Envy-[Neid]
Hoffnung, einen Hauch ihres Parfüms zu erhaschen. Er war pathetisch, genau wie Professor Hadleys sitzen gelassene Tante, die allein mit bittersüßen Erinnerungen und ihrer Angst vor frischem Obst im Speicher wohnte.
Maris war für seinen Plot unerlässlich gewesen. Dass sie für ihn unerlässlich würde, damit hatte er nicht gerechnet. In der kurzen Zeit, die sie in seinem Leben verweilt hatte, war sie zu dessen wichtigstem Bestandteil geworden.
Zum zweitwichtigsten, korrigierte er sich.
Wenn sie tatsächlich das Wichtigste wäre, überließe er Noah dem Teufel, wie Mike geraten hatte, und verbrächte sein restliches Leben damit, sie zu lieben und selbst geliebt zu werden. Nachts, wenn er nicht schlafen konnte, wurde er restlos zum Trottel. Er malte sich aus, wie sie am Strand einem Golden Retriever Stöckchen zuwarfen und dabei mehrere kräftige, lachende Kinder beim Sandburgenbauen beaufsichtigten. Ein Postkartenidyll. Ein Kodak-Schnappschuss.
Viel zu oft für seine mentale Gesundheit durchlebte er, wie er mit ihr schlief. Gott, war das schön gewesen. Aber am schönsten war es vielleicht gewesen, sie in den Armen zu halten. Einfach so. Ganz eng. Ihren Herzschlag unter seiner Hand zu spüren, ihren Atem auf seiner Haut. Und dabei gestattete er sich, für die Dauer weniger Augenblicke zu vergessen, dass er nur diese eine Nacht mit ihr gehabt und sie am nächsten Morgen entsetzlich verletzt hatte. Für immer.
Maris war das einzige Element in seinem Plot, das ihn vielleicht zu einer Änderung seines Entwurfs hätte bringen können, ihn die Sache anders hätte zu Ende bringen lassen.
Aber das ging nicht einmal dann, wenn er es wirklich gewollt hätte. Denn die Rache, die er suchte, war nicht nur für ihn bestimmt. Sie war für Mary Catherine. Er verdiente vielleicht keine Entschädigung, Sheila hingegen ganz bestimmt. Nach gängigen moralischen Maßstäben käme sie nicht gut weg, doch er wusste es besser. Dieser unglaubliche Körper hatte einen freundlichen und großzügigen Geist beherbergt. In vielerlei Hinsicht war sie unschuldig.
Und Noah hatte sie umgebracht.
Genauso sicher, wie er Daniel Matherly umgebracht hatte.
Parker hoffte, Maris und die Behörden würden Matherlys Tod gründlich untersuchen, denn Noahs Bericht stank zum Himmel. Er stank nach Noah. Ob sie etwas Belastendes gegen ihn fänden, war zweifelhaft. Er würde dafür sorgen, dass ihnen das nicht gelang. Er würde dafür sorgen, dass der Tod des alten Mannes wie ein tragischer Unfall aussah. Und seine Erklärung, wie es dazu gekommen war, wäre absolut plausibel. Dazu hatte er Talent.
Offene Aggression war nicht sein Stil, dazu war er zu schlau und zu subtil. Oh ja, einen Boxkampf stand er schon durch, den Beweis dafür trug Parker immer noch als Narbe über der Augenbraue. Aber Noahs wahre Macht war nicht körperlicher Natur. Sie lag im Kopf. Seine Stärke war seine List. Er manövrierte heimtückisch. Seine Schläge sah man erst kommen, wenn es zu spät war. Und das machte ihn zur gefährlichsten Bestie auf diesem Planeten.
Und doch war er in einem Punkt angreifbar: Er konnte es nicht ertragen, den Kürzeren zu ziehen.
Sobald Noah das Manuskript von Neid gelesen hätte, würde er den nächsten Flieger nach Süden nehmen. Dem könnte er nicht widerstehen. Das Buch würde wie ein rotes Tuch auf ihn wirken, und so etwas zu ignorieren, entsprach nicht Noahs Art.
Falls er in der Zwischenzeit überhaupt an Parker gedacht hatte, dann vermutlich nur so, wie er ihn beim letzten Mal gesehen hatte: ein vernichteter Feind, eine Bedrohung, die er eliminiert hatte.
Wenn es sonst keinen Grund gäbe, würde er aus reiner Neugier nach St. Anne kommen. Um zu sehen, wie es dem alten Parker ergangen war. Um sich persönlich zu vergewissern, was seine Frau an seinem ehemaligen Zimmergenossen so interessant gefunden hatte.
Noah würde kommen.
Und dann würde Parker ihn erwarten.
Die Acht-Uhr-Seminare begannen gerade, als Maris ihren Leihwagen auf einem für Campusbesucher reservierten Parkplatz abstellte. Im Sommer eilten bei weitem nicht so viele Studenten ins Seminargebäude wie nach dem Labor Day, wenn das Herbstsemester begann.
Obwohl sie hier noch nie gewesen war, musste sie sich weder orientieren, noch nach dem Weg fragen. Der Campus dieser Universität hatte nicht nur Ähnlichkeit mit dem, der in Neid beschrieben wurde, er war es.
Und er lag weit weg von der Polizeistation im ländlichen Massachusetts, wo sie noch vor weniger als
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