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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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zu sammeln und vorauszudenken, zu planen und sich vorzubereiten. Aber es ist nicht die Zeit, unvorbereitet loszurennen und sich umbringen zu lassen! Du weißt, wie schwierig es für dich wird, auch nur zu Janos in den Karpaten zu kommen; und du weißt auch, dass er, wenn du ihn einfach in Ruhe lässt, früher oder später nach dir suchen wird, wo du ihm dann deine Bedingungen diktieren kannst. Er muss das tun, wenn er sich auf dieser Welt je wieder sicher fühlen will.«
    »Harry«, sagte Manolis, »ich glaube, Darcy hat recht. Ich weiß immer noch nicht, warum dieser Irre sich selbst und nicht dich getötet hat, aber was du jetzt vorhast ... das ist, als ob du sofort wieder den Hals in die Schlinge stecken wolltest!«
    »Wahrscheinlich stimmt das alles«, gab Harry zu, »aber ich muss tun, was ich für richtig halte. Und Jordan hat sich getötet, weil Janos mir eine Demonstration seiner Macht geben wollte. Und gleichzeitig wollte er mich verletzen. Aber mich töten? Nein, es ist so, wie er gesagt hat: Er will mich lebendig. Ich bin der Necroscope; ich habe ihm unbekannte Fähigkeiten; es gibt in meinem Kopf Geheimnisse, an die er herankommen will. Sicher, er kann mit einigen der Toten reden – mit ein paar armen Schweinen –, aber nur über diese monströse, nekromantische Technik, die er entwickelt hat. Er kann aber nicht den Respekt gewinnen, den sie mir entgegenbringen. Das würde er gern, denn er ist eitel wie alle Vampire, aber er fühlt sich immer noch nicht als echter Wamphyri. Und deswegen wird er wahrscheinlich nicht eher zufrieden sein, bis er der mächtigste Vampir geworden ist, den die Welt je gesehen hat. Und wenn er einen Weg finden kann, meine Fähigkeiten zu stehlen ...« Er ließ den Satz bedeutungsschwanger unvollendet.
    Unmittelbar darauf fuhr er in heiterem Tonfall fort: »Egal, jedenfalls habt ihr beiden selbst genug zu erledigen. Also hört auf, euch meinen Kopf zu zerbrechen und sorgt euch um euch selbst. Manolis, was ist mit diesen Harpunen? Könntest du mir außerdem noch einen Platz in der nächsten Maschine nach Athen reservieren, irgendwann morgen früh mit einem Anschluss nach Budapest? Und Darcy ...«
    »Stopp!«, sagte Darcy. »Du hast da ein bisschen sehr schnell das Thema gewechselt, Harry. Geben wir es doch zu, man kann das, was wir auf den Inseln tun werden, in keiner Weise mit dem vergleichen, was du dir da in den Karpaten vorgenommen hast. Und außerdem können Manolis und ich gegenseitig auf uns aufpassen, und von morgen Nacht an sind wir sogar ein ganzes Team. Aber du bist die ganze Aktion über auf dich allein gestellt.«
    Harry blickte sie mit diesen unendlich ehrlichen, unglaublich unschuldigen Augen an und sagte: »Auf mich allein? Nein, eigentlich nicht, Darcy. Ich habe sehr viele Freunde an sehr vielen Orten, und sie haben mich bisher noch nie im Stich gelassen.«
    Darcy sah ihn an und dachte: Oh Gott, ja! Ich vergesse bloß immer, wer – oder was – du bist.
    Aber Manolis kannte Harry nicht so gut. »Freunde?« Der Grieche hatte nicht verstanden, worum es ging. »In Ungarn und Rumänien?«
    Harry blickte ihn an. »Auch da.« Er zuckte mit den Achseln. »Überall.« Er erhob sich. »Ich gehe jetzt auf mein Zimmer. Ich muss noch versuchen, ein paar Leute zu erreichen.«
    »Überall?«, wiederholte Manolis Harrys Antwort, nachdem der gegangen war.
    Darcy nickte, und trotz der drückenden mediterranen Hitze schauderte ihn. »Harrys Freunde sind zahllos. Die Friedhöfe auf der ganzen Welt sind voll davon.«
    Harry versuchte Möbius zu erreichen, hatte aber so wenig Erfolg wie die zahllosen Toten, die seine Mutter für die gleiche Aufgabe angeworben hatte. Er versuchte auch mit Faethor zu reden, denn er wollte Klarheit über einen bestimmten Rat haben, den der verblichene Vampir ihm gegeben hatte, und der ihm jetzt hochgradig dubios erschien, und scheiterte ebenfalls. Faethors Wamphyri-Geist wurde wahrscheinlich von der gleißenden Mittagssonne blockiert, die genauso auf Rumänien brennen musste, wie sie hier brannte. Enttäuscht richtete Harry seine Gedanken schließlich auf die Nervenheilanstalt von Rhodos, wo Trevor Jordan in der Leichenkammer lag, friedlich jetzt, wo seine Qualen ein Ende gefunden hatten und er von den Widrigkeiten der physischen Welt befreit war. Zumindest in diesem Fall hatte er Glück.
    Bist du das, Harry? In Jordans Totenstimme schwang zuerst noch Furcht mit, aber dann überwog die Erleichterung, als er merkte, dass er richtig vermutet hatte.

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