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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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das gehört? Und wisst ihr, was das bedeutet? Man sagt, es gibt einen harten Winter, wenn die Wölfe so früh dran sind.« Er wandte sich ein wenig von den anderen ab und vergewisserte sich, dass seine Waffe geladen war.

DRITTES KAPITEL
    In der Stunde vor Mitternacht kam Nebel auf, der sich an die Steine des Schlosses schmiegte und die Lücken dazwischen füllte, so dass es schien, als würden die uralten zerschmetterten Mauern auf einem sanft wogenden Milchmeer schwimmen. Unter einem blaugrau schimmernden Mond, auf dessen Oberfläche jede Einzelheit deutlich zu erkennen war, saß George Vulpe neben dem Feuer. Er fütterte es mit Reisig, das sie noch im Dämmerlicht gesammelt hatten, und sah zu, wie dann und wann ein Funken hochschoss, um sich zu den Sternen zu gesellen, aber immer wieder erlosch, bevor er sein Ziel erreicht hatte.
    Er hatte freiwillig die erste Wache übernommen. Da er den größten Teil des Tages verschlafen hatte, wäre er sowieso die erste Wahl gewesen. Emil Gogosu hatte zwar versichert, es sei eigentlich nicht erforderlich, dass einer von ihnen wach blieb, aber er hatte auch nicht protestiert, als die Amerikaner einen Wachplan aufstellten. Vulpe war als Erster an der Reihe und würde auch den längsten Teil übernehmen, Seth Armstrong hatte die Wache von zwei bis halb fünf, und Randy Laverne wollte dann bis sieben übernehmen. Dann würde er Gogosu wecken. Dem alten Jäger passte das hervorragend. Um die Zeit dämmerte es bereits, und er war niemand, der schlief, wenn die Sonne am Himmel stand.
    Gogosu und Armstrong lagen in tiefem Schlaf; Ersterer in eine Decke eingewickelt in einer Mulde zwischen zum Teil im Erdboden eingesunkenen Steinen, aus denen seine Füße zum Feuer hin ragten, und der andere in seinem Schlafsack, wobei er seine Jacke, die er über einen abgerundeten Stein gelegt hatte, als Kopfkissen benutzte. Laverne dämmerte vor sich hin. Er hatte zu viel von den ungarischen Kochwürsten und dem Schwarzbrot gegessen; seine Verdauung hielt ihn wach, weil er jedes Mal kurz vor dem Einschlafen rülpsen musste. Er hatte sich einen Platz am weitesten vom Feuer weg im Schatten der Schlossmauer gesucht, wo er seinen Schlafsack auf einer Matratze aus Pinienzweigen ausgebreitet hatte, die er von den Bäumen geschnitten hatte, die bis an das Gemäuer heranwuchsen. Da er mit dem Gesicht zum Feuer lag, erblickte er im Halbschlaf immer wieder Vulpe, der sich dann und wann bewegte, um einen Ast in die rotgelbe Glut zu schieben.
    Was er dabei nicht sah, war die schleichende Veränderung, die mit seinem Freund vorging, Er bemerkte nicht, wie Vulpes Verstand langsam in eine seltsame Trance verfiel, nicht die Pseudoerinnerungen, die sich vor dem inneren Auge des Amerikaners entfalteten und auf der Leinwand seines Verstandes wie geisterhafte Bilder die flackernden Flammen verdrängten. Und er wusste auch nichts von den hypnotischen Vampireinflüsterungen, die sich in diesem Moment in Vulpes bewusstes und unbewusstes Sein drängten.
    Als ein Ast durchgebrannt war und knackend tiefer ins Feuer fiel, riss das Laverne kurzzeitig aus seinem Dämmerzustand. Er setzte sich auf, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie ein dunkler Schatten durch einen Spalt in der alten Mauer in der noch tieferen Dunkelheit verschwand. Ein Schatten, der sich auf eine starre, zombiehafte Art bewegte, wie ein Schlafwandler. Seine Füße erzeugten kleine Wellenbewegungen im Auf und Ab des wabernden Nebels. Es konnte sich bei dem Schatten nur um George Vulpe handeln, denn wie Laverne auf einen Blick sah, war sein Schlafsack, der zusammengeknüllt vor einem Felsblock im Licht des Feuers lag, leer.
    Laverne war jetzt hellwach. Er erhob sich von seinem provisorischen Bett, tastete nach seinen Bergschuhen und zog sie an. Mit Fingern, die vom Schlaf noch klamm waren, knotete er die Schnürsenkel zu. Auch wenn er den Schlaf noch nicht ganz abgeschüttelt hatte, beeilte er sich doch. Da war etwas in der Art, wie George sich bewegt hatte; nicht heimlich, aber doch irgendwie lautlos ... ja, wie ein Schlafwandler. Er war schon den ganzen Tag so komisch gewesen; er hatte während der Fahrt ununterbrochen geschlafen und war auch nicht richtig bei sich gewesen, wenn er wach war. Und dann war er hier hochgeklettert, als würde er das regelmäßig vor dem Frühstück tun.
    Als er an den Schlafplätzen von Armstrong und Gogosu vorbeikam, überlegte Laverne kurz, sie zu wecken, entschied sich aber dagegen. Das würde Zeit kosten, und vielleicht

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