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Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph D'Lacey
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Äste bücken oder Zweige zur Seite ziehen, und innerhalb kürzester Zeit hatte Ray jeglichen Orientierungssinn verloren. Angenehmerweise. Es war, als befände er sich auf einem anderen Planeten. Er verspürte eine Euphorie, von der er wusste, dass er sie so schnell nicht noch einmal erleben würde. Denn er begriff, dass es, wenn sie in Zukunft hierherkommen würden – gesetzt den Fall, sie hätten irgendeine Art von gemeinsamer Zukunft -, nie wieder so fremdartig und überraschend sein würde, wie es sich gerade anfühlte. Man stelle sich vor, dachte er, ein Gothicgirl hier draußen, an der frischen Luft – die völlige Abwesenheit von allem Urbanen. Während er beobachtete, wie sie zwischen Bäumen, unter Ästen hindurch- und über umgekippte Stämme hinwegkraxelte, stellte er fest, dass sie durchaus in diese Landschaft passte. Sie sah aus wie eine Hexe in ihrer natürlichen Umgebung: der Wildnis.
    Sie stoppten auf einer winzigen Lichtung, kaum größer als ein Zimmer. Fünf windschiefe Eichen und dazwischen dichte Weißdorn- und Schlehenbüsche bildeten einen gewachsenen Verschlag um ein Stückchen Wiese – trocken und gelb -, durch das immer wieder der blanke Boden hindurchschimmerte.
    »Ein nettes Plätzchen hast du hier«, sagte Ray.
    »Ich vertrau dir, dass du niemandem von diesem Ort erzählst«, erwiderte sie. »Er ist ein Geheimnis.«
    Er ließ sich auf seinen Hintern fallen und lehnte sich gegen einen Baum. Seine Füße schwitzten in seinen All Stars. Er entschloss sich, die Baumwollturnschuhe auszuziehen, und zögerte nur einen kurzen Moment, als ihm klar wurde, dass er im Begriff war, sich ihr gegenüber zu entblößen.
    »Schweißfüße?«, fragte sie.
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Eigentlich nicht. Ich bin ein sauberer, gut erzogener Junge.«
    »Was für eine Schande.«
    »Oh, keine Angst. Ich bin leicht zu beeinflussen.«
    Delilah grinste und drehte sich um. Kniend steckte sie den Kopf ins Gebüsch und zog eine alte Munitionskiste hervor.
    »Wo hast du die denn aufgetrieben?«, fragte er.
    »Da, wo du dein Hemd gefunden hast. Im Army-Shop.«
    »Und was ist drin?«
    »Wirst du schon sehen.«
    Sie holte eine verschlissene, schottisch karierte Picknickdecke, eine halbvolle Flasche Wodka und zwei Kissen hervor.
    »Du bist eine Frau mit … versteckten Qualitäten«, sagte er.
    »Wenn du wüsstest.«
    Zum Schluss kam ein durchsichtiges Plastiktütchen zum Vorschein, zusammengerollt und mit Gummibändern verschlossen. Sie entfaltete es und reichte es Ray. Mit geschlossenen Augen sog er den Duft seines Inhalts ein.
    »Heilige Scheiße«, stieß er hervor. »Das Zeug ist so frisch und stark wie sonst was. Soll ich einen bauen?«
    »Ich rauche lieber Pfeife. Hab eine in der Tasche. Du hast doch kein Problem damit, oder?«
    »Nicht im Geringsten. So lange es mich nicht umhaut.«
    »Es versetzt dir schon eine ordentliche Dröhnung, aber du hattest auf dem Weg hierher ja Gelegenheit zum Ausnüchtern. Ich schätze, du kommst damit klar.«
    »Sicher, das tu ich. Ich komm klar.«
    Aus ihrer violetten Patchworkhandtasche angelte sie eine kurze Olivenholzpfeife hervor. Sie war aufwendig mit kleinen Figuren verziert, und ging geradezu ehrfürchtig mit ihr um.
    »Was sind das für Schnitzereien?«, fragte er.
    »Das sind Baumgeister.«
    Baumgeister. Alles klar.
    Sie stopfte die Pfeife mit dem klebrig aussehenden Gras, hielt ein Feuerzeug daran und nahm einen langen, tiefen Zug. Sie hustete, schaffte es aber, den größten Teil des Rauchs in den Lungen zu halten. Dann reichte sie die Pfeife an Ray weiter, der es ihr gleichtat.
    Der Rauch bäumte sich auf wie eine Kobra und biss ihm ins Gehirn. Einen Moment lang schwebte Ray über seinem eigenen Körper. Bald war der erste Kick vorüber, und er spürte, wie die Schwingungen seine Zehen und Finger erreichten. Sein Kopf wurde klar und der Alkoholnebel von einer scharfsichtigen, gesteigerten Wahrnehmung abgelöst.
    »Eine Offenbarung«, sagte er.
    »Nicht wahr?«
    Sie saßen auf der Decke, die Kissen im Rücken, gegen eine gedrungene Eiche gelehnt. Erneut ergriff sie seine Hand, und er konnte spüren, wie sie über ihre Aura mit ihm kommunizierte. Sie beugten sich aufeinander zu und küssten sich mit elektrisch geladenen Lippen, Funken sprühenden Zungen. Delilah drückte sich vom Baum weg und schwang ein Bein über Rays Schoß. Über ihm kniend, küsste sie ihn heftiger, sog seinen Atem ein, als wäre er der magische Rauch. Anfangs war er wie gelähmt. Das war nicht

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