Envy-[Neid]
ihn also nicht.« Nadia trank einen Schluck Wein und musterte dabei Maris über den Rand ihres Glases. »Jetzt haben Sie meine Neugierde aber noch tausendfach vermehrt.«
»Dabei wird es auch bleiben müssen.«
»Der Autor…«
»Will anonym bleiben. Auch das habe ich nicht gesagt. Nicht einmal mein Lektorat kennt seine Identität. Also wird es Ihnen auch nichts nützen, wenn Sie meinen Mitarbeitern bei Matherly Press eine Information zu entlocken versuchen.«
»Keiner weiß, wer er ist?«
»Von einem ›er‹ war nie die Rede.«
»Richtig, richtig, so war es. Heißt das, es handelt sich um eine Frau?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Geben Sie mir doch wenigstens etwas«, beschwatzte sie Nadia. »Von Freundin zu Freundin.«
»Sie sind nicht meine Freundin.«
Maris’ Tonfall verschlug Nadia den Atem. Nach dieser knappen Aussage drehte sich ihr Gespräch plötzlich nicht mehr um den namenlosen Schriftsteller in Georgia.
Trotzdem lächelte sie unverändert weiter und meinte:
»Das ist wahr, Maris. Das waren wir nie. Wir waren viel zu sehr mit unserer jeweiligen Karriere beschäftigt, um einander näher kennen zu lernen und freundschaftliche Beziehungen zu knüpfen. Das würde ich jedoch gerne ändern. Ich würde gerne…«
»Nadia, wir werden nie Freundinnen sein.«
Auf so viel Offenheit war Nadia nicht vorbereitet.
»Warum sagen Sie so etwas?«
»Weil Sie mit meinem Mann schlafen wollen.«
Wider Willen war Nadia beeindruckt. Miss Etepetete war letztlich gar nicht so zimperlich. Sie hatte mehr Grips, als ihre Erziehung vermuten ließ. Sie ließ die Maske fallen und erwiderte Maris’ kühlen Blick. »Das wird Sie doch nicht wundern. Noah ist ein attraktiver Mann.«
»Ein attraktiver verheirateter Mann.«
»Dieser Unterschied hat mich noch nie gehindert.«
»Das habe ich auch schon gehört.«
Anstatt beleidigt zu reagieren, lachte Nadia.
»Zugegeben, ich liebe es, der Mittelpunkt skandalöser Gespräche zu sein.«
Wieder trank sie einen Schluck Wein, und fuhr dann mit dem Zeigefinger über den Glasrand. Unterdessen musterte sie Maris mit neuer Hochachtung. Direktheit bewunderte sie. Allerdings hätte sie nie und nimmer geglaubt, dass die Ex-Debütantin dazu in einem solchen Maße fähig war.
Trotzdem wurde sie nachdenklich. Wie kühl würde Maris wohl bleiben, wenn sie ihre Affäre mit Noah beichtete? Was wäre, wenn sie dem holden Eheweib genüsslich in allen Details schilderte, was sie gestern Nacht im Bett getrieben hatten? Dann wäre Maris’ Fassung ein für allemal dahin. Das würde sie bis in ihre Manolo-Blahnik-Pumps erschüttern. Wetten?
Doch das wäre zwar ein Riesenspaß, aber leider unklug. Dafür stand zu viel auf dem Spiel. Sie unterdrückte die Versuchung, ihre Affäre hinauszuposaunen, und fragte:
»Haben Sie mit Noah darüber gesprochen?«
»Ja.«
»Und was hat er gesagt?«
»Dass sein Interesse an Ihnen rein geschäftlicher Natur ist. Dass Ihre Kolumne so viel Einfluss hat, dass er es sich nicht leisten kann, Sie vor den Kopf zu stoßen. Deshalb geht er auf Ihre plumpen Machenschaften ein.«
Nadia zuckte die Schultern. »Da haben Sie’s also. Ich habe mich etabliert, indem ich Leute als Informationsquelle nutze. Im Gegenzug benutzen sie mich für kostenlose Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Noah versteht, wie das funktioniert.«
Es war ihr gelungen, das heiße Thema zu umgehen, ohne zu lügen oder die Wahrheit zu sagen. Hoffentlich würde es Maris dabei belassen. Der Deal mit WorldView konnte auf weitere Komplikationen gut verzichten.
Sie nutzte Maris’ Schweigen zu ihrem Vorteil und sagte:
»Ich bin froh, dass wir das geklärt haben. Möchten Sie den Loup probieren?«
»Nein, danke.«
»Er schmeckt köstlich, aber ich bin satt.«
Obwohl sie in Wahrheit immer noch Hunger hatte, schob sie ihren Teller weg. Trotz der Prozedur, der sie sich unterzogen hatte, konnte eine andere Stelle an den Oberschenkeln noch immer wie ein verdammter Schwamm Fett aufsaugen. Fanatisch zählte sie jede Kalorie. Gymnastik hieß die einzige Religion, an die sie glaubte, oder besser gesagt, die sie praktizierte. Ihr opferte sie jeden Tag hingebungsvoll.
Noah neckte sie wegen ihres strikten Fitnessplans und behauptete, sie ginge damit sogar ins Bett. Tatsächlich betrachtete sie Sex als Aerobicübung. Sie wusste ganz genau, wie viele Kalorien pro Geschlechtsakt verbrannt wurden.
Noah kannte sie gut. Er war vielleicht der einzige Mann auf diesem Planeten, dem sie treu sein könnte. Sie
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