha…habe die Karosse im Hof gesehen und dachte mir noch, w… wie e… elegant sie aussieht.“
    Alle Zweifel fielen von Hawthorn ab, eine unendliche Erleichterung erfüllte ihn, Felicity so nahe zu wissen.
    „Viel Glück, Sir“, rief der junge Lakai kurze Zeit später, als er endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. „Hoffentlich finden sie die Dame in besserer Verfassung als vorhin.“
    Er nahm die Zügel kürzer. „Was sagst du?“
    „Die Dame, Sir … in der schönen Kutsche. Sie hat an dem Gasthaus angehalten, weil sie unterwegs krank wurde.“
    „Verdammt noch mal, Bürschchen. Wieso hast du das nicht gleich gesagt?“ Die Sorge um Felicity traf Hawthorn wie ein Schlag in die Magengrube.
    Wenigstens hatte der Kerl so viel Anstand, ein betretenes Gesicht

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