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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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fort: Jake, hör zu, ich kann nicht verweilen – es kostet mich unglaubliche Kraft, einfach nur hier zu sein. Aber ich dachte mir, dass du eines Tages vielleicht hierher zurückkommen würdest, und damit lag ich richtig.
    Dies beschämte Jake. Er war nämlich nicht einfach hierhergekommen, um Natascha zu besuchen – oder mit ihr zu reden oder mitzufühlen –, sondern um sie über Castellano auszufragen. Nun begriff er, wie gedankenlos und selbstsüchtig dies in diesem Moment war. Und doch konnte er trotz und über all seinen Schuldgefühlen noch etwas anderes spüren – eine unwiderstehliche Macht, die ihn vorwärtstrieb.
    Und zum ersten Mal war Jake sich, ohne zu wissen, weshalb, absolut sicher, dass es hier nicht bloß um Rache ging. Hier gab es noch etwas anderes zu erledigen; etwas, was vielleicht jemand anders begonnen haben mochte, das jedoch er zu Ende bringen musste. Und selbstverständlich wurden seine Gedanken in der Totensprache vermittelt.
    Castellano?, sagte Natascha. Du fühlst dich schuldig, weil du hierherkamst, um etwas über ihn herauszufinden und nicht einfach um mit mir zu reden? Du hast ja keine Ahnung, wie viel leichter das alles macht, Jake!
    »Leichter?« Im ersten Augenblick dachte Jake, sie versuche lediglich, ihm damit einen Teil der Last von den Schultern zu nehmen; doch nein, er konnte die Woge der Erleichterung, die sie durchflutete, regelrecht spüren! »Aber ... wie soll das irgendetwas leichter machen?«
    Weil ich mich ebenfalls schuldig fühle!, erwiderte sie. Schuldig, ja – Für all das, was du wegen mir durchmachen musstest …
    »Wegen dir durchmachen?« Jake schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was ...«
    Doch, du weißt, was ich meine! Ich sagte dir doch, dass ich stets nur frei sein wollte. Du warst diese Freiheit, Jake. In der wirklichen Welt, der Welt der Lebenden, warst du meine Fahrkarte in die Freiheit – zumindest hättest du es sein können.
    Es dauerte eine Weile, bis Jake begriff.
    »Ich war ein Ausweg für dich«, sagte er. Mit einem Mal fühlte er sich ganz leer. »Nur ein Ausweg aus einer furchtbaren Lage ...« Doch nach und nach wich die Leere einem Gefühl immenser Erleichterung, größer, als er es bei Natascha gespürt hatte! Er seufzte. Aber das war gewiss auch nicht rechtens, oder?
    Letzteres hatte sie mitbekommen.
    Ich machte dir vor, dass ich verliebt in dich sei, und verfolgte dabei meine eigenen Ziele. Du spieltest das Spiel mit und hast dich davon mitreißen lassen. Aber das macht nichts, Jake, denn letztlich lief alles bestens. Jetzt sind wir beide frei.
    Jake überlegte einen Moment. »Was glaubst du«, fragte er schließlich, »hätte aus uns beiden je etwas werden können? Ich meine, mehr als bloß ein Spiel?«
    Wir beide lebten unser Leben bereits, ehe wir einander begegneten, rief sie ihm ins Gedächtnis, und beide schleppten wir viel zu viele Altlasten mit uns herum. Ich habe Dinge getan … ich weiß nicht, aber im Vergleich dazu wäre mir wahrscheinlich jeder halbwegs normale Lebensstil viel zu zahm vorgekommen! Mag sein, dass ich falsch liege, aber ich hatte den Eindruck, dass es dir nicht anders ging. Es hat keinen Zweck, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was die Zukunft uns hätte bringen können, Jake, oder was deine eigene Zukunft für dich bereithalten mag. Am besten, man nimmt die Dinge einfach so, wie sie kommen.
    »Ich weiß«, nickte er. »Der Zukunft ist alles einerlei. Wie sagt man so schön: Shit happens! Oder, wie andere es ausdrücken würden: Die Zukunft ist eine heimtückische Angelegenheit.«
    Für mich nicht, entgegnete Natascha. Meine Zukunft liegt hier, sie besteht darin, einfach im Wind zu treiben. Aber nun, wo wir darüber gesprochen haben, siehst du sicherlich ein, dass es gar nicht mehr nötig ist, an Castellano Rache zu nehmen, und ...
    »Oh doch, es ist nötig!«, fiel Jake ihr ins Wort. Einmal mehr spürte er, wie ihn etwas dazu trieb, die Sache zu Ende zu bringen. »Nun vielleicht nicht mehr so sehr Rache, aber eine Notwendigkeit ist es ganz bestimmt. Wirst du mir helfen? Ich muss wissen, worauf sich seine Macht gründet, mit wie vielen Leuten ich es zu tun habe und wo ich nach ihm suchen muss.«
    Und es ist nicht nur wegen mir? (Abermals klang sie besorgt.) Bist du dir da sicher? Ich möchte nicht, dass du dich wegen einer aussichtslosen Sache in Gefahr begibst.
    »Über den Grund bin ich mir nicht im Klaren«, erwiderte er wahrheitsgemäß. »Genügt es denn nicht, dass es um Gerechtigkeit geht? Aber

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