ENTWEIHT
beruhigt hatte und in profanere Träume abschweifte – Träume allerdings, die sich ausschließlich um die sich ständig erneuernden Gleichungen der Möbius-Raum-Zeit drehten, ungefähr so wie ein Wort, das einem auf der Zunge liegt, oder eine fast greifbare Lösung, die einem aber partout nicht einfallen will – dann erst machte Korath sich bemerkbar:
Zeit, wieder miteinander zu reden, Necroscope.
Jake wälzte sich in seinem Bett hin und her. Im ersten Moment wehrte er sich gegen die Gedanken der Toten, die in seinen Geist eindrangen, doch schon bald ergab er sich dem Unvermeidlichen. Schließlich musste er ja doch irgendwann mit ihnen reden, und sei es auch nur, um Zugang zum Möbiuskontinuum zu erhalten. Dennoch seufzte er erbittert auf. »Was, du schon wieder?«
Natürlich, wer denn sonst? Wir haben einiges vor und es gibt noch viel zu erledigen. Du entsinnst dich doch, unsere Pläne?
»Ich erinnere mich daran, dass wir uns gestritten haben, an Wortspiele und so weiter«, entgegnete Jake. »Doch was danach kam ...«
Du warst müde, erklärte Korath, und hast angefangen zu träumen. Alles war so undeutlich – und mit einem Mal warst du weg … Solange dein Geist so umherschweifte, konnte ich nicht mehr vernünftig mit dir reden. Also überließ ich dich deinen Träumen. Auch jetzt störe ich dich nur ungern, denn ich sehe, dass du noch immer erschöpft bist. Aber in wenigen Stunden bricht ein neuer Tag an, und die Zeit drängt.
»Wo sind wir stehengeblieben?«, wollte Jake wissen. »Haben wir überhaupt irgendwelche Fortschritte gemacht?«
Zuletzt waren wir, glaube ich, mehr oder weniger zu einer Übereinkunft gelangt, sagte Korath. Wir hatten einander unsere Pläne dargelegt und uns für unsere Zusammenarbeit auf eine zeitliche Beschränkung geeinigt – in anderen Worten: Wenn unsere Feinde erledigt sind, werden sich unsere Wege trennen. Das heißt du kannst deiner Wege gehen, ich hingegen ... gehe nirgendwohin. Was wir allerdings noch klären müssen, ist die Frage, wer von uns zuerst an die Reihe kommt.
»Wer zuerst an die Reihe kommt?«
Wessen Pläne Vorrang haben.
»Meine natürlich«, sagte Jake. »Das ist unbedingt notwendig, weil ich mich nämlich auf nichts konzentrieren kann, ehe ich ...«
… ehe du nicht deine Rache gehabt hast, aye, führte Korath den Satz für ihn zu Ende. Und nun, wo ich Zeuge des vollen Ausmaßes deiner diesbezüglichen Leidenschaften wurde, muss ich zugeben, dass ich, was du vorhast, durchaus reizvoll finde. Es hat einen gewissen … Unterhaltungswert? Andererseits muss ich dir aber eine Frage stellen: Was bringt es dir denn, diesem Castellano auf den Fersen zu bleiben, einem bloßen Menschen, Jake, während du unterdessen deine Welt an die Wamphyri verlierst? Darum sage ich dir: Was ich vorhabe, ist wesentlich wichtiger, dringender und von weit größerer Tragweite!
Doch mit einem Mal war Jake auf der Hut. Ihm war nämlich nicht entgangen, dass Korath sich verplappert hatte. »Was soll das nun wieder heißen? Du wurdest Zeuge des vollen Ausmaßes meiner Leidenschaften ...?« Bevor der Vampir seinerseits eine Abschirmung errichten konnte, sah Jake, was ihm durch seinen körperlosen Geist schoss … und prompt wurde Jake wieder sein Albtraum ins Gedächtnis gerufen. »Zur Hölle mit dir, Korath! Du hast zugesehen – du hast mir hinterherspioniert!«
Nur weil du so unruhig schliefst, log Korath instinktiv und ohne nachzudenken, und deine Träume dich quälten. Du warst so voller Zorn, geradezu außer dir, und dein Herz war schwer! Bei dem ganzen Durcheinander fühlte ich mich zu dir zurückgezogen , Jake, ich spürte regelrecht die Verbindung, die zwischen uns existiert, entstanden aus der Notwendigkeit, dass wir uns gegenseitig brauchen. Es war, als hörte ich dich laut nach mir rufen, und ich folgte deinem Ruf. Doch als ich hier ankam ...
»Wenn das wahr wäre, hättest du mich geweckt und da rausgeholt«, schnitt Jake ihm das Wort ab. »Stattdessen hast du nichts getan – und zugesehen, was ich mit Frankie Reggio angestellt habe ...«
Ich bin nun mal, was ich bin, entgegnete Korath, die Summe all dessen, was ich einst war. Und obwohl ich jetzt ebendarum tot bin, entsinne ich mich doch daran, wie ich einmal war. Ich kenne meine Stärken und Schwächen. Ist es da denn so ungewöhnlich, dass ich auch gerne die Stärke desjenigen kennenlernen möchte, der mein … mein Partner sein soll? Meine rechte Hand bei einem großen Wagnis, unserer gemeinsamen Rache an
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