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Entsetzliches Gleichmaß

Entsetzliches Gleichmaß

Titel: Entsetzliches Gleichmaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Woods
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Vierundzwanzig
.
    Gegen Ende des vierten Jahres unternahm sie einige Suizidversuche. Rokai stellte sicher, dass sie scheiterten. Er war stets wachsam und beobachtete sie, obwohl sie ihn kaum zu Gesicht bekam.
    Im sechsten Jahr hörte sie auf zu zählen, zu beten, zu denken. Ihre Verzweiflung war vollkommen. Sie bewegte sich kaum noch und aß immer weniger. Sie akzeptierte ihr Schicksal und betrachtete sich monatelang als bereits tot.
    Neunundzwanzig
.
    Bis zu dem Tag, an dem Dukat sie fast umbrachte.
    Dieses Mal kam keine Warnung. Kein Gas, keine Drogen. Dukats wütende Stimme im Korridor durchbrach die Stille ihres Gefängnisses. Die Flüche, die er brüllte, waren nahezu unverständlich. Sie schnappte Wortfetzen auf – »Rückzug« und »Föderation«, »Wurmloch« und »Major« –, doch sie bedeuteten ihr nichts, und der Rest ging in seiner Wut unter.
    Plötzlich stand er vor ihrer Zelle und starrte sie an. Sie rührte sich nicht, sah ihn nicht an. Was kümmerte es sie, dass er das Kraftfeld abschaltete und zu ihr kam? War das wirklich sie, die er am Kragen ihres dünnen Leibchens packte? »Es ist noch nicht vorbei!«, schrie er ihr ins Gesicht. »Haben Sie mich verstanden? Das lasse ich nicht zu!«
    Dann schleuderte er sie gegen die Wand. Sie schlug am Boden auf und blieb liegen.
    »Sollen sie doch glauben, sie hätten gewonnen«, bellte er und trat ihr in den Bauch. »Sollen sie doch denken, Cardassia sei zum Frieden bereit. Sie werden schon noch merken, wie falsch dieser Glaube ist – sie alle! Sie werden merken, dass sie mich nicht unterschätzen dürfen. Das schwöre ich!« Er zerrte sie auf die Füße und schlug ihr wieder und wieder ins Gesicht. Als er genug davon hatte, packte er ihren Kopf mit beiden Händen und drohte, ihn gegen die Wand zu schlagen.
    Und der Damm bekam Risse.
    Kira hob den Blick. Sie sah zu Bajors Präfekt auf und schenkte ihm ein dünnes, böses Lächeln. »Schlechter Tag, Dukat?«
    Er erstarrte, zu verblüfft für eine Regung. Sie hatte ihn weder angesehen noch mit ihm gesprochen seit … seit Monaten? Jahren? Was spielte das schon für eine Rolle? Alles, was zählte, war dieser Moment, und sie ergriff ihre Chance.
    Sie riss die Arme hoch und befreite sich aus seiner Umklammerung. Dann setzte sie nach, schlug so fest mit dem Handballen in sein Gesicht, dass seine Nasenknochen eigentlich tief in sein Hirn eingedrungen wären. Doch Dukat reagierte schnell und wich gerade weit genug aus, dass der Hieb nicht tödlich war.
    Trotzdem schrie er, als er zurück in den Gang taumelte. Das bewies, dass sie ihm Schmerzen zugefügt hatte – und, dass das Kraftfeld noch deaktiviert war. Blut strömte aus Dukats Nase, er war verletzt. Eine bessere Gelegenheit würde sie nicht bekommen. Kira hechtete auf ihn zu …
    Und plötzlich war Rokai da. Der große, alte Cardassianer hatte die Hand an den Kraftfeldkontrollen.
    Kira prallte gegen das Feld, als es sich aufbaute. Es blitzte auf, und sie fiel kraftlos auf den Rücken.
    Rokai stützte seinen Herrn. »Dafür wirst du teuer bezahlen«, knurrte Dukat sie an. »Das verspreche ich dir.«
    Kira keuchte und nickte Rokai zu. »Aber Sie brauchen jemanden, der für Sie abkassiert, richtig?«
    Dukat sah aus, als wolle er das Kraftfeld gleich wieder abschalten und die Zelle betreten. Genau darauf baute sie. Doch schon wieder durchkreuzte Rokai ihre Pläne. »Gehen wir, Sir! Sie brauchen einen Arzt.«
    Dukat ließ sich tatsächlich wegzerren. Aber der Ausdruck auf seinem Gesicht machte ihr deutlich: Er würde seine Drohung wahr machen.
    Einundvierzig
.
    Er machte sie wahr – am folgenden Tag und an vielen weiteren in den folgenden Jahren. Kira durfte sich wohl glücklich schätzen, dass er sie lebendig und gesund wollte. Abgesehen von jenem einen Mal schien er stets zu wissen, wann er aufhören musste, weil sie Zeit brauchte, um zu heilen und sich für seinen nächsten Besuch zu erholen.
    Doch seit dem Augenblick, der ihren Kampfgeist wiedererweckt hatte, ertrug sie, was immer er ihr antat. Denn sie hatte einen neuen Grund zu leben: Sie wollte ihn für das leiden sehen, was er getan hatte – irgendwann. In ihrer Fantasie erträumte sie sich Szenen, in denen sie ihn ganz langsam umbrachte.
    Vierundvierzig
.
    Bei seinem jüngsten Besuch hatte seine Niedertracht allerdings ganz neue Höhen erreicht. Es war erst wenige Monate her, dass er plötzlich wieder zu ihr kam – in Gestalt eines Bajoraners. Trotz ihrer medikamentösen Benommenheit sah sie, dass es

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