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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Wand. Erst nach mehreren Sekunden hatte sie sich wieder gefasst. Sie holte tief Luft, zog die Nase hoch und blinzelte ihre Tränen weg.
    Dann räusperte sie sich und sagte: »Hallo?«
    »Maris?«
    »Noah?« Seine Stimme klang merkwürdig gedämpft und bedrückt. Sie erkannte sie kaum.
    »Du musst unbedingt sofort nach New York zurück. Ich habe mir erlaubt, deine Reise zu arrangieren. Am Flughafen von Savannah erwartet dich ein Ticket. Dein Flug geht um zehn nach elf, du hast also nicht viel Zeit.«
    Eine schreckliche Vorahnung befiel sie. Ihr war, als hätte sie statt eines Herzens einen Amboss in der Brust. Plötzlich war ihr eiskalt. Sie schloss die Augen. Trotzdem quollen Tränen darunter hervor. Jeder Versuch, sie zurückzuhalten, wäre sinnlos gewesen. »Es ist Pa, nicht wahr?«
    »Tut mir Leid, ja.«
    »Ist es schlimm? Ein Schlaganfall?«
    »Er… Gott, es ist hart, dir das so mitzuteilen. Diese Nachricht solltest du nicht am Telefon erfahren müssen, Maris, aber – er ist tot.«
    Sie stieß einen Schrei aus. Ihre Knie sackten weg, sie sank zu Boden.
     
    Parker saß an seinem Schreibtisch im Wintergarten, ohne zu arbeiten. Stattdessen starrte er auf den Ozean hinaus. Nur gelegentlich unterbrach er seine Haltung, senkte in abgrundtiefer Verzweiflung und Selbstverachtung den Kopf und presste ihn mit beiden Händen zusammen.
    Er hatte gehört, wie Mike vom Festland zurückkam, hatte sich aber nicht zu ihm begeben. Und auch Mike war nicht zu ihm gekommen, sondern sofort nach oben gegangen und rumorte seither in seinem Zimmer herum. Es klang, als packte er.
    Immer wieder hatte Parker sein letztes Gespräch mit Maris durchgespielt, wenn man es überhaupt so nennen konnte. Beim Gedanken an die fürchterlichen Dinge, die er ihr gesagt hatte, ballte sich sein Magen zusammen. Ihre schmerzerfüllte Miene verfolgte ihn.
    Vielleicht würde es sie trösten, wenn sie wüsste, dass ihm genauso elend zu Mute war wie ihr. Und doch zweifelte er daran. Für sie gäbe es nur einen Trost: wenn man ihn rädern und vierteilen und seine Einzelteile einer Herde hungriger Wildschweine vorwerfen würde. Zuallererst sein Maul, sein ekelhaftes, widerliches Lästermaul.
    Der Nachmittag zog sich ewig hin. Draußen war es heiß und stickig. Diese bedrückende Atmosphäre hatte sich ins Haus geschlichen und steigerte noch sein Gefühl zu ersticken. Oder hatte das Wetter nichts damit zu tun? Vielleicht erstickte er vor Reue.
    »Ich bin bei Maris geblieben, bis sie in ihr Flugzeug steigen konnte.«
    Parker hatte ihn nicht in den Wintergarten kommen hören. Er schoss hoch und warf rasch einen Blick über die Schulter Richtung Tür, wo Mike stocksteif in seinem weißen Sommeranzug stand.
    »Es ist pünktlich gestartet«, fügte er hinzu.
    Kaum war Maris im Stande gewesen, ihre Sachen zu packen, war sie mit Mike Richtung Festland aufgebrochen. Sie ging, ohne noch ein Wort mit Parker zu wechseln. Allerdings hatte er auch kein Auf Wiedersehen von ihr erwartet; er verdiente es weiß Gott nicht. Er verdiente kein Leck mich am Arsch oder Fahr zur Hölle, nicht einmal ein Fick dich doch selbst. Dass sie ihn bei ihrer Abreise völlig links liegen ließ, sagte mehr als jedes Schimpfwort. Viel sagend, nobel und würdevoll. Typisch sie.
    Von seinem Versteck hinter der Gardine im Esszimmer aus hatte er ihre Abfahrt beobachtet. Ganz schmal hatte sie unter ihrem breitrandigen Strohhut ausgesehen. Um ihre verweinten Augen vor neugierigen Fremden zu schützen, hatte sie eine Sonnenbrille getragen. Mit der Nachricht vom Tod ihres Vaters schien die Bräune, die sie sich am Strand geholt hatte, gewichen zu sein. Blass und verletzlich hatte sie gewirkt, so fragil, als könnte sie schon unter dem normalen Luftdruck zerbrechen.
    Und doch strahlte sie eine tapfere Würde aus, die auf beneidenswerte innere Stärke deutete.
    Mike hatte ihre Reisetaschen im Anhänger des Gators verstaut und ihr dann auf den Sitz geholfen. Als sie sich bedankte, sah Parker, wie sich ihre Lippen bewegten. Dann schaute er dem Fahrzeug nach, bis es hinter der Allee außer Sichtweite verschwand. Wahrscheinlich würde er sie nie wieder sehen. Damit hatte er gerechnet.
    Mit einem hatte er allerdings nicht gerechnet: dass es so verdammt weh tun würde.
    Er hatte geglaubt, dem Würgegriff des Schmerzes entronnen zu sein. Nach allem, was er erlitten hatte, hatte er sich immun dagegen gewähnt. Er war es nicht. Zur Betäubung entschied er sich für diverse Ex-und-Hopp- Bourbons, aber schon beim

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