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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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anderen Interessen, denen sich Janos gewidmet hatte, während ich fort war. Und da musste ich einsehen, wie sehr ich ihn doch unterschätzt hatte. Mein Schloss war auf den Grundmauern eines anderen, älteren Hauses errichtet worden, dessen Gewölbe Janos freigelegt hatte. Er hatte sie ausbauen und weiter in die Felswände hinein bis tief in den Berg treiben lassen. Und wozu?
    Das war der Punkt, in dem ich ihn unterschätzt hatte: Janos hatte mir erklärt, er wolle ein Wamphyri sein ... ja, aber er hatte mir nicht gesagt, wie sehr er das wollte!
    In diesen Tagen war die Nekromantie eine Kunst. Einige Menschen hatten diese Kunst gelernt und praktizierten sie, so wie ein Vampir es auch tun würde, aber ohne das intuitive Verständnis dafür. Janos wusste, dass ich ein fähiger Nekromant war, und wollte mich auf diesem Gebiet nachahmen, aber ich hatte mich geweigert, ihn meine Technik zu lehren. Und deswegen hatte er beschlossen, seine eigenen Methoden zu entwickeln. Zweifellos hatte er viele Nekromanten konsultiert, um von ihnen zu lernen.
    Die ausgedehnten Gewölbe des Schlosses waren wie ein Labyrinth angeordnet und wurden geheim gehalten, die Treppenfluchten und Durchgänge waren nur Janos und einigen wenigen seiner Männer bekannt, die jetzt alle tot oder geflohen waren. Aber ich stieg mit ihm in die Abgründe hinunter, um zu sehen, was er erreicht hatte, und da fand ich Grabräubereien aus der ganzen Walachei, aus Transsilvanien und allen umliegenden Ländern. Versteh mich richtig, nicht die Schätze aus den Gräbern, sondern deren eigentlichen Inhalt!
    Wusstest du, dass in vorgeschichtlichen Zeiten die Toten verbrannt wurden und man die Asche in Urnen beigesetzt hat? Natürlich weißt du das, denn diese Sitte besteht auch heute noch. Auch in unseren Tagen werden fast so viele Menschen verbrannt wie begraben. Die Thraker hatten sehr viele ihrer Toten auf diese Art beigesetzt, und Janos war sehr fleißig darin gewesen, sie wieder auszugraben. Und wieder wirst du dich fragen: wozu?
    Um ihnen ihre Geheimnisse zu entreißen! Um die Toten wieder zum Leben zu erwecken und sie zu foltern, bis sie ihre Geschichte erzählten! Um der Asche wieder Fleisch zu geben, das er seinen Torturen unterwerfen konnte! Denn die Thraker hatten sehr viel Gold, und wie ich bereits sagte, Janos war gierig. Nichts Neues unter der Sonne, nicht wahr? Hundert, zweihundert, sogar dreihundert Jahre später haben Nekromanten immer noch die Toten heraufbeschworen, um von ihnen das Versteck ihrer Schätze zu erfahren. Edward Kelly und John Dee waren solche Leute, aber sie waren beide Scharlatane. Ich weiß das, denn ich habe sie zu ihrer Zeit kennengelernt.
    Janos war kein Scharlatan, und seine Methode war ungemein einfach: Zuerst brachte er eine Urne in sein Gewölbe, wo er mithilfe der Künste, die er erworben hatte, die Salze wieder zusammenfügte; dann legte er den unseligen Wurm in Ketten und folterte ihn, bis er sein Wissen über seine Familie und seine Freunde preisgab, und eben auch über die Orte, an denen sie begraben waren. Und dann grub Janos auch die aus, beraubte deren Gräber und verfuhr mit ihnen auf die gleiche Weise. Und so ging es immer weiter. Mithilfe dieser Technik hatte Janos sich seinen eigenen ansehnlichen Friedhof geschaffen, indem er mit den Urnen, Grabgefäßen und Lekythen mehrere große Räume füllte.
    Fasziniert verlangte ich von ihm eine Demonstration seiner Kunst, denn dies war nicht die Nekromantie, der sich ein Wamphyri bedienen würde, sondern etwas völlig Neues – jedenfalls für mich. Und Janos, der wusste, dass ich mit ihm noch nicht fertig war, und mich sanft stimmen wollte, tat, wie ihm geheißen. Er schüttete Salze auf dem Boden aus, und mithilfe seltsamer Worte in einem magischen Spruch – man sollte es nicht glauben – beschwor er aus dieser Asche eine thrakische Frau von betörender Schönheit. Ihre Sprache war ungemein archaisch, aber man konnte sie verstehen; jedenfalls konnte ich das, denn ich war ein Wamphyri und in vielen Zungen bewandert. Sie wusste, dass sie tot war und dass es sich hier um eine gewaltige Blasphemie handelte, und sie flehte Janos an, ihr nicht wieder Gewalt anzutun. Daraus konnte ich schließen, dass mein hundsföttischer Sohn sich nicht damit begnügte, die Toten wieder in ihrer früheren Gestalt heraufzubeschwören. Für einige hatte er auch noch andere Verwendung, als sie nur nach den Verstecken vergrabener Schätze auszufragen.
    Wie faszinierend! Es erregte mich so, dass

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