Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
konfrontiert hat, hast du ihn umgebracht.
    Hoffentlich hast du nicht in der Hoffnung auf einen todsicheren Deal mit WorldView gemordet. Wenn ja, wirst du zutiefst enttäuscht sein. Denn über eines, Noah, sei dir klar: Matherly Press wird autonom bleiben wie eh und je.«
    »Maris, sei vorsichtig.« In seiner leisen Stimme schwangen bedrohliche Untertöne mit. Er packte eine ihrer Haarsträhnen und wickelte sie sich fest um den Zeigefinger. Jeder Passant, der sie zufällig ansah, hätte nur eine liebevolle Geste registriert. Aber er zog so fest an der Haarsträhne, dass es weh tat.
    »Du musst dir über eines im Klaren sein«, sagte er.
    »Niemand wird mich daran hindern, alles zu bekommen, was ich will.«
    Mit Recht hatte sie sich in der Nacht vor ihrer Abreise nach Georgia vor ihm gefürchtet. Die latente Gewalt, die sie damals gespürt hatte, war keine Einbildung gewesen. Sie hatte einen kurzen Blick auf einen bösen Wesenszug von Noah geworfen, der nicht mehr im Verborgenen schlummern wollte.
    Doch seltsamerweise jagte er ihr keine Angst mehr ein. Er besaß nicht mehr die Macht, sie einzuschüchtern oder zu ängstigen. Leise lachte sie. »Was wirst du jetzt tun, Noah? Mich auch eine Treppe hinunterstoßen?«
    »Daniel war für seinen Tod einzig und allein selbst verantwortlich. Er hatte sich nicht mehr in der Gewalt, reagierte übermütig, vergaß vorübergehend seine körperlichen Grenzen und musste die Folgen ausbaden. Wenn du schon jemandem eine Schuld zuschieben musst, dann ihm. Allerdings«, fuhr er aalglatt fort, »gebe ich zu, dass mir sein Tod sehr gelegen kam.«
    Sie zuckte zusammen. Da er sie immer noch an den Haaren festhielt, zerrte die plötzliche Bewegung schmerzhaft an ihrer Kopfhaut. So heftig, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Aber sie achtete kaum darauf. Etwas hatte noch viel heftiger an ihrem Gedächtnis gezerrt.
    Offen gestanden kam mir ihr Tod sehr gelegen.
    Diese Zeile hatte sie ein Dutzend Mal gelesen, oder mehr. Es handelte sich um den Schlüsselsatz eines Dialogs. Deshalb hatte sie länger darüber nachgedacht. Sie hatte mit Ideen gespielt, wie man diese Aussage verbessern, verstärken könnte. Aber nach mehreren Änderungsversuchen war sie zu dem Schluss gekommen, dass beides nicht nötig sei. So, wie sie war, war sie perfekt. Diese Kälte, diese Ehrlichkeit, waren bewusst eingesetzt worden. Sie machten diese Aussage umso schockierender. Diesen einfachen Satz hatte Parker benutzt, um einen entlarvenden Einblick in die dunkle Seele der Figur zu geben. Die Erkenntnis traf sie mit voller Wucht.
    »Du bist Todd.«
    Noah riss das Kinn hoch. »Was? Wer?«
    In ihrem Kopf knatterten und knallten die Gedanken wie ein Segel im Sturmwind. Doch dann kristallisierte sich ein Gedanke mit greller Klarheit heraus: Das konnte kein Zufall sein.
    Grimmiger, als sie es sich je zugetraut hätte, sagte sie:
    »Noah, zum letzten Mal, lass mich los.«
    »Natürlich, Liebling.« Er löste ihre Haare von seinem Finger. »Du bist ein freier Mensch. Jetzt, wo wir uns verstehen.«
    Sie rutschte auf den Fahrersitz und startete den Motor. Bevor sie die Tür zuzog, sagte sie: »Du hast ja keine Ahnung, wie gut ich dich verstehe.«

Kapitel 37
    Key West Florida, 1988
    Es war einer jener Tage, an denen sich die Wörter einfach nicht einstellen wollten.
    Roark presste seinen Schädel zwischen die Hände und zerquetschte ihn wie eine Melone. Ein Versuch, die Wörter mit Gewalt durch die Poren herauszudrücken. Ohne Erfolg. Nichts kam dabei heraus. Bis jetzt bestand sein heutiger Beitrag zum Manuskript aus genau zweieinhalb Sätzen. Insgesamt neunzehn Wörter. Seit drei Stunden klebte sein Cursor nun schon am selben Fleck und zwinkerte ihn an.
    »Mach dich nur lustig, du kleiner Scheißer«, flüsterte er ihm jetzt zu und tippte dann ganz bewusst: Das Gras ist grün. Der Himmel ist blau. »Siehst du, du Mistkerl? Wenn ich will, kann ich einen Satz schreiben.«
    Dass sein gestriger freier Tag produktiv gewesen war, machte keinen Unterschied. Sechzehn harte Stunden hatte er ununterbrochen geschrieben, ohne Essen und Trinken. Sogar auf die Toilette ging er nur, wenn es sich nicht mehr vermeiden ließ. Als Lohn für seine Mühe konnte er über zwanzig Seiten vorweisen. Leider hatte die Euphorie nur so lange angehalten, bis er heute Morgen beim Aufwachen entdeckte, dass sich während seines Nachtschlafs böse Geister eingeschlichen und seine gestrige Muse vertrieben hatten. Warum sonst sollte sie über Nacht verschwunden

Weitere Kostenlose Bücher