ENTWEIHT
eine Sitzung anberaumt und einen Vortrag gehalten. Alle waren da, bis auf dich. Der Termin war ausgehängt. Ich hatte gehofft, du würdest da sein, weil ich mit dir reden wollte, nachdem ich mit den anderen fertig war. Wir hatten noch keine Zeit, über die Sache zu sprechen, wegen der ich dich nach Griechenland schickte. Und, ja, du hast völlig recht – ich hätte sicherstellen müssen, dass man es dir ausrichtet, oder es dir persönlich sagen sollen. Aber jedenfalls bin ich sicher, dass du mir bereits Bescheid gesagt hättest, hättest du irgendetwas Verdächtiges festgestellt.«
»Der Job in Griechenland?«, sagte Lardis. »Ich denke, das war, wie sagt ihr dazu, äh, reine Routine? Und du warst doch derjenige, der mich davon abzog! Du hast nach mir schicken lassen und mich rüber nach Australien geholt. Und ich bin froh darum. Nicht um alles in der Welt, ganz gleich welche, hätte ich diesen Tanz verpassen wollen. Hah! Aber Griechenland? Viel zu heiß für meinen Geschmack. Und die Traveller dort haben mir auch nicht sehr gefallen.« Er runzelte die Stirn und seine buschigen Augenbrauen stießen über der Nase zusammen.
»Es wird Zeit, dass ich alles darüber erfahre«, meinte Trask »Aber nicht hier. Mario will so langsam dichtmachen, besser wir gehen hoch in mein Büro. Ich kann dir ein Glas Brandy anbieten, damit kannst du es dir für die Nacht gemütlich machen. Was sagst du dazu?«
»Ich sage: Abgemacht!«, erklärte Lardis, indem er mit den Lippen schmatzte. »Das Zeug, das ihr hier habt, steigt einem weit besser in den Kopf als alles, was wir je auf der Sonnseite brauten!«
Die Männer erhoben sich. Keinem der beiden fiel auf, dass Millie Cleary ein kleines bisschen enttäuscht wirkte. Ihre Pläne – oder doch zumindest ihre Hoffnungen – für die Nacht hatten sich soeben in Luft aufgelöst.
Aber morgen war ja auch noch ein Tag ...
Lardis rekelte sich in einem Sessel in Trasks Büro. Vorsichtig den Schwenker mit dem Brandy haltend, streckte er die stämmigen Beine aus und seufzte wohlig. »Das Zeug ist gut. Die kleinen, grünen Pflaumen schmecke ich zwar nicht heraus, aber es brennt ganz schön!«
»Keine Pflaumen.« Trask schüttelte den Kopf. »Trauben … glaube ich.«
»Du weißt es nicht?«
»Es gibt vieles, was ich nicht weiß«, erwiderte Trask. »Deine Welt ist um einiges einfacher als meine. Dort gibt es nicht ganz so viel, was man wissen muss.« In gewisser Weise stimmte das, andererseits aber auch wieder nicht. »Aber egal, wie war‘s in Griechenland?«
Nach Griechenland hatte er Lardis eigentlich nur geschickt, damit dieser etwas zu tun hatte. Der alte Lidesci übertrieb nämlich nicht, wenn er darüber klagte, wie sehr ihm die Untätigkeit zu schaffen machte. Ihm fehlte wirklich eine Aufgabe – und die stets gegenwärtige Bedrohung durch den Tod oder vielmehr den Untod – auf Starside. Lardis war klar, dass der Krieg für die Szgany der Sonnseite, selbst wenn Nathan sie dort anführte und für sie kämpfte, schrecklich sein musste. Denn Nathan Kiklu mochte zwar der Necroscope sein – Botschafter der Toten und Herr über das metaphysische Möbiuskontinuum –, aber dennoch war er bloß ein Mensch und konnte nicht überall gleichzeitig sein. Wie früher überfielen die Wamphyri die Sonnseite, und Lardis quälten Schuldgefühle, weil er nicht bei seinem Stamm war, um ihn im Kampf zu führen oder seinen Leuten wenigstens beratend zur Seite zu stehen.
Doch Nathan hatte Lissa und ihm angeboten, sie in Trasks Welt in Sicherheit zu bringen, und Lissa ließ darüber nicht mit sich reden. »Alter Mann«, hatte sie zu Lardis gesagt, »dieser Kampf ist etwas für junge Leute. Die müssen auch lernen, wie es geht. Wenn du wieder die Kastanien für sie aus dem Feuer holst, wer von ihnen soll es tun können, wenn es dich eines Tages nicht mehr gibt? Du hast es durch Ausprobieren gelernt – du hattest auch das Geschick dazu, zugegeben, aber auch Glück. Aber jetzt bist du nicht mehr so gut auf den Beinen wie damals, und deine Lungen sind wie Blasebälge mit Löchern drin. Du kommst jetzt mit Nathan und mir mit und hörst auf zu fluchen und mit den Füßen zu stampfen oder ich ziehe los und suche mir einen jüngeren, netteren Mann in der Welt jenseits des Tores.«
Ihre Drohungen machten Lardis nichts aus; ihre Liebe hingegen bedeutete ihm alles auf der Welt – in zwei Welten. Außerdem war ihm klar, dass sie recht hatte. Seine Zeit war vorüber, das Kämpfen war nichts mehr für ihn, nun
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