Envy-[Neid]
Mutter, wie sie die Beine breit macht? Woran?«
Dieses entsetzliche Geheimnis hatte Daniels geliebtem Freund Howard das Herz zerrissen. Sein ganzes Leben hatte er versucht, dafür zu sühnen, mit guten Taten, Liebenswürdigkeit und Toleranz. Zuletzt hatte er sich damit abgefunden.
Dann hatte ihn dieses Zerrbild eines menschlichen Wesens damit gequält. Und konnte jetzt dastehen und darüber lachen. Das war das Schlimmste.
Daniel begriff, dass er der Verworfenheit selbst ins Gesicht schaute, die nichts bereute. Noahs Gleichgültigkeit gegenüber seiner eigenen Untat empörte ihn. Tränen biblischen Zorns ließen seinen Blick verschwimmen. Hitze tobte durch seine Adern, als hätte sein Blut binnen weniger Herzschläge den Siedepunkt erreicht.
»Du bist widerlich«, knurrte er und stürmte die beiden letzten Stufen hinauf.
Kapitel 35
Parker war das Erste, was Maris sah, als sie die Augen aufschlug. Nichts hätte ihr größere Freude bereiten können. Er saß neben dem Bett in seinem Rollstuhl und schaute ihr beim Schlafen zu. Noch vor der ersten Regung lächelte sie in ihre Kissen und fragte schlaftrunken: »Wie hast du es geschafft, aufzustehen und in deinen Stuhl zu kommen, ohne mich zu wecken?«
»Übung.«
Sie seufzte und streckte sich genüsslich, dann setzte sie sich auf und zog die Decke bis zum Schlüsselbein hoch.
»Wie viel Uhr ist es?«
»Zeit, dass du verduftest. Es sei denn, du möchtest dich unbedingt von Mike in flagranti erwischen lassen.«
Er trug lediglich Boxershorts. Er war gut gebaut, mit Armen und Schultern voll kräftiger Muskulatur. Aber das wusste sie ja schon. Er hatte einen flachen Bauch, und seine Geschlechtsteile wirkten selbst im entspannten Zustand wunderbar voll.
Unter dem Schoß kamen die Beine. Wegen seiner Befangenheit hatte sie daran letzte Nacht bewusst kein Interesse gezeigt. Offensichtlich überzeugte ihn ihre Liebesnacht davon, dass seine Befürchtungen unbegründet waren. Sonst säße er nicht mit nackten Beinen vor ihr, ohne sie zuzudecken.
Also sah sie hin.
Ihre Reaktion ließ sich nicht verbergen. Sie konnte zwar gerade noch verhindern, nach Luft zu schnappen, aber ihr plötzliches Atemholen konnte ihm nicht entgangen sein, zumal er sie intensiv beobachtete.
Seine Gesichtszüge waren wie eingemeißelt, die Augen gaben nichts preis. Seine Stimme klang schneidend wie eine Rasierklinge. »Ich habe dich gewarnt. Das ist kein hübscher Anblick.«
»Oh, Liebster, das sind entsetzliche Verletzungen.«
Sie glitt aus dem Bett und kniete sich vor ihn. Haie, war das Erste, was ihr einfiel. Sie hatte Bilder von Opfern gesehen, denen riesige Fleischbrocken aus dem Leib gerissen worden waren, und die allein das nackte Leben gerettet hatten. Parkers Narben ließen sich nur mit etwas so Grauenhaftem vergleichen.
Das Schlimmste war ein faustgroßes klaffendes Loch im Oberschenkel. Von hier aus verlief eine anderthalb Zentimeter breite Narbenkerbe über den gesamten rechten Oberschenkel bis in die Kniekehle. Ein Netz von Narben überzog seine Waden. Einige erhaben und unregelmäßig, während andere an flache glänzende Plastikbänder erinnerten, die sich zwischen pochenden Hautfetzen spannten. Seine Waden waren unproportioniert schmal und schlaff. Am rechten Fuß fehlten die beiden kleinsten Zehen.
Tiefes Mitgefühl für die Qualen, die er erduldet haben musste, überfiel sie. Scheu strich sie mit der Fingerspitze über eine der erhabenen Narben. »Tut das immer noch weh?«
»Manchmal.«
Bekümmert schaute sie zu ihm hoch, dann beugte sie sich vor und küsste die schlimmste Narbe, die sich am Schienbein hinaufschlängelte. Er streichelte ihre Wange. Sie hob seine Hand an den Mund und küsste die Innenfläche.
Er sagte: »Jetzt ist deine morbide Neugier wohl befriedigt. Könnten wir dann vor dem Frühstück noch ’nen Quickie einschieben?«
Sie riss den Kopf zurück. »Was?«
»Habe ich gestottert?«
Er hätte sie auch schlagen können, so schockiert war sie. Sie stand auf, packte ihr Nachthemd und hielt es vor sich. Ein wenig solider Schild. »Was ist los?«
»Nichts, nur eine prächtige Morgenlatte, die deiner Aufmerksamkeit bedarf.«
Benommen schüttelte sie den Kopf, was nicht in erster Linie an seiner zotigen Sprache lag. Er spielte nicht grundlos den bösen Buben. Diesmal begleitete kein fröhliches Zwinkern seine Worte. Er benahm sich absichtlich grob und verletzend. »Warum benimmst du dich so?«
»So bin ich eben, Maris.«
»Nein, bist du
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