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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Traum zog sich zurück wie eine Woge und ließ ihn orientierungslos in der Wirklichkeit zurück. Das war auch gut so, denn er hatte schon befürchtet, diese Welle würde ihn verschlingen. Er hatte mit jemandem gesprochen, daran erinnerte er sich, und es war ihm alles sehr real vorgekommen. Und trotzdem war er sich nicht einmal sicher, worüber sie geredet hatten. Er schüttelte den Kopf und leckte sich die trockenen Lippen. »Wo sind wir?«
    »Wir sind fast da, Kumpel«, sagte Armstrong. »Deswegen haben wir dich geweckt. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Du hast nicht vielleicht Fieber oder so? Einen Virus?«
    Vulpe schüttelte wieder den Kopf, diesmal als Verneinung. »Nein, mir geht es gut. Ich habe nur etwas Schlaf nachgeholt. Und bin noch nicht ganz wach.« Langsam kamen die Erinnerungen wieder hoch: Die Zugfahrt nach Lipova, die Fahrt auf einem altersschwachen Laster nach Sebis, ein paar Bani, für die sie sich auf einem Heuwagen mit hölzernen Rädern, der noch aus dem Mittelalter hätte stammen können, mit nach Halmagiu nehmen ließen. Dort waren sie jetzt beinahe angekommen.
    »Unser Fahrer muss dahin«, sagte Laverne und deutete auf einen Weg, der zwischen den Bäumen hindurchführte. »Da geht’s nach Virfurileo, wo er zu Hause ist. Nach Halmagiu geht es hier weiter.« Er deutete auf einen zweiten Weg.
    »Es sind nur noch sieben oder acht Kilometer«, meinte Gogosu. »Je nachdem, wie schnell ihr laufen wollt, können wir schon in einer Stunde da sein. Und dann haben wir noch massenhaft Zeit, den Staub abzuschütteln, etwas zu essen, uns die Kehle anzufeuchten und vor Anbruch der Nacht die Bergtour hinter uns bringen, falls ihr das Tempo durchhaltet. Wir könnten aber auch etwas zum Essen mitnehmen und dann oben in den Ruinen campieren. Wäre das nicht eine Geschichte, die ihr dann in Amerika erzählen könnt? Aber das ist eure Entscheidung.«
    Sie klopften sich das Stroh aus der Kleidung, schulterten die Rucksäcke und winkten dem Fahrer des Karrens zum Abschied zu, als das Gefährt ächzend um eine Biegung des Waldweges verschwand. Und dann machten sie sich auch auf den Weg. Randy Laverne öffnete eine Flasche Bier, nahm einen Schluck und reichte sie an Vulpe weiter, der sich damit den Mund ausspülte.
    »Wir haben es also beinahe geschafft«, seufzte Armstrong und hielt sich neben dem forsch ausschreitenden Gogosu. »Und wenn dieser Ort auch nur halb so toll ist, wie er sein soll ...«
    »Ich bin sicher, das ist er«, sagte Vulpe leise. Und wunderte sich über sich selbst, denn er war sich da wirklich sicher.
    »Na ja, das werden wir früh genug erfahren, George«, meinte Laverne, der mit seinen kurzen Beinen Mühe hatte, Schritt zu halten.
    Und in einem versteckten Gelass tief in Vulpes Inneren erklang die Stimme: Oh ja. Bald, mein Sohn. Bald, Gheorghe ...
    Die letzten paar Kilometer waren für die drei Amerikaner ein Klacks. In der vergangenen Woche hatten sie fast das Zwanzigfache dieser Strecke zu Fuß zurückgelegt. Sie kamen am Nachmittag in Halmagiu an und suchten sich eine Übernachtungsmöglichkeit für die morgige Nacht, denn Gogosu hatte sie bereits überredet, die Nacht auf dem Berg zu verbringen., Sie wuschen sich, wechselten das Schuhwerk und nahmen eine Brotzeit auf dem offenen Holzbalkon ihrer Pension ein, der auf die Hauptstraße des Dorfes hinausging.
    »Ihr dürft auf keinen Fall vergessen«, hatte ihr Führer sie gewarnt, als sie den Preis für ihre Zimmer ausgehandelt hatten, »dass ihr es hier mit einfachen Leuten zu tun habt. Die sind nicht so weit herumgekommen wie ich und nicht an Fremde, Stadtmenschen und andere komische Typen gewöhnt. Das sind einfache Leute voller Misstrauen und Aberglauben! Lasst mich mit ihnen reden. Ihr seid Bergsteiger, nichts weiter. Nein, nicht mal das, ihr seid ... Wanderer. Und wir gehen nicht in die Zarandului, sondern in die Metalici.«
    »Wo ist der Unterschied?«, fragte Vulpe später beim Essen. »Ich meine zwischen den Zarandului und den Metalici?«
    Der alte Jäger deutete nach Nordwest über die Dächer hinweg auf eine gezackte Reihe dunstiger Gipfel mit einer goldenen Aura durch das Sonnenlicht. »Das sind die Metalici«, sagte er. »Die Zarandului sind hinter uns. Sie sind grau – egal zu welcher Jahreszeit. Graugrün im Frühling, graubraun im Herbst, grau im Winter. Und natürlich weiß. Die Burg liegt auf der Höhe der Baumgrenze, direkt an einer Felswand. Ja, dahinter ist sofort eine Felswand und davor eine Schlucht. Eine

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