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Entsetzliches Gleichmaß

Entsetzliches Gleichmaß

Titel: Entsetzliches Gleichmaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Woods
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Letzter Tag des Dominion-Krieges
    »Verlass mich nicht, Nerys. Ich war so ein Narr. Als die Cardassianer das Dorf in Brand steckten, versuchte ich, auf sie einzureden, an sie zu appellieren … Sieh, was sie mir angetan haben.«
    »Die Nachricht kam heute Morgen von Bajor.«
    »Wie viele?«
    »Fünf Skimmer. Und mindestens – mindestens – fünfzehn tote Cardassianer. Kein schlechtes Tagwerk, oder? Wir sollten feiern!«
    »Genau – die töten uns, wir töten sie. Was gibt es da zu feiern?«
    »Ich glaube, Bajor hat uns alle ein wenig wahnsinnig werden lassen.«
    »Wir kämpfen, um zu leben, nicht, um zu sterben.«
    »Sie denken schon wieder an ihn.«
    »Beschämt es Sie wirklich so sehr, was für eine Frau Sie einst waren? Ist nichts mehr von ihr in Ihnen?«
    »Weil du zu viel geopfert hast! Und was noch schlimmer ist: Du weißt gar nicht, was du alles verloren hast.«
    »Ich weiß sehr genau, was ich verloren habe.«
    »Nein, Iliana, weißt du nicht.«
    Der Schreck ließ sie aus dem Schlaf fahren. Wieder.
    Kira saß auf ihrer Pritsche und wartete, bis ihr Körper aufhörte zu zittern. Als sie sich endlich wieder weitestgehend beruhigt hatte, stand sie auf und stolperte zum Waschbecken. Sie benetzte ihr Gesicht, ihren Nacken und die Arme mit Wasser. Es war kalt. Ob Rokai die Temperatur absichtlich niedrig hielt?
Oder macht er gar nichts?
, fragte sie sich.
Bilde ich mir das nur ein?
    Sie sah über die Schulter zum Korridor jenseits der Kraftfeldbarriere und lauschte. Kein Laut drang an ihre Ohren, kein Anzeichen einer Bewegung, keine Veränderung im monotonen Blau des Lichts – nichts gab ihr einen Hinweis darauf, wie lange sie dieses Mal geschlafen hatte und welche Tageszeit gerade im Gefängnis herrschte. Ihre innere Uhr hatte schon vor langer Zeit vor der Monotonie ihrer Umgebung kapituliert. An Schlaf war jedenfalls nicht mehr zu denken. Die Albträume waren mittlerweile so lebensecht wie die Wirklichkeit – und in mancherlei Hinsicht noch verstörender. In ihren Träumen durchlebte sie ihre Zeit beim Widerstand, doch eigenartigerweise mischten sich immer mehr cardassianische Gesichter darunter, die zu ihr sprachen, als müsse sie sie kennen.
    Das geht garantiert auf Dukats jüngsten Besuch und seine neusten kranken Ideen zurück
.
    Sie schüttelte die Erinnerung ab, trank ein paar Schlucke des kalten Wassers und wischte sich mit dem Saum ihres dünnen Oberteils den Mund trocken.
    Dann kehrte sie zur Pritsche zurück und stellte sich darauf. Sie atmete mehrmals tief ein, hob die Arme zur Decke und sprang. Mühelos bekam sie das stabile Gitter zu fassen, das ihre Zelle überspannte. Sie umfasste das Metall mit allen zehn Fingern, ließ sich baumeln und begann ihre täglichen Klimmzüge. Es hatte einige Zeit gedauert, bis ihre Finger stark genug waren, ihr Körpergewicht zu halten. Noch länger, bis aus diesem Ansatz eine richtige Übung geworden war. Doch Zeit war das Einzige, was sie im Überfluss besaß.
    Vier. Fünf. Sechs
.
    Wären die Albträume nicht gewesen, wären die vergangenen paar Monate die erträglichste Zeit in all den Jahren gewesen, die sie nun schon in Dukats Verließ ausharrte. Aus dem Augenwinkel sah sie die Kratzer in der steinernen Zellenwand, mit denen sie in den ersten sechs Jahren das Verstreichen der Tage markiert hatte. Irgendwann hatte sie den Willen, zu zählen, verloren.
    Zehn. Elf. Zwölf
.
    Während ihres ersten Jahres in Letau hatte sie sich stets widersetzt, hatte Pläne geschmiedet, die Grenzen ihres Gefängnisses ausgelotet und nach Fluchtwegen und Möglichkeiten Ausschau gehalten, ihre Bewacher zu töten. Im zweiten Jahr begriff sie, dass es sinnlos war. Rokai war ein eigenartiger Wärter. Er öffnete ihre Zelle nur selten, zumindest solange sie wach war. Das Essen kam mit dem Transporterstrahl. Rokai und Dukat waren die einzigen Lebewesen, die sie zu Gesicht bekam.
    Sechzehn. Siebzehn. Achtzehn
.
    Sie wusste immer, wann Dukat ihr einen Besuch abstatten würde. Stunden vorher strömte nämlich anästhesierendes Gas in die Zelle und setzte sie außer Gefecht – lange genug, damit Rokai ungehindert eintreten, sie baden und ihr das Mittel injizieren konnte, das sie »kooperativ« machte. Erst dann kam Dukat. Wann immer er sie missbrauchte, betete sie um Erlösung … und auf jedes Gebet folgte eine weitere Vergewaltigung, weitere Schläge, weitere geflüsterte Worte in ihrem Ohr, mit denen er schwor, Bajor anzutun, was er auch ihr antat.
    Zweiundzwanzig. Dreiundzwanzig.

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