ENTSEELT
suchen.
»Was ist los?« Jazzs Stimme warf ein Echo im Schein der flackernden Fackel.
»Da in dem Brunnen«, sie würgte und umklammerte mit einer Hand ihren Hals. »Auch auf den Festen auf Starside gab es Orte wie diesen. Orte, an denen die Wamphyri ihre ... ihre Monster lagerten.«
Die Öffnungen der Brunnen waren mit aus Brettern zusammengezimmerten Deckeln verschlossen. Manolis legte ein Ohr an die Abdeckung und lauschte, hörte jedoch nichts. »Ist da irgendwas in den Brunnen?«, fragte er Stirn runzelnd.
Zek nickte. »Sie sind jetzt still. Sie haben Angst und warten ab. Ihre Gedanken sind träge und leer. Es könnte sich um menschliche Rohrleitungen oder Gaskreaturen oder sonst etwas handeln. Und sie wissen nicht, wer wir sind. Aber sie haben Angst, wir könnten Janos sein. Das sind ... das sind Dinge von Janos, die sind aus ihm herausgewachsen.«
Darcy schauderte. »So wie die Kreatur, die Yulian Bodescu in seinem Keller herangezogen hat. Aber ... es kann nicht gefährlich sein, wenn wir einen Blick riskieren. Sonst würde ich es wissen.«
Manolis und Jazz hoben die Abdeckung von einem der Brunnen und stellten ihn auf die Kante an die niedrige Brüstung. Sie sahen in eine stygische Dunkelheit hinab, in der sie nichts erkennen konnten. Jazz warf einen Blick auf die anderen, zuckte mit den Achseln und hielt dann seine Fackel über die Öffnung. Er ließ sie fallen.
Es war, als wäre die Hölle losgebrochen!
Ein solches Heulen und Jaulen, ein Wimmern und Fauchen und hektische Betriebsamkeit!
Einen Augenblick lang wurde das Monstrum am Grunde des trockenen Brunnens vom Feuerschein der fallenden Fackel beleuchtet. Sie sahen Augen, viele Augen, klaffende Kiefer und spitze Zähne, ein wildes Umherzucken gummiartiger Gliedmaßen. Irgendetwas, das schrecklicher war, als Worte es auszudrücken vermögen, warf sich da quiekend und schlabbernd hin und her. Im nächsten Moment erlosch die Fackel, was aber keine Rolle mehr spielte, denn sie hatten genug gesehen. Während der schreckliche Lärm von unten weiter zu ihnen hoch drang, legten Manolis und Jazz wieder die Abdeckung über den Schacht.
Auf dem Weg zurück die Stufen hinauf sagte Manolis: »Wir werden alles Benzin brauchen, das wir nur irgendwie entbehren können.«
»Und eine Menge von dem Bauholz hier«, fügte Jazz hinzu.
»Und danach die restlichen Haftminen«, erklärte Darcy, »um sicherzustellen, dass diese Brunnen für immer verschlossen sind. Es ist Zeit, dass wir hier ein paar Dinge in Ordnung bringen.«
Als sie wieder an die frische Luft kamen, umklammerte Zek den Arm ihres Mannes. »Wenn dies hier ein Beispiel für das ist, was Janos erreichen kann, selbst in der wenigen Zeit, die er hier gehabt hat, was kann er dann nur in den Bergen von Transsilvanien alles geschaffen haben?«
Darcy sah seine Freunde an. Sein Gesicht war grau und eingefallen. Seine Stimme krächzte, als er seine eigenen Gedanken hinzufügte: »Guter Gott. Ich möchte nicht in Harry Keoghs Haut stecken ... für nichts in der Welt!«
Harry wachte mit dem sicheren Bewusstsein auf, dass etwas passiert war, weit weg, etwas Schreckliches. Unmenschliche Schreie gellten in seinen Ohren, und ein loderndes Feuer schien vor seinen Augen. Aber dann, als er in seinem Bett auffuhr, wurde ihm klar, dass die Schreie nur das allmorgendliche Krähen der Hähne war, und dass das Gleißen des Feuers nur die Sonne war, die durch die Ostfenster hineinstrahlte.
Und jetzt, wo er wach war, gesellten sich auch andere Geräusche und Eindrücke dazu: das Klappern der Frühstücksvorbereitungen von unten und der Geruch des Essens aus der Küche.
Er stand auf, wusch und rasierte sich und kleidete sich eilig an. Aber als er gerade nach unten gehen wollte, hörte er ein seltsam vertrautes Klingeln, ein Knarren und das leichtfüßige Geklapper von Hufen auf der Straße. Er ging zum Fenster, um nachzusehen, und stellte überrascht fest, wie sehr die Sonne auf seinen Armen brannte. Er runzelte die Stirn. Das heiße gelbe Sonnenlicht störte ihn. Es hinterließ ein Jucken auf seiner Haut.
Da draußen auf der Straße rollten Pferdewagen vorbei, im Gänsemarsch, vier oder fünf hintereinander. Zigeuner, fahrendes Volk auf dem Weg in die entfernten Berge. Harry fühlte sich ihnen plötzlich sehr verbunden, denn das war auch sein Ziel. Er fragte sich, ob sie über die Grenze fahren würden. Würde man ihnen das gestatten? Es wäre ein Wunder, wenn dem so wäre, denn Ceausescu hatte für Zigeuner nicht viel
Weitere Kostenlose Bücher