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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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liebte ihn nicht, genauso wenig wie er sie. Keiner von beiden akzeptierte den Mythos von der romantischen Liebe. Er hatte bereitwilligst zugegeben, dass ihn nicht liebestolle Leidenschaft zur Ehe getrieben hatte, sondern vielmehr sein brennender Wunsch, ein Teil der Matherly-Dynastie zu werden. Und für ihn gab es nur einen einzigen Weg dorthin: über die letzte Matherly.
    Mit Daniel hatte er eine Mentor-Schützling-Beziehung entwickelt, aber auch sie befriedigte seinen Ehrgeiz nicht vollends. Die Stellung als Schwiegersohn des alten Mannes kam einer Blutsverwandtschaft am nächsten. Eine Heirat mit Maris würde seine Zukunft zementieren. Also sorgte er dafür, dass es so kam.
    Nadia bewunderte derart zielstrebiges Handeln und den Mumm, den man zur Durchführung eines kühnen Plans benötigte. Rücksichtslosigkeit wirkte auf sie als das ultimative Aphrodisiakum. Und die hatte sie an Noah schon bei der ersten Begegnung entdeckt. Nachdem sie in ihm jenen egozentrischen Ehrgeiz erkannte, der ihrem eigenen glich, hatte sie ihn haben wollen und das ohne jede Hemmung.
    Ihr erstes Geschäftsessen war nachmittags im Bett des Hotel Pierre ausgeklungen. Zu ihrem Entzücken ging Noah an Sex mit demselben egoistischen Appetit und einer animalischen Distanz wie sie heran. Als er sie zwischen den zerwühlten feuchten Laken zurückließ, war sie wund, aufgeschürft und in Hochstimmung.
    Auch außerhalb des Betts passten sie hervorragend zusammen. Sie verstanden einander. Ihre individuellen Antriebsfedern harmonierten und konkurrierten doch so weit miteinander, dass bei Streitgesprächen die Funken flogen und die Sache noch mehr aufpeppten. Sie taten einander gut. Sie ergänzten sich. Als Team wären sie unbesiegbar. Und deshalb wollte Nadia unbedingt Mrs. Noah Reed werden.
    Nun, das war ein Grund dafür.
    Den anderen gestand sie sich deutlich schwerer ein. In ihr steckte noch so viel von der alten Nadine, dass sie vor ihrem Tod unbedingt verheiratet sein wollte. Sie wollte nicht alleine alt werden. Irgendwo zwischen Power Lunch und Fünf-Uhr-Cocktail wurde aus einer Singlefrau eine alte Jungfer.
    Mit zwanzig und dreißig hatte sie schon den bloßen Gedanken an eine Ehe verachtet. Jedem willigen Zuhörer bestätigte sie ihr völliges Desinteresse an Monogamie und Ehebett. So scheißlangweilig.
    Aber die Wahrheit war eine andere. Keiner der vielen Männer, die ihr Bett geteilt, die zwischen ihren Hüften geseufzt und geschrien und gestöhnt und gegurrt hatten, hatte sie gefragt, ob sie seine Frau werden wolle. Nicht einer.
    Und um ganz ehrlich zu sein: Nicht einmal Noah hatte ihr bisher einen Heiratsantrag gemacht. Er war kein Typ für Herzchen, Blumen und Kniefälle. Sie besaß mehr Diamantringe als Finger und Zehen. Wie war es dann zu gemeinsamen Hochzeitsplänen gekommen? Sie hatte ihm erklärt, sie wolle ihn heiraten. Und ein Nein kam für Nadia nie in Frage.
    Jetzt trank die derzeitige Frau ihres künftigen Ehemanns einen Cappuccino aus, den sie eigentlich nicht gewollt hatte. Normalerweise verstand es Nadia, jemandem so lange um den Bart zu gehen, oder ihn unter Druck zu setzen, bis er einen winzigen Informationshappen preisgab, den sie dann in ihrer Kolumne aufbauschen konnte. Aber Maris hatte störrisch über ihr Geheimprojekt geschwiegen.
    Nicht dass Nadia auch nur einen Cent für Maris’ albernes Geheimprojekt gegeben hätte. Dieser Lunch galt lediglich einem einzigen Zweck: Maris weiterhin blind auf dem Holzweg und in seliger Unwissenheit über alles zu halten, was Nadia und Noah hinter ihrem Rücken mit WorldView trieben.
    Aber Maris hatte ihr einen Klaps auf die Finger gegeben. Man sollte Noah warnen. Vielleicht war sie doch nicht so fügsam und naiv, wie sie aussah. Hoffentlich war es Nadia gelungen, ihren Verdacht bezüglich einer Affäre zu zerstreuen. Denn eines konnten sie in diesen wichtigen Schlusswochen am wenigsten gebrauchen: eine eifersüchtige Ehefrau im Nacken.
    »Noch etwas anderes, Maris?«, bot sie gnädig an. »Noch einen Cappuccino?«
    »Nein, danke. Ich sollte wieder ins Büro. Nach jeder Abwesenheit spiele ich mit meiner Arbeit Hase-und-Igel. Aber das wusste ich ja vorher.«
    »Warum sind Sie dann gekommen?« Die Frage war heraus, noch ehe sich Nadia bewusst dafür entschieden hatte. Aber nachdem es nun mal passiert war, gab sie ihre Neugierde unumwunden zu. Warum hatte Maris ihre Einladung angenommen?
    »Schon seit langem können wir uns nicht ausstehen. Trotzdem haben wir immer die Höflichen

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