ENTSEELT

auf die Jagd.
    Traveller und Trogs (eine primitive Eingeborenenrasse) sind für die Wamphyri das, was Kokosnüsse für die Bewohner von Südseeinseln sind: Sie stehen ganz oben auf ihrer Speisekarte. Sie stellen aber auch Sklaven, Arbeiter, Frauen ... Selbst wenn sie sterben oder ihren Nutzen verloren haben, gibt es kaum etwas an ihnen, was nicht einer neuen Verwendung zugeführt wird. Ihre Überreste werden an die Gastiere, die Röhrenwesen und Kampfkreaturen verfüttert, die selbst aus modifizierten Trogs und Travellern gezüchtet werden. Ihre bizarr veränderten, versteinerten Körper zieren die schwindelerregenden, dräuenden Burgen der Wamphyri, werden zu Möbelstücken modelliert oder dienen als äußere Schutzhaut, die die Besitztümer ihrer Vampirherren vor den Unbilden der Natur bewahren.
    Was die Herren dieser Festen betrifft: Die Wamphyri sind monströse kämpferische Kreaturen, die eifersüchtig ihre Besitztümer und Ländereien bewachen und sich unaufhörlich bekriegen und gegeneinander intrigieren. Es gibt nichts, was ein Vampir mehr hasst als einen anderen Vampir, niemanden, dem er weniger vertraut. Doch ihr gemeinsamer Hass und ihr gemeinsames Misstrauen richten sich vor allem gegen den Herrn des westlichen Gartens.
    Nach einer Reihe von nervenzerrüttenden Abenteuern und Missgeschicken hat eine Gruppe von Travellern, zu denen auch Michael »Jazz« Simmons und die schöne Telepathin Zek Föener gehören, sich mit dem Herrn des Gartens verbündet. Als Harry Keogh eintrifft, haben die Wamphyri alle persönlichen Querelen beiseite geschoben und sich zu einer konzertierten Aktion gegen ihren gemeinsamen Feind zusammengetan, um vereint den Garten anzugreifen, die Heimstatt des Herrn in den Bergen. Von all den ehrfurchtgebietenden Wamphyri-Lords wechselt nur Lady Karen, eine berückende ehemalige Travellerin, deren Vampirparasit noch nicht zu voller Reife gelangt ist, die Seiten, flieht zum Herrn des westlichen Gartens und warnt ihn vor der kommenden Attacke.
    Die Schlachtlinien stehen: Die Lords Shaithis, Lascula Langzahn, Lesk der Vielfraß und viele andere mit ihren mutierten Kampfkreaturen und Trog-Kriegern, gegen den Herrn des Gartens und seine kleine Gruppe von menschlichen Verbündeten.
    Aber Harry Keogh ist bei dem Herrn, und der ist niemand anders als – Harry junior! Mithilfe eines Zeitsprungs ist Harry junior nicht mehr der kleine Junge, den sein Vater erwartet hat, sondern ein erwachsener junger Mann, der eine goldene Maske trägt, und dies ist die Welt, in die er seine arme wahnsinnige Mutter brachte – zu ihrem Schutz, und um ihr den letzten Rest Verstand zu bewahren. Bisher hat er sehr gut für ihre und seine eigenen Bedürfnisse gesorgt. Denn für sich allein genommen kann ihm und seinen Fähigkeiten keiner der Wamphyri das Wasser reichen. Aber jetzt, wo sie alle zusammen gegen ihn antreten ... Harry senior kommt gerade zur rechten Zeit.
    Durch trickreichen Einsatz des Möbius-Kontinuums und der vereinten necroscopischen Fähigkeiten von Vater und Sohn werden Shaithis und seine Vampir-Armee geschlagen und alle ihre Burgen zerstört. Alle, bis auf die der Lady Karen. Sie kehrt dorthin zurück, und Harry Keogh sucht sie dort auf. Er will sie von ihrem Vampir befreien, nicht um ihretwillen, sondern für seinen Sohn, denn auch der Herr des Gartens ist vom Vampirismus infiziert. Harry benutzt Karen, um eine Idee auszuprobieren, etwas, das sich, wie er hofft, als Heilmittel erweisen könnte.
    Er treibt Karen den Vampir aus und zerstört ihn. Aber damit vernichtet er auch sie. Sie war eine Wamphyri und ist jetzt nur noch eine leere Hülle. Wenn man einmal die gesteigerten Empfindungen – das Fehlen jeden Schuldgefühls, aller Furcht und Bedenken, die vollkommene Lust und die Macht der Wamphyri – erfahren hat, was bleibt danach noch? Nichts. Sie stürzt sich von den Zinnen ihrer Feste.
    Der Herr des Gartens aber trägt immer noch seinen Vampir in sich, und dort im Garten, wo die Traveller ihre Heimstätten wieder aufbauen und sich ein neues Leben schaffen, ist sich Harry junior sehr wohl bewusst, dass sein Vater verstohlen jede seiner Bewegungen verfolgt ...

ERSTES KAPITEL
    Transsilvanien, Anfang September 1981
    Die Sonne hatte den Zenit noch nicht erreicht, als zwei Bauersfrauen aus Halmagiu über die ausgetretenen Waldwege ihrem Dorf entgegenstapften. Ihre Körbe waren gefüllt mit kleinen wilden Pflaumen und den ersten reifen Beeren, auf denen noch der Morgentau glitzerte. Einige der