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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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seiner Tasche ziehen konnte. Aber Alexandru, Ions Bruder, ging kein Risiko ein: Er klemmte den Hals des Agenten in seine Armbeuge und drückte noch fester zu. Schließlich schnappten die Handschellen auf. Harry rieb sich die Handgelenke und stand auf.
    »Du willst mich doch nicht hierlassen, oder?« Eugens Gesicht war leichenblass, die Augen wirkten wie Löcher, die man in Pappmaché gestanzt hatte.
    Harry zuckte mit den Schultern. »Das liegt an dir. Zuerst musst du meine Fragen beantworten, und dann werden wir sehen, was mit dir und deinem unangenehmen kleinen Freund da passieren soll.« Er ging zu Corneliu hinüber und holte sich sein Flugticket, seine Zigaretten und seine Streichhölzer zurück, dann trat er wieder an Eugen heran, kniete vor ihm nieder und zog ihm den Pass aus der Tasche. »Als Erstes will ich wissen, ob ich den hier noch benutzen kann? Oder werden am Flughafen Leute nach mir suchen? Anders gefragt: Wart ihr beide hier allein, oder gibt es bei der Securitate noch andere, die für den KGB arbeiten?«
    »Möglich. Das weiß ich nicht«, antwortete Eugen. »Aber bei diesem Auftrag sind nur wir beide eingesetzt worden. Man hat uns telefonisch unterrichtet und uns gesagt, welchen Flug von Athen du nehmen würdest. Wir sollten dich abfangen und so lange in Gewahrsam nehmen, bis jemand kommt, um dich abzuholen. Um 13:00 Uhr geht ein Flug nach Moskau.«
    »Also, ich kann einfach nach Bukarest zurückfahren und ins Flugzeug steigen?«
    Eugen blickte grimmig drein und sagte nichts, bis Ion sein schreckliches Gesicht ganz nah an ihn heranschob und warnend einen Finger erhob.
    »Ja! Um Gottes willen, ja!«, keuchte Eugen.
    »Gott?« Harry griff dem Agenten in die Tasche und zog seine Autoschlüssel heraus. Er war sich nicht sicher, ob er noch an Gott glaubte, und er sah ganz bestimmt keinen Grund, warum die Toten das tun sollten, nicht bei dem »Himmel«, der ihnen zugestanden worden war. Aber sie taten es trotzdem, wie er bei diversen Gesprächen bemerkt hatte. Gott bedeutete Hoffnung, so vermutete er. Und auch wenn er die bloße Nennung seines Namens üblicherweise nicht als Blasphemie auffassen würde, so störte es ihn doch, wenn jemand wie Eugen ihn in den Mund nahm. »Du weißt bestimmt alles über ihn, was?«
    »Häh?«, fragte Eugen, als Harry wieder aufstand. »Über wen?« Harrys Vermutung bestätigte sich: Gott war etwas, mit dem Eugen nichts zu schaffen hatte.
    »Na ja«, sagte Harry. »Ich gehe jetzt. Aber ich befürchte, ihr werdet hierbleiben. Du und Corneliu. Ich kann euch nicht wieder laufen lassen. Jedenfalls jetzt noch nicht. Ihr werdet weiter die Gastfreundschaft meiner Freunde genießen, bis ich außer Landes bin. Sobald ich in meinem Flieger sitze, werde ich diese Leute wissen lassen, dass sie euch laufen lassen und sich wieder zur Ruhe begeben können.«
    »Du ... du wirst es sie wissen lassen?« Eugen begann, unkontrolliert zu zittern. »Wie willst du es ihnen ...?«
    »Ich werde rufen«, erwiderte Harry mit einem freudlosen Grinsen. »Keine Angst, sie werden mich hören.«
    Aber was ist, wenn er anfängt zu schreien?, fragte Ion Zaharia, als Harry den Friedhof verließ.
    Dann hindert ihn daran , antwortete Harry. Er fügte jedoch noch hinzu: Aber achtet darauf, dass ihr ihn nicht umbringt. Das Leben ist wertvoll, wie ihr selbst nur zu gut wisst. Also lasst die beiden das von ihrem Leben weiterleben, was davon übrig ist. Und außerdem verdienen sie es nicht, zwischen Leuten wie euch zu liegen.
    Harry fuhr den Wagen sehr vorsichtig nach Bukarest zurück, hielt auf dem Parkplatz des Flughafens und schloss ab. Die Schlüssel steckte er in die Erde eines großen Blumenkübels in der Eingangshalle. Und dann, nur fünf Minuten nach seiner eigentlichen Eincheckzeit, gab er sein Ticket und sein Gepäck ab. Es war genauso wie bei seiner Ankunft: Niemand schenkte ihm einen zweiten Blick.
    Der Flug der Olympia-Fluggesellschaft hob mit nur elfminütiger Verspätung ab, um 12:56 Uhr. Als das Flugzeug seine Nase nach Süden in Richtung Bulgarien und der Ägais wandte, erhaschte Harry noch einen Blick auf einen Aeroflot-Jet im Landeanflug. Da drin würden ein paar Kerle mit leuchtenden Augen sitzen, die ganz heiß darauf waren, ihn in die Finger zu bekommen. Jetzt würden sie in ihrem eigenen Saft schmoren müssen.
    Vierzig Minuten später, als das Mittelmeer gerade durch die runden Fenster sichtbar wurde, tastete sich Harry mit der Totensprache zu dem Friedhof in der Nähe von Ploiesti vor. Wie

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