Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entspannt wie ein Buddha

Entspannt wie ein Buddha

Titel: Entspannt wie ein Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Hohensee
Vom Netzwerk:
nicht dieselben.
    Eine Notärztin reagiert anders auf ein blutendes Unfallopfer als jemand, der zum ersten Mal mit so einer Situation konfrontiert ist. Sie tut ruhig und konzentriert, was getan werden muss, um dem Verletzten zu helfen. Der zufällige Zuschauer dagegen verspürt möglicherweise heftige Angst oder Ekelgefühle wegen des Bluts.
    Anhand der Beispiele können wir folgende Grundsätze aufstellen:
Nicht die Situation bestimmt die Gefühle.
Die Gedanken lösen die Gefühle aus.
Unterschiedliche Gedanken führen zu unterschiedlichen Gefühlen.
    Der dritte Grundsatz lässt sich weiter unterteilen:
Beunruhigende Gedanken rufen Ängste hervor.
Pessimistische Gedanken provozieren depressive Gefühle.
Zornige Gedanken bringen Ärger hervor.
Glückliche Gedanken lösen Freude aus.
Den Tatsachen entsprechende Gedanken führen zu angemessenen Gefühlen.
Die Tatsachen übertreibende Gedanken führen zu unverhältnismäßig starken, unangemessenen Gefühlen.
    Auch das Konzept des Open Focus lässt sich auf die oben angeführten Beispiele anwenden: Im Kino richten die Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Aufmerksamkeit auf verschiedene Dinge. Einige sind in Gedanken ganz woandersund bekommen den Film nur am Rande mit. Andere sind sich, zumindest zeitweise, der Tatsache bewusst, dass sie einen Film anschauen. Sie sehen nicht nur den Film, sondern auch den Kinosaal. Dadurch nehmen sie das Gesehene anders wahr. Die meisten aber vergessen, dass sie im Kino sind. Ihr Bewusstsein wird vollkommen vom Film beherrscht. Das beruht allerdings auf ihrer Entscheidung. Der Film kann ihr gesamtes Bewusstsein nur dann ausfüllen, wenn sie es zulassen. Würden sie ihre Aufmerksamkeit beispielsweise darauf lenken, was sie anschließend machen wollen, wären sie sofort in einem anderen »Film«. Aber auch diejenigen, die ihre volle Aufmerksamkeit auf die Leinwand lenken, achten auf unterschiedliche Details. Die einen blicken zum Hauptdarsteller. Die anderen lassen sich von der weiblichen Hauptrolle faszinieren. Andere wiederum finden die Dekoration so interessant, dass sie sich länger damit beschäftigen. Abgesehen davon, dass alle auf andere Ausschnitte des Film achten, beurteilen sie das Gesehene verschieden. Einige missverstehen das Gesprochene oder verwechseln Personen, was sie natürlich verwirrt, bis sie ihren Irrtum bemerken. Manche bewerten das Gesehene positiv, andere negativ. So kommen auch die ganz unterschiedlichen Urteile der Filmkritiker zustande. Die Bewertungen können von hervorragend über zwiespältig bis ärgerlich reichen. Die Kritik, sei sie zustimmend oder ablehnend, hat stets weniger mit dem Film als vielmehr mit den Kritikern zu tun. Sie sagen, ob sie es wollen oder nicht, mehr über sich als über den Film, auch wenn ihre Urteile meist den Anspruch der Allgemeingültigkeit erheben.
    Übungshalber könnten Sie überlegen, wie unterschiedlich die Notärztin und die Passanten das Unfallopfer im Detail wahrnehmen. Dazu müssten Sie das Buch einen Moment zur Seite legen.
    Viele Varianten sind denkbar. Ich habe mich für folgende entschieden: Die Notärztin richtet ihre Aufmerksamkeit ganz auf die notwendigen Maßnahmen, die sie einleiten muss, um das Blut zu stillen und die Wunden zu versorgen. Sie sieht, welche Verletzungen vorliegen und was sie Schritt für Schritt zu tun hat, um bestmöglich zu helfen. Vielleicht hat sie für einen Moment die Sorge, ob der Patient überleben wird. Dem geht sie aber nicht nach, sondern nimmt den nächsten Schritt vor. Da sie vollkommen auf ihr Handeln konzentriert ist, ist kein Raum für Gefühle vorhanden. Dafür ist, wenn überhaupt, später Zeit. – Die Passanten dagegen nehmen anderes wahr. Sie sind nicht so nah am Geschehen. Ihr Bewusstsein wird vielleicht ganz von dem Bild des Bluts ausgefüllt, sodass es sie fast überwältigt. Sie stellen sich möglicherweise vor, was sie anstelle des Verletzten empfinden würden. Jedenfalls dürfte ihre Aufmerksamkeit stark von ihren Phantasien erfüllt sein. Das ist der Situation nicht immer angemessen. Manche Verletzungen scheinen auf den ersten Blick viel schlimmer, als sie sind.
    Wie auch immer die Gedanken aussehen mögen, egal was ins Bewusstsein der Beteiligten dringt: Ich hoffe, Ihnen ist klar geworden, dass eine Situation allein keine Gefühle oder Handlungen auslöst. Was jemand fühlt oder wie er handelt, ist abhängig davon, was in seinem Kopf vorgeht.
    Für unser Thema ist dies eine sehr wichtige Erkenntnis.Sobald man den

Weitere Kostenlose Bücher