Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
hinter der Tür stehen. Der Raum war beinahe zu klein, um mehr als ein Dutzend Menschen aufzunehmen, und trotzdem kam er sich mit einem Male furchtbar einsam und allein gelassen vor. Plötzlich, als hätte der Gedanke bis jetzt gebraucht, um wirklich bis an sein Bewußtsein vorzudringen, traf ihn die Erkenntnis, am Tod Thorandas schuld zu sein; eine Schuld, die wie mit glühenden Lettern auf seiner Stirn geschrieben zu sein schien. Er spürte, daß Coar ihn anstarrte, aber er hatte nicht die Kraft, ihren Blick zu erwidern. Am liebsten hätte er sich herumgedreht und irgendwo verkrochen.
    »Nimm Platz, Skar«, sagte Bernec in die Stille hinein. »Ich nehme an, dein Freund hat bereits mit dir geredet.«
    Skar nickte und machte einen zögernden Schritt. Die Krieger rutschten enger zusammen, um zusätzlichen Platz für ihn und Del zu schaffen. jemand drückte ihm einen Becher mit Wein in die Hand. Er trank einen winzigen Schluck, ohne den Geschmack wirklich wahrzunehmen, starrte sekundenlang in die rote Flüssigkeit und nickte dann. »Del hat mir gesagt, was ihr vorhabt«, sagte er. »Seid ihr sicher, daß es richtig ist?«
    Bernecs Miene schien zu Eis zu erstarren.
    »Versteht mich nicht falsch«, fuhr Skar hastig fort. »Ich will euch nicht davon abbringen, nur…«
    »Niemand verlangt von dir mitzugehen, Skar«, sagte Bernec mit erzwungener Ruhe.
    Skar setzte seinen Becher ab, schüttelte den Kopf und stützte das Kinn in die Handfläche. Sein Blick bohrte sich in den Coars und verharrte einen Moment. Die junge Gardeführerin saß mit untergeschlagenen Beinen neben Bernec. Ihre Hand ruhte in einer vertrauten Geste auf seinem Unterarm, eine Vertraulichkeit, wie Skar sie noch nie zwischen ihnen beobachtet harte. Der Verlust, der sie beide gemeinsam getroffen hatte, schmiedete sie wieder zusammen. Vielleicht hatte sie mit Cornecs Tod nicht nur ihr Kind, sondern Skar auch sie verloren.
    »Ich werde euch begleiten«, sagte er ruhig, »auch wenn ich dagegen bin. Ich werde euch helfen, mit diesen Ungeheuern fertig zu werden, ganz egal, was es kostet. Aber ich frage mich, ob ihr den richtigen Weg geht. Keiner von euch war jemals in diesen Höhlen, zumindest ist keiner von denen, die es versucht haben, zurückgekommen. Es könnte sein, daß niemand von uns dieses Unternehmen überlebt.« Seine Worte schienen die beabsichtigte Wirkung zu verfehlen. Weder Bernec noch einer der anderen Krieger zeigte sich beeindruckt, und selbst Del starrte nur blicklos zu Boden und schien darauf zu warten, daß er weiterredete. Skar fühlte sich mit jeder Sekunde weniger wohl. Die Situation begann
ihm
mehr und mehr zu entgleiten, das spürte er. Er suchte Coars Blick, aber ihre Augen waren leer, erfüllt einzig von einem tiefen, undramatischen Schmerz. Sie weiß, daß wirgehen, dachte er. Vielleicht war es gut so.
    »Ich nehme nicht an, daß ihr euren Plan mit Ipcearn abgestimmt habt«, fuhr er fort.
    Bernec lächelte flüchtig. »Natürlich nicht«, sagte er. »Seshar würde es verhindern, das weißt du. Aber wir haben nicht vor, ihn um Erlaubnis zu fragen. Wenn wir zurück sind, mag er toben, soviel er will. Er wird die Dinge nicht mehr ändern können.«
    Wahnsinn, dachte Skar. Das ist der reine Wahnsinn. Was mache ich hier überhaupt? Diese halben Kinder basteln sich eine Revolution zusammen, und ich habe nichts Besseres zu tun, als ihnen auch noch zu helfen. Aber dann sah er wieder Cornecs Gesicht vor sich, und er begriff, daß es Situationen gab, in denen man nur die Wahl zwischen zwei falschen Entscheidungen hatte.
    »Wir kommen mit«, sagte er leise.
    Bernec nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. »Ich danke dir«, sagte er. »Aber bevor wir aufbrechen, möchte ich, daß du etwas weißt. Wir alle wissen, was in Ipcearn geschehen ist, und wir alle wissen, daß du das, was du getan hast, für den richtigen Weg hieltst. Vielleicht hast du recht, vielleicht auch nicht, aber es ist deine Entscheidung, und es steht uns nicht zu, sie zu kritisieren. Und wir wollen nicht, daß du uns nur begleitest, weil du dich verpflichtet fühlst, in irgendeiner Weise. Wenn du jetzt aufstehst und gehst, wird es dir niemand übelnehmen. Niemand darf dich für einen Feigling oder Verräter halten.«
    »Ich weiß«, murmelte Skar. »Aber meine Entscheidung steht fest. Wann brecht ihr auf?«
    Ein hörbares Aufatmen schien durch den Raum zu gehen.
    »Noch heute«, sagte Bernec. »Wir können nicht warten. Die Kunde von dem, was hier geschehen ist, wird

Weitere Kostenlose Bücher