Envy-[Neid]
eigenen Schluchzen über den doppelten Verlust.
Noah kniff die Bügelfalten seiner schwarzen Anzughose zusammen und nahm in einem bequemen Sessel Platz.
»Ich hatte gehofft, dein zweiter Besuch im Süden hätte dich milder gestimmt, Maris. Du stellst noch genauso die Stacheln auf wie vor deiner Abreise.«
»Pas Tod hat zwischen uns nichts geändert. Genauso wenig wie deinen Charakter. Du bist ein Lügner und Ehebrecher.« Nach einem Herzschlag Pause setzte sie hinzu: »Und möglicherweise sind das nur deine kleinsten Sünden.«
Er kniff die Augen zusammen. »Was soll das heißen?« Sie öffnete die mittlere Schreibtischschublade und holte eine Visitenkarte heraus. »Auf der Suche nach Adressen für Danksagungen bin ich in Pas Terminkalender darauf gestoßen. Es handelt sich um eine harmlose Karte mit einem Minimum an Information. Lediglich ein Name und eine Telefonnummer. Neugierig habe ich angerufen. Stell dir meine Überraschung vor.«
Wortlos starrte er sie an, ehe er in einer stumm fragenden Geste lässig mit den Schultern zuckte.
»Ich habe persönlich mit dem Mann gesprochen, den Daniel mit Nachforschungen zu deiner Person beauftragt hatte«, erklärte sie ihm. »Mr. Sutherland hat mir sein Beileid zu Pas Tod ausgesprochen. Danach fragte ich ihn , wie sich seine Visitenkarte in Pas Terminkalender verirrt hat. Er war äußerst diskret, extrem professionell und entschuldigte sich schließlich. Aus moralischen Gründen könne er nicht über die Geschäftsbeziehungen mit einem anderen Klienten sprechen, auch nicht wenn dieser verstorben sei. Trotzdem, meinte er, wäre er überzeugt, ich könnte besagten Bericht zwischen Pas Akten finden, falls ich dazu Zugang hätte. Sollte ich eine Fortsetzung der noch nicht abgeschlossenen Nachforschungen wünschen, würde er mich gern als Klientin annehmen, und bot an, die von Pa geleistete Vorauszahlung meinem Konto gutzuschreiben.«
Sie breitete ihre Arme über den Schreibtisch aus. »Noah, ich habe nach besagtem Bericht gesucht. Er ist nicht hier. In keiner von Pas Akten, weder hier noch im Büro noch in seinem persönlichen Safe oben im Schlafzimmerschrank, oder in seinem Schließfach auf der Bank. Zufälligerweise hast du am Vormittag vor eurer Fahrt aufs Land hier drin einige Zeit verbracht. Während Pa oben in letzter Minute noch ein paar Sachen eingepackt hat, hast du Maxine erklärt, du müsstest noch einige Anrufe tätigen, und bist hier herein, angeblich um das Telefon zu benutzen. Die Tür hast du zugemacht. Obwohl sie das damals merkwürdig fand, da du normalerweise dein Handy benutzt, hat sie sich weiter nichts dabei gedacht. Erst als ich sie gefragt habe, ob du an jenem Tag in Pas persönlichen Sachen herumgeschnüffelt hättest.«
Kopfschüttelnd lachte er leise. »Maris, ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Vielleicht bin ich an diesem Vormittag hier reingekommen. Offen gestanden weiß ich das nicht mehr. Aber seit wann ist mir der Zutritt zu diesem Zimmer verwehrt? Seit unserem ersten Rendezvous bin ich hunderte Male in diesem Raum gewesen. Während privater Telefonate mache ich normalerweise immer die Tür zu. Das tun doch alle. Sollte das mit Nadia zu tun haben…«
»Hat es nicht«, sagte sie kurz angebunden. »Mit wem du schläfst, ist mir scheißegal, ob mit Nadia oder sonst einer.«
Er warf ihr einen Blick zu, der seine ernsthaften Zweifel an dieser Aussage belegte. Am liebsten wäre sie auf ihn losgegangen und hätte ihm seine Arroganz aus dem Gesicht geprügelt. »Außerdem habe ich mit den Behörden in Massachusetts gesprochen.«
»Meine Güte, warst du aber ein emsiges Mädchen.«
»Ich habe ihre Entscheidung in Frage gestellt, dass Pas Tod reiner Zufall gewesen ist.« Obwohl sie ihn nicht physisch geschlagen hatte, wie sie es am liebsten getan hätte, büßte er unter dieser Feststellung einen Teil seiner Arroganz ein. Sein Lächeln versteifte sich ein wenig, als wäre es festgefroren. Er drückte das Kreuz durch. »Aus Respekt gegenüber meinem Vater hat man sich bereit erklärt, den Fall noch einmal aufzurollen. Diesmal wird man nach Beweisen suchen.«
Das brachte ihn auf die Beine. »Beweise wofür?«
»Wir haben morgen einen Termin mit Polizeichef Randall, um die Ergebnisse zu diskutieren«, teilte sie ihm kalt mit. »Ich empfehle dir, da zu sein.«
Die örtliche Polizeistation war mit sechs Leuten besetzt: ein Dienststellenleiter, vier Streifenpolizisten und ein Büromitarbeiter, der auch die Berichte schrieb und als
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