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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Gegenwart einzubilden! Und der Verstand ist ein sehr mächtiges Werkzeug, wenn er für sich allein ist; da gibt es genügend Raum für wilde Ideen, das kann ich euch versichern. Aber sonst ... im Winter kann man hin und wieder einem Wolf begegnen, der sich aus den Nordkarpaten hierher verirrt hat.« Sein Tonfall zeigte keine echte Besorgnis. »Die sind ganz harmlos, diese Grauen, wenn sie nicht gerade im Rudel auftreten.«
    Der alte Jäger blieb am unteren Ende einer Felsspalte stehen und drehte sich um, um zu sehen, wie weit die anderen zurückgeblieben waren.
    Aber Vulpe hatte den Vorsprung gemieden und kraxelte am Fuß der Felswand einem Punkt entgegen, der außer Sicht lag.
    »Hallo?«, rief der Jäger hinter ihm her. »Wo willst du denn hin, Gheorghe?«
    Der junge Amerikaner drehte sich um und blickte hinauf. Im Schatten der Felswand war sein Gesicht bleich, und seine Stirn zeigte Konzentrationsfalten. »Du machst es unnötig kompliziert, alter Freund«, rief er zurück. Seine Stimme hallte von den aufragenden Felsmassiven zurück. »Warum soll man klettern, wenn man laufen kann? Hier gibt es einen alten Pfad, der ganz einfach zu gehen ist. Der Weg ist vielleicht ein wenig länger, aber es geht viel schneller und ist erheblich angenehmer für Hände und Knie. Ich treffe euch da oben wieder, auf halber Höhe, wo sich unsere Wege wieder kreuzen.«
    »Wo unsere Wege sich ...?« Gogosu war zuerst verblüfft, und dann verärgert. »Ich verstehe!«, brüllte er sarkastisch zurück. »Du warst also schon mal hier, ja?«
    Aber Vulpe hatte sich bereits wieder umgedreht und war hinter einer Biegung verschwunden. »Nein«, rief er zurück. »Das ist reine Intuition, schätze ich.«
    »Pah! Intuition!«, fauchte Gogosu. Aber dann, als er sich in der Felsspalte an den Aufstieg machte, kicherte er. »Soll er doch gehen. Er wird schon bald wieder umkehren, wenn sein Pfad endet und die Schatten länger werden. Merkt euch meine Worte: Es dauert nicht lange, und er sieht einen Wolf in jedem Strauch. Und dann wollen wir doch mal sehen, wie schnell er hinter uns herkommt!«
    Aber er irrte. Eine Stunde später, als der Weg steiler wurde und das Licht langsam schwand, erreichten sie die breite Kante eines Plateaus. Und da lag Vulpe ausgestreckt, kaute auf einem Zweig und wartete auf sie. Und das schon seit einiger Zeit, wie es schien. Er nickte, als er sie sah, und sagte: »Der Rest des Wegs ist ein Kinderspiel.«
    Gogosu blickte finster, und Armstrong erwiderte Vulpes Nicken einfach nur, aber Laverne war wütend und erregt. »Das war ganz schön riskant, findest du nicht, George? Was, wenn du dich verlaufen hättest?«
    Vulpe war offenbar erstaunt über die Anspannung in der Stimme seines Freundes. »Verlaufen? Ich ... Darüber habe ich mir gar keine Gedanken gemacht. Anscheinend habe ich einfach ein Gespür für so etwas.«
    Damit war die Sache erledigt, und sie alle rasteten ein paar Minuten. Dann stand Gogosu auf. »Gut, noch eine halbe Stunde und wir sind da.« Er machte einen übertriebenen Diener vor Vulpe und fügte hinzu: »Wenn Ihr uns den Weg weisen würdet ...«
    Sein Sarkasmus stieß auf taube Ohren; Vulpe übernahm die Führung und geleitete sie das letzte Stück auf einem bequemen Weg. Sie erreichten den letzten Kamm, als gerade die Sonne hinter den Bergen im Westen unterging.
    Der Ausblick war atemberaubend: blaugraue Täler, in denen der Nebel wallte, und die Berge, die aus ihnen aufragten. Aus den Dörfern stieg Rauch auf und hinterließ dunkle Schleier, wo die entfernten Gipfel von Gold in Grau übergingen. Die vier Männer standen auf dem Kamm eines pinienbewachsenen Sattels zwischen zwei Bergzügen. Gogosu wies den Weg: »Da lang. Wir steigen den Hang hoch zwischen den Bäumen hindurch, bis wir auf die Schlucht treffen. Und da, wo der Berg gespalten ist, direkt in die Felswand gebaut ...«
    »... stehen die Überreste von Ferenczys Burg«, führte Vulpe den Satz zu Ende.
    Der Jäger nickte. »Und das Licht reicht gerade noch, um einen Lagerplatz zu suchen und Feuerholz aufzuschichten. Alles bereit?«
    Aber George Vulpe war schon weitergegangen.
    Als sich auch die anderen in Bewegung setzten, drang das unheimliche Heulen eines Wolfes durch die harzgeschwängerte Luft und verklang schließlich zu einem klagenden Jaulen.
    »Verdammt!«, fluchte Gogosu und blieb stehen. Er legte den Kopf zur Seite, schnüffelte und lauschte gebannt. Aber das Heulen wiederholte sich nicht. Er nahm sein Gewehr vom Rücken. »Habt ihr

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