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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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sich so heiter und fröhlich zu geben, wie er zweifellos gehofft hatte, zahlte Vavara es ihm in gleichermaßen höhnischer Münze heim, indem sie ihn unter halb geschlossenen Lidern heraus anblickte:
    »Als ich hier ankam«, erwiderte sie, »ehe diese überkandidelten, frommen Idioten aus dem Kloster mich ›unter ihre Fittiche‹ nahmen, fand ich das hiesige Angebot gerade noch essbar – na ja, wenigstens kam es einem nicht hoch. Da es ohnehin nichts anderes gab und ich nicht vorhatte, mich wegen der – wie soll ich sagen? – Nahrungssuche in Gefahr zu begeben, musste es wohl oder übel genügen. Meine Speisekammer in der Wirrstätte war natürlich weit besser ausgestattet, mit wildem Honig, Wolfsherzen, Szgany-Lebern und allen Arten von Leckereien. Und was die ›Küche‹ auf der Sonnseite angeht: Selbst als uns diese Kreatur Nathan und seine Freunde, die Lidescis, im Nacken saßen, war unsere Kost um Welten besser als das, was es hier gibt! Aber die Wirrstätte existiert seit fünfhundert Jahren nicht mehr, und leider ließ ich mich von dir überreden, hierherzukommen. Was meine gegenwärtigen Vorlieben anbelangt: Dieses griechische Raufutter hier unterscheidet sich meines Erachtens gar nicht so sehr von den Szgany-Speisen, die wir früher zu uns nahmen. Durchaus nahrhaft für eine gewisse Zeit, aber einem ... etwas kultivierteren Geschmack kaum angemessen! Das Einzige, was sich zu seinen Gunsten sagen lässt: Es schmeckt um einiges besser als das gefrorene, vertrocknete Fleisch der toten Knechte, von dem wir uns während unseres Martyriums in den Eislanden ernährten.«
    Sie hielt inne und warf einen vernichtenden Blick auf das schmale Glas in ihren langen, schlanken Fingern. »Und der Rotwein ...«
    »Ah!« , erscholl von der gegenüberliegenden Seite des Restaurants das Geschrei eines Betrunkenen. Dort saß um einen Tisch eine Handvoll deutscher Touristen, die ihr Bier nebst Ouzo und den sauren Retsina hinunterstürzten, als wäre es nichts. »Ah! Das ist Leben, nicht wahr!? «
    Der Mann – ein fetter Kahlkopf mit gerötetem Gesicht – sprach teilweise Englisch, damit die englischen Touristen es auch mitbekamen. Doch als er aufstand und sein Glas hob, wankte er, kippte hintüber und schlug – sehr zum Vergnügen seiner Begleiter – krachend auf dem Boden auf.
    »... was den Rotwein betrifft«, fuhr Vavara fort, »kann ich diesem Narren absolut nicht zustimmen.«
    Und nun musste sie doch lächeln, wenn auch höhnisch, spöttisch. » Ha! – Das ist das Leben, in der Tat! Na ja, für den da vielleicht, für mich jedenfalls nicht. Denn ganz gleich wie rot und dunkel dieser Wein auch sein mag, er ist schlicht und einfach nicht das Leben!«
    »Oh, nein«, pflichtete Malinari ihr bei. »Das ist allein das Blut!« Er schwenkte sein Glas, sodass der Wein darin funkelte. »Aber manchmal lässt er düstere Angelegenheiten in einem angenehmeren Licht erscheinen. Du solltest ihn mal probieren.«
    Vavara tat, als hätte sie ihn nicht gehört.
    Sie unterhielten sich auf Szgany, der Sprache ihrer eigenen Welt, aber da sie nun mal Wamphyri waren, verfügten sie über erstaunliche sprachliche Fähigkeiten. Sie befanden sich zwar erst seit drei Jahren auf der Erde, doch sie verstanden jede Sprache, die sie in der Taverne hörten. Das Griechische war ihnen am leichtesten gefallen, denn es kam ihrer eigenen Sprache am nächsten. Und was nun Szgany anging: Vielleicht hatten einige der Touristen an den umliegenden Tischen etwas von Vavaras und Malinaris Unterhaltung mitbekommen und sich beiläufig gefragt, um welche Sprache es sich wohl handle. Aber die Griechen dachten nicht weiter darüber nach. Die Welt war klein geworden, und mit dem Bewirten von Ausländern verdiente man heutzutage sein Geld ...
    Es war spät am Abend; das Meer schimmerte ebenso dunkel wie Malinaris Wein. Aus einem halben Dutzend Tavernen drangen Bouzouki-Klänge und vermischten sich zu einem sinnlosen Gemenge, doch zumindest Malinari störte dies nicht. »Mir gefällt dieser Ort«, sagte er, »er hat etwas merkwürdig Anziehendes. Die Musik wirkt so beruhigend. Und der Geruch nach gebratenem Fleisch« – er hob den Kopf, um die Nachtluft zu schnüffeln – »erinnert mich an früher, an unsere Jagden auf der Sonnseite. Ja, ich glaube, ich mag diese Insel.«
    »Nun, ich nicht«, entgegnete Vavara und wandte den Blick sofort wieder dem Meer zu, um die auf und ab hüpfenden, trüben Lichter einer Reihe von Fischerbooten zu beobachten, die in gar nicht so

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