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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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unterschätzt.
    »Maris, falls Ihnen das etwas bedeutet…«
    »Ja?«
    »Meiner Ansicht nach hat ihm das Ganze großen Spaß gemacht. An jenem Morgen war er bester Laune.«
    »Danke, dass Sie es mir erzählt haben. Es bedeutet mir viel.«
    Sie hielt sich nur eine knappe halbe Stunde im Stadthaus auf. Als sie am Gate eintraf, wurde der Flug nach Nashville gerade geboardet. Nach der Landung checkte sie in einer billigen Motelkette in der Nähe des Flughafens ein und fiel ins Bett, ohne sich auszuziehen. Morgens verspeiste sie ein Holzfäller-Frühstück und fuhr danach zwei Stunden bis zur Universität.
    Während sie nun über die gepflasterten Campuswege schlenderte und die erstaunlichen Ereignisse des Vortags Revue passieren ließ, konnte sie kaum glauben, dort zu sein. Sie hatte heftige Déjà-vu-Gefühle, was nicht weiter verwunderlich war. Hier war sie bereits gewesen, in den Seiten von Parkers Buch. Obwohl er der Universität einen fiktiven Namen gegeben hatte, hatte er alles haargenau beschrieben.
    Sie begab sich direkt zum Verbindungshaus. Sie wusste ja genau, wo es lag. Es entsprach exakt Parkers Beschreibung. Der dreistöckige Ziegelbau mit den Giebelfenstern und der Allee aus Bradford-Birnbäumen lag jetzt im Sommer verlassen da. Trotzdem konnte sie sich ausmalen, wie lebhaft es hier nach der Wiedereröffnung im Herbst zugehen würde.
    Vom Verbindungshaus folgte sie dem Weg, den Roark an jenem stürmischen Novembermorgen eingeschlagen hatte, zwei Tage vor Thanksgiving. Parkers lebhafte Erzählweise führte sie ins Seminargebäude, wo Professor Hadley sein Büro gehabt hatte. Sie stieg die Treppe hinauf, wo ein Kommilitone Roark begrüßt und zur Teilnahme an einer Studiengruppe eingeladen hatte.
    Vor ihr dehnte sich der Flur im ersten Stock – lang, schwach beleuchtet, verlassen und stumm. Sie kam nur an einem einzigen Büro mit offener Tür vorbei. Eine Frau arbeitete an einem Computer, ohne zu merken, dass Maris vorüberging.
    So ging sie den ganzen Flur entlang bis zum Büro mit der Nummer 207. Die Tür stand einen Spalt offen, genau wie an jenem Morgen, als Roark hier mit seinem Abschlussmanuskript im Rucksack angekommen war. Ihr Herz klopfte genauso heftig wie seines, als sie die Tür sacht aufstieß.
    Ein Mann saß mit dem Rücken zu ihr am Schreibtisch.
    »Professor Hadley?«
    Er drehte sich um. »Hallo, Maris.«
    Sie sackte gegen den Türrahmen und lachte unterdrückt auf. »Mike.«
    »Nehmen Sie Platz.«
    Er hob einen Stapel Bücher und Zeitschriften vom einzigen verfügbaren Stuhl und stellte ihn neben mehrere andere ähnliche Stapel auf den Boden. Maris setzte sich, ohne ihn auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
    Er lächelte sie an. »Zu guter Letzt würden Sie es herausfinden, das wusste ich. Wann kam der Durchbruch?«
    »Dass Roark Parker war, habe ich schon länger vermutet. Wenigstens an einigen Stellen. Gestern sagte Noah ein beinahe wörtliches Zitat aus dem Buch. Wie gelegen ihm der Tod meines Vaters kam.«
    »Genau wie damals der Tod seiner Mutter. Dadurch konnte er ohne weitere Verzögerung nach Florida umziehen.«
    »Dass Sie Hadley sind, hätte mir schon früher klar werden müssen.«
    »Offen gestanden bin ich froh, dass dem nicht so war. Parkers Beschreibungen waren nicht immer schmeichelhaft. Ich wäre beleidigt gewesen, wenn Sie mich darin erkannt hätten.«
    Ihr Blick schweifte über das voll gestopfte Büro. »Parker hat Ihr Büro bis aufs i-Tüpfelchen beschrieben. Welche Position haben Sie denn hier an der Universität?«
    »Professor emeritus.«
    »Das ist eine Ehre.«
    Er räusperte sich. »Ein leerer Titel, der nur eine Bedeutung hat: dass man zu alt ist, seiner gewohnten Tätigkeit nachzugehen. Ich darf mein Büro behalten, bis ich sterbe. Dafür halte ich einmal im Semester eine Faulkner-Vorlesung vor ein paar hundert gelangweilten jungen Leuten, die nur kommen, weil sie müssen. Ich fühle mich schon geschmeichelt, wenn wenigstens einer während meines Vortrags wach bleibt. Darüber hinaus habe ich keine anderweitigen Verpflichtungen.«
    Leise sagte sie: »Ich wette, dass Parker in jeder Ihrer Vorlesungen wach geblieben ist.«
    »Er war eine Ausnahme. Er hat in seinem Buch nicht übertrieben, was ich für Roark und sein aufkeimendes Talent empfand. Wenn überhaupt, hat er es sogar noch heruntergespielt.«
    »Ist es wahr, dass Sie ihn aus der Drogenabhängigkeit geholt haben?«
    »Wie ich schon oft sagte: Er hat sich selbst gerettet. Er war süchtig nach

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