ENTWEIHT
schwarzen Pullover, schwarzes Hemd, schwarze Schuhe – die komplette Ausstattung.«
Alles in Schwarz?
»Ja«, nickte Jake. »Anscheinend schlägt hier meine Ausbildung durch. Da wir den Großteil unserer Arbeit bei Nacht verrichten werden, wird das mein Banner sein.«
Dein Banner?
»Die Farbe der Nacht.«
Ahhh!, machte Korath. Und wenn du deine Klamotten erstanden hast?
»Dann werden wir die Liste mit den Orten abklappern, die Natascha mir gab, allesamt Anwesen, die sich in Castellanos Besitz befinden, die Basen, von denen aus er operiert. Erst werden wir ihn aufspüren, und dann ...«
… wirst du ihn umbringen.
»Auge um Auge«, erwiderte Jake – und geriet ein wenig ins Wanken, als ihn plötzlich das Gefühl überkam, er habe dies schon einmal erlebt.
Oh?, machte Korath, denn er hatte es ebenfalls gespürt.
»Es ist nichts«, log Jake; ihm war nur zu bewusst, dass er in letzter Zeit des Öfteren derartige Anfälle hatte – Paramnesie sagte man wohl dazu: Erinnerungen an Ereignisse, die nie stattgefunden hatten. Doch wie auch immer man dazu sagen mochte, das Gefühl war vollkommen real und wollte für eine ganze Weile nicht weichen ...
Ich dachte, wir wollten den Großteil unserer Arbeit bei Nacht erledigen? , meinte Korath grummelnd. Er konnte geradezu »spüren«, wie die Sonne auf Jakes Rücken herniederbrannte. Auf die Ellenbogen gestützt, lag dieser an einem Hang in einem knochentrockenen, bereits abgeernteten Feld und blickte hinab auf Castellanos in der Nähe von Marseille gelegene Villa. Zwar hatte sich im Landesinnern die Hitzewelle bereits etwas gelegt, doch die Mittelmeerküste hatte der Wetterumschwung noch nicht erreicht.
»Mit deinen Augen wäre das wahrscheinlich kein Problem«, sagte Jake, während er das Fernglas scharf stellte. »Aber jetzt komm mir bloß nicht damit, um wie viel einfacher es doch wäre, wenn du das Sehen für mich übernehmen könntest und so weiter. Meine Augen sind gut – besser als die der meisten anderen. Außerdem müssen wir das hier bei Tag erledigen. Ich brauche die Koordinaten für später. Ich muss mir einen Ort nur ansehen und ihn mir genau einprägen, dann wandern die Koordinaten direkt in meinen Kopf und werden dort abgespeichert. Ich ›erinnere‹ mich eigentlich nicht wirklich an sie, ich kenne sie einfach.«
Wie das?
»In Malinaris Xanadu fand ich doch ohne Weiteres den Swimming-Pool, oder? Und auch den Garten unseres sicheren Hauses in Brisbane? Das Quartier Latin in Paris, die Sprengstofffabrik oder diesen Ort hier?«
Ich gebe ja zu, dass du dich auskennst, sagte Korath. Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wie es funktioniert. Du etwa?
Jake zuckte die Achseln. »Es kommt … mir einfach in den Sinn.« Als hätte es ihm jemand vermacht. Neben einigen anderen Dingen, wie es aussah.
Aber wenn du die Koordinaten bereits kennst, weshalb sind wir dann hier?
»Ja, die Koordinaten dieses Hanges«, sagte Jake. »Aber nicht die vom Innern der Villa dort drüben. Ich erinnere mich nur an ein einziges Zimmer in diesem Haus, und fast wünschte ich, es wäre anders. Allerdings alles nur sehr verschwommen … Damals war ich nicht unbedingt in der besten Verfassung. Na ja, im Moment sehe ich vor mir jedenfalls einen großen Raum im Erdgeschoss, es könnte sich um ein Arbeitszimmer handeln. Und ich habe die Koordinaten.«
Und das ist alles, wofür wir hier sind?
»Keineswegs. Denn wie du sehr wohl weißt, bin ich auch auf der Suche nach Castellano. Aber was diesen Besuch betrifft, ja, das muss wohl genügen. Ich brauchte einen exakten Bezugspunkt, und den habe ich jetzt. Ein Zimmer in jenem Haus, das ich von nun an jederzeit wiederfinden kann, wann immer mir der Sinn danach steht, mich dorthin zu begeben.«
Und wann genau?
»Wenn ich so weit bin ...« Im Geist hob er die Hand. »Und jetzt bitte Ruhe! Gerade habe ich eine Bewegung wahrgenommen, und ich möchte gern wissen, wer das ist.«
Es war ein gebeugter, alter Mann, der in diesem Augenblick das Arbeitszimmer betrat. Seine Erscheinung hatte nichts ausgesprochen Düsteres an sich; er ging herum, staubte die Möbel und ein paar Gegenstände auf einem Schreibtisch ab und trat dann an die Fenster, um zu überprüfen, ob sie verschlossen waren. Allem Anschein nach so etwas wie ein Hausmeister.
»Castellano ist nicht zu Hause«, sagte Jake. »Mir scheint, das Anwesen steht leer. Es wird Zeit, dass wir von hier verschwinden.«
Nach Genua, San Remo, Bagheria – an all die Orte, über die Natascha
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