Entsetzliches Gleichmaß
richtete die Waffe auf sie. Es war ihr letzter Akt des Widerstands. Sie sollten ihr Gesicht sehen, wenn sie sie töteten. Sie sollten sich an sie erinnern.
Dann zischte ein Hypospray an ihrem Nacken. Kira schoss, doch der Strahl ging ins Leere, schlug harmlos in eine Steinwand der Zelle. Kira spürte, wie ihre Muskeln sie im Stich ließen, und brach zusammen. Das Letzte, was sie fühlte, war Überraschung darüber, wie schnell sich der Glinn erholt hatte.
»Bringt sie zu Entek«, befahl dieser laut. »Sofort!«
Die Wirklichkeit taucht auf und verschwindet wieder. Sie verliert nie das Bewusstsein, doch ihre Wahrnehmung ist ein einziges Chaos. Farben verschwimmen. Personen und Objekte verlieren ihre Form. Geräusche verlangsamen zu trägem, unverständlichem Rauschen oder hallen schmerzhaft in ihrem Schädel wider. Momente der Klarheit kommen und gehen, und sie versucht, sie so lange wie möglich festzuhalten. Sie weiß, dass sie durch Korridore aus dunklem Stein getragen wird, in einen Raum voller Maschinen. Cardassianischer Maschinen.
Ein Verhörzimmer?
Raue graue Hände befestigen metallene Objekte an ihrer Stirn, ihren Schläfen und in ihrem Nacken. Irgendwo ganz nah fragt eine Frau, was mit ihr geschehen wird. Ein Mann antwortet, ihr Körper werde wahrscheinlich in den Archiven des Ordens gelagert. Kira dreht den Kopf und sieht sich selbst, auf einer zweiten Bahre neben der ihren.
Ein Spiegel?
Weitere Stimmen. Maschinen werden eingeschaltet, und plötzlich rast ihr komplettes Leben über die karge Ödnis ihres Bewusstseins hinweg.
Dann stürzt sie in die Dunkelheit. Eine Weile lang treibt Kira durch die Schatten. Jemand streitet, brüllt. Alles ist verschwommen, doch allmählich werden aus den Schatten Männer, Cardassianer. Einer von ihnen hat ein Gesicht, das sie kennt.
Dukat
.
»Sie bluffen«, sagt der andere Cardassianer, ein Zivilist.
»Seien Sie nicht naiv«, erwidert Dukat.
»Selbst wenn ich dem zustimmen würde … Sie können nicht erwarten, dass mir meine Vorgesetzten Glauben schenken, wenn ich Kiras Leichnam nicht vorzuweisen habe.«
Dukat tritt an ein Tablett voller Operationsbesteck, nimmt ein leeres Hypo, presst es Kira an die nackte Schulter und entnimmt ihr ein wenig Blut. Dann reicht er dem Zivilisten die Ampulle. »Basteln Sie sich einen.«
Der Zivilist zögert. Dann nimmt er die Ampulle und geht. Dukat sieht ihm nach.
»Sir, diese hier ist wach.«
Kira will sich bewegen, doch ihre Glieder fühlen sich weich wie Ton an. Nur mit Mühe kann sie den Kopf in Richtung der Stimme drehen. Abermals sieht sie ihr Spiegelbild. Ein Wärter steht über ihr.
»Sedieren Sie sie«, befiehlt Dukat. »Sie hat eine weite Reise vor sich und braucht ihren Schlaf.«
»Was ist mit der Bajoranerin?«
»Ändern Sie ihre Erinnerungen an die vergangenen sieben Tage. Sie soll glauben, sie sei die ganze Zeit über in den Dahkur-Hügeln gewesen und habe nicht zu ihrer Einheit zurückkehren können, weil Cardassianer ihr auf der Spur waren. Geben Sie ihr ihre Kleider und Habseligkeiten wieder und bringen Sie sie irgendwohin, wo sie sicher ist. Passen Sie auf, dass Sie niemand sieht.«
Dann spürt sie Dukats Atem auf ihrer Haut, aber sie sieht ihn gar nicht im Spiegel. Seltsam. Nicht einmal, als er ihr ins Ohr flüstert und die Welt um sie herum erneut verblasst. »Sie haben ja keine Ahnung, wie nah Sie dem Tod gekommen sind, Nerys. Ich hoffe aufrichtig, dass Sie diese zweite Chance nicht vergeuden … Sie ähneln Meru wirklich sehr. Und ob Sie es nun wissen werden oder nicht – ich werde Sie immer im Auge behalten.«
Captain Kiras Hände schlugen gegen die Türen der Drehkörperlade. Sie sank zu Boden, gepackt von der Flut an Erinnerungen, die ihr wiedergegeben worden waren – die Furcht und der Selbsthass, die Erniedrigung und Entwürdigung, die Brutalität und die Hoffnungslosigkeit.
Sie erinnerte sich wieder. In den Hügeln war sie zu sich gekommen. Sie hatte geglaubt, sieben Tage lang von Cardassianern verfolgt worden zu sein und sie endlich abgeschüttelt zu haben. Lupaza war erleichtert gewesen, als sie sie fand. Sie hatte Kira zum neuen Stützpunkt gebracht und berichtet, die Zelle habe sie schon beinahe tot geglaubt.
Und sie erinnerte sich an das lange Gespräch, das sie danach mit Shakaar geführt hatte. Wie sie ihm ihre Verzweiflung gestanden hatte, und dass sie fast ihren Lebenswillen verloren hätte … bis ihr seine Worte wieder in den Sinn gekommen waren. Sie waren ihre Rettungsleine
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