ENTWEIHT
oder einen gewissen Ton in jemandes Stimme wahrnehme, dann muss ich einfach erfahren, was in ihm vorgeht. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen. Sollte dir irgendein Telepath etwas anderes erzählen, dann lügt er. Vielleicht wollen wir ja nicht nachschauen, aber wir können nichts dagegen tun.«
»Ich weiß«, sagte Trask reuevoll. »Das Problem kenne ich!«
»Dein Talent muss ja der reine Wahnsinn sein«, sagte sie. »Ich meine, jeder hat seine kleinen Geheimnisse. Nur derjenige, den man liebt, sollte eigentlich keine haben. Wie vermeidest du es, dich verletzt zu fühlen, wenn jemand, den du magst, mal einen Fehler begeht und dir eine Lüge erzählt, und sei es nur eine Notlüge, oder einfach mal etwas vertuscht, was er oder sie dir versprochen und dann vergessen hat, oder ...«
»Oder, oder, oder«, sagte Trask. »Ganz recht. Aber ich habe gelernt, zwischen unabsichtlicher und absichtlicher Täuschung zu unterscheiden. Weißt du, es gibt verschiedene Abstufungen der Wahrheit. Aber ich weiß, was du sagen möchtest. Es ist nicht leicht.«
»Und trotzdem warst du verheiratet, noch dazu mit einer Telepathin.«
Trask ließ sich das durch den Kopf gehen, und zum ersten Mal seit Langem fand er die Kraft, über Zek zu reden. »Sie hat niemals gelogen«, sagte er »Wenn sie mir nicht die Wahrheit sagen konnte, dann sagte sie gar nichts.«
»Aber sie konnte auch deine Gedanken lesen.«
Trask nickte. »Schon komisch, in meinen Gedanken las sie niemals etwas, woran sie Anstoß genommen hätte. Das jedenfalls sagte sie mir, und ich hätte es doch merken müssen. Wenn sie ... wenn sie es nicht auch gemeint hätte.«
»Mir geht es ebenso«, sagte Millie. »Ich meine, in deinen Gedanken habe ich auch noch nie etwas Anstößiges gelesen.«
»Bin ich denn wirklich so unbedarft?«
»Nein, nur offen und ehrlich. Das ist die andere Seite deines Talents, Ben. Du gibst, was du selbst gern bekommen möchtest.«
»Vielleicht passe ich ja nur besonders auf, wenn ich mit Telepathen zu tun habe.«
»Vielleicht brauchst du das gar nicht«, entgegnete Millie.»Ich bin ein großes Mädchen. Hin und wieder könnte ich, glaube ich, schon einen Schock vertragen.«
Dann erschien der Kellner ...
Bis auf das Nötigste für den Zimmerservice hatte die Küche bereits Feierabend. Jemand anderen als Trask hätte man gar nicht mehr bedient. »Ein wenig Schinken, Senf, ein paar Salatblätter, Tomatenscheiben und etwas frisches Weißbrot«, bestellte er bei dem beleibten pseudo-italienischen Kellner, der sich vor Höflichkeit beinahe überschlug. »Weißwein für die Dame und einen großen Wild Turkey für mich, mit Eis. Aber denken Sie bitte dran, Mario, das Eis soll ihn lediglich abkühlen, nicht verwässern.«
»Selbstverständlich, Sir.« Damit ließ er sie wieder allein.
»Diese Bank in der Schweiz hat doch sicherlich eine Liste jener sogenannten Wohltätigkeitsorganisationen«, sagte Trask. »Die werden doch wissen, an wen oder zumindest wohin das Geld ging. Natürlich wissen sie das, sie haben es ja selber überwiesen.«
»Aber es aus ihnen rauszukriegen, könnte eine Weile dauern«, meinte Millie.
»So viel Zeit haben wir nicht.«
»Und wenn wir ihnen mitteilen, dass es hinsichtlich Manchesters Tod gewisse Verdachtsmomente gibt?«
»Dann frieren sie seine Konten ein«, sagte Trask. »Nun, wo sie wissen, dass er tot ist, haben sie es wahrscheinlich ohnehin schon getan, aber selbst wenn wir den Zuständigen Minister einschalten, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie so leicht darauf eingehen. Hm, sie könnten es sogar als ihre ›Pflicht‹ ansehen, die Wohltätigkeitsorganisationen zu informieren, gegen die ermittelt wird – zumal Mister Milan Manchesters ausgewiesener Partner ist beziehungsweise war! Und da sie wissen, dass Jimmy Harvey in ihrem Datenbestand geschnüffelt hat, haben sie dies vielleicht auch bereits getan ... und falls nicht, dann werden sie es gleich morgen früh tun, wenn ihr Computer ihnen meldet, dass wir drin waren.«
»Das ist meine Schuld«, sagte sie niedergeschlagen. »Wie heißt es so schön? Blinder Eifer schadet nur. Vielleicht solltest du dich noch heute Abend an den Zuständigen Minister wenden?«
»Sollte? Ich muss«, entgegnete Trask. »Ich werde es sofort tun, nachdem wir gegessen haben. Möglicherweise kann er seine Beziehungen spielen lassen und vielleicht fällt ihm ja etwas ein, woran wir noch nicht gedacht haben.«
»Ich wünschte, ich könnte in Banken einbrechen!«, sagte
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