ENTWEIHT
mit dir sprach?
»Einer nach dem anderen, ja«, sagte Jake. »Du hast ein gutes Gedächtnis.«
Ein Erbstück von Malinari, erwiderte Korath griesgrämig. Das einzig Gute, das ich jemals von ihm erhielt – und auch nur aufgrund dessen, was er mir nahm! Aber – hast du die Koordinaten all dieser Orte?
»Nein«, erwiderte Jake. »Darum regeln wir es über Versuch und Irrtum. Es war wirklich dumm von mir! Ich hätte sie aus Nataschas Geist mitnehmen sollen. Allerdings war ich damals ... nicht ganz bei der Sache.«
Also, wo fangen wir an?
»Mit San Remo, da war ich nämlich schon mal«, sagte Jake. Also begaben sie sich nach San Remo …
San Remo, das Tor zur Riviera di Ponente.
Jake kannte die Bars, die Stadt und das Leben, das dort tobte. Zumindest das Leben der Reichen und Begüterten. Fürs Erste jedoch mischte er sich unters Volk. Er suchte eine kleine Bar auf, die er kannte – ein schäbiges kleines Lokal, in dem es großartige Pizza und Toasts gab und sein Lieblingsbier, Import der Dortmunder Actien-Brauerei vom Fass. Dort frühstückte er an der Theke, bestellte ein Bier und unterhielt sich während des Essens mit dem Barkeeper.
Der Barmann sprach ein recht gutes Englisch und Jake ein bisschen Italienisch, also kamen sie gut zurecht. Der Keeper kannte ihn von seinen früheren Besuchen; mit gesenkter Stimme fragte er: »Wo warst du denn untergetaucht, Jake? Eine Zeit lang war dein Bild in den Zeitungen, allerdings nicht in jüngster Zeit. Suchen sie dich jetzt nicht mehr, oder was?«
Das Lokal war nahezu leer, lediglich zwei weitere Leute saßen, ins Gespräch vertieft, an der Tür, darum hielt Jake es für sicher, zu reden. »Oder was«, grinste er ohne jeden Humor und kam gleich zur Sache: »Ich bin auf der Suche nach … nach einem alten Freund. Keiner weiß so recht, wo er herkommt. Er heißt Castellano und ist, glaube ich, Sizilianer. Aber er hat ein Anwesen in der Nähe von San Remo und da dachte ich mir ...«
»... ob ich ihn vielleicht kenne?« Der Barkeeper, ein kleiner Mann mit schütterem Haar, wischte sich die Hände an seiner Schürze ab und legte fragend den Kopf schief. »Hast du Schwierigkeiten mit dem Kerl, Jake? Falls ja, dann solltest du wissen, dass er ein wirklich übler Bursche ist. Ich kenne ihn nicht, habe ihn nie gesehen. Aber einige seiner Leute – oder Leute, mit denen er zu tun hat – kommen hin und wieder hierher. Und das sind keine netten Leute.«
»Ich weiß«, nickte Jake. »Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich weiß nicht, wer du bist, und war noch nie im Leben in deinem Lokal.«
»Die müssen dir bloß genug Schmerzen zufügen, dann erzählst du ihnen was anderes.«
»Die wollen mir keine Schmerzen zufügen«, erwiderte Jake. »Die wollen mich umbringen. Deshalb will ich ja als Erster zuschlagen.«
»Ah!«, sagte der andere und blinzelte heftig.
»Du brauchst wirklich keine Angst zu haben«, meinte Jake. »Sollte ich noch am Leben sein, wenn die Sache hier vorüber ist, sind sie es nicht mehr. Und sollte ich tot sein, kann ich nicht mehr viel erzählen, oder?«
Außer vielleicht mir!, sagte Korath.
Sei still, machte Jake. Er sah sich um. Die Bar war immer noch leer, also nahm er die Gelegenheit wahr und reichte ein Bündel Franc-Scheine über den Tresen. Die Banderole war noch unversehrt, die tiefschwarze Aufschrift 1000 FR. sprang einem regelrecht ins Auge.
»Kannst du das umtauschen?«, fragte Jake.
»In Lire?« Der Barkeeper hob eine Augenbraue und begann den Kopf zu schütteln.
»Nein, in noch ein Bier«, sagte Jake. »Zapf‘ dir auch eins – und behalte den Rest.«
»Zwei Kilometer östlich von San Remo«, murmelte der Barmann, während er nach den Scheinen griff und sie unter dem Tresen verstaute, »an der Küstenstraße nach Imperia, wo die Berge sich bis hinunter zum Meer erstrecken. Hier in der Gegend nennen wir es die Millionärsmeile, und dieser Castellano hat dort ein Haus. Nach allem, was man so hört, ist er nicht oft zu Hause, aber für gewöhnlich sind immer ein, zwei seiner Drogendealer-Freunde da, örtliche Kriminelle, die nach dem Rechten sehen, wenn er weg ist. Und, wie gesagt, manchmal kommen sie auch hierher. Deshalb möchte ich dich jetzt auch bitten, zu gehen.«
»Bin schon unterwegs«, sagte Jake, indem er sich von seinem Barhocker erhob. »Und danke. Nur noch eine Frage. Hat das Anwesen auch einen Namen?«
»Castellanos Haus? Äh, ja, ich glaube schon.« Nachdenklich legte der Keeper die Stirn in Falten. »Es
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