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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ist…«
    »Tot«, bestätigte Del. »Vielleicht verstehst du nun, warum sie so ist. Und ich bin schuld daran.«
    »Du?«
    Del lächelte, aber es war ein schmerzhaftes Lächeln, verkrampft und so bitter, daß Skar sich beinahe davor fürchtete. »Sie… Logar hat mir angeboten mitzureiten«, sagte er stockend. »Er wollte
mir
… ein wenig von Cearn zeigen. Aber ich habe abgelehnt. Ich hatte keine Lust. Keine Lust!« sagte er noch einmal, und diesmal war es wie ein gequälter, unendlich schmerzhafter Aufschrei. »Verstehst du, Skar? Diese Menschen sind gestorben, weil ich keine Lust hatte, sie zu begleiten! Ich hätte ein paar von ihnen retten können, vielleicht alle, aber ich habe es nicht getan. Ich habe hiergesessen und mich mit Bernec unterhalten, während Larynn und Logar und das Kind und die anderen dort draußen von diesen Bestien zerfleischt worden sind!
    Es ist meine Schuld! Ganz allein!
    Die letzten Worte hatte er geschrien.
    »Aber das Kind«, murmelte Skar fassungslos, »wieso war Cornec dabei? Wieso haben sie das Kind auf eine so gefährliche Mission mitgenommen.« »Meinetwegen«, sagte Del tonlos. »Er hat erfahren, daß ich mitreite. Du weißt doch, wie er war. Er hat uns bewundert, Helden und was-weiß-ich in uns gesehen. Nachdem du weg warst, hat er Logar gebeten, dabeisein zu können, wenn wir ausreiten. Ich habe im letzten Moment abgesagt, aber er ritt mit. Niemand hat mit einem Überfall so dicht bei der Stadt gerechnet.« Er senkte den Blick und atmete ein paarmal hintereinander tief ein und aus, als hätte er plötzlich Mühe, Luft zu bekommen.
    Für eine Weile war es sehr, sehr still in der kleinen Kammer. Skar versuchte vergeblich, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Ruhe, mit der er Dels Worte aufgenommen hatte, überraschte ihn beinahe selbst. Er hätte schockiert sein müssen, traurig, verzweifelt… irgend etwas, aber nichts davon war in seinem Inneren zu finden. Er hatte Cornec gemocht, soweit er überhaupt in der Lage war, Kinder zu mögen, und der Gedanke, daß er tot sein sollte, tot wie die zarte, noch nicht einmal ganz erwachsene Larynn, wie Logar und die anderen, erschien ihm so traurig, daß er sich einfach weigerte, ihn zu akzeptieren.
    »Dann brachten sie dich«, fuhr Del nach einer Ewigkeit fort. »Ich glaube, das hat Coar den Rest gegeben. Wir dachten, du wärst verloren. Alle dachten es, auch Coar.«
    »Was ist geschehen?« fragte Skar leise.
    Del hob langsam den Blick. In seinen Augen glomm ein undeutbarer Ausdruck auf, etwas, das Skar noch nie an ihm gesehen hatte und das ihn schaudern ließ. Vorwurf?
    »Thoranda hat dich gerettet«, sagte er so leise, daß Skar die Worte mehr erriet, als daß er sie wirklich verstand. »Du warst tot, Skar, aber sie hat dich zurückgeholt. Sie selbst… starb daran.«
    Und plötzlich erinnerte er sich wieder. Er hatte es gewußt, die ganze Zeit über, aber sein Verstand war nicht fähig gewesen, die einzelnen Teile des Mosaiks richtig zu erkennen und zusammenzusetzen. Die graue Gestalt, die er in seinem Traum gesehen hatte. Die Stimme. Thorandas Stimme. Er erinnerte sich wieder, wie alt und grau sie ausgesehen hatte, nachdem Del geheilt worden war, wie ausweichend sie auf seine Fragen nach ihrer Medizin geantwortet hatte, wie sehr… Ihr Götcer!dachte er. Das also war Thorandas Geheimnis gewesen. Ihre Kräuter und Wurzeln waren nur Beiwerk, wenig mehr als eine sanfte Unterstützung ihrerwirk-lichen Macht. Sie heilt mit dem Geist! Er erinnerte sich an ihre Worte: Der menschliche Körper ist ungeheuer regenerationsfähig, Skar. Man muß diese Kräfte nur wecken. Aber erst jetzt begriff er wirklich, was die alte Heilerin damit gemeint hatte. Ihr Wissen beschränkte sich nicht auf die Anwendung von Kräutern und Mixturen, sondern ging tiefer, weit über das hinaus, was die meisten anderen Menschen überhaupt über ihren Geist wußten. Ihre Kraft war unsichtbar, etwas, das vielleicht mit Magie vergleichbar war oder ihr doch so nahe kam, wie es nur ging. So also heilte sie.
    Aber um welchen Preis…
    »Tot«, wiederholte er.
    Del nickte. Er sah es nicht, aber er hörte, wie seine Kleider leise raschelten und Del sich bewegte. »Ich bin nicht der einzige, der etwas gutzumachen hat, Skar. Sie starb, um dich zu retten.«
    »Aber warum…?« stammelte Skar. »Sie… Coar hat gesagt, daß… daß es keine Rettung gibt, wenn…«
    »Die gibt es auch nicht, Skar«, murmelte Del. »Das Khtaäm verlangt sein Opfer. Sein Gift zerfrißt nicht den

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