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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Körper, sondern den Geist. Es tötet dein Bewußtsein, langsam, aber unbarmherzig. Die Kraft, die nötig wäre, es zu besiegen, hat kein Mensch. Auch du nicht.« Er brach wieder ab, schwieg ein paar Sekunden und fuhr dann mit veränderter Stimme fort. »Fühlst du dich kräftig genug, um mich zu begleiten?«
    Skar nickte. »Wohin?«
    »Zu Bernec«, entgegnete Del. »Ich weiß, daß du ihn nicht magst, aber du solltest deine Feindschaft vergessen, wenigstens für eine Weile. Er… hat mehr verloren als du.«
    »Natürlich.» Skar bückte sich nach seinem Harnisch und legte
ihn
mit langsamen Bewegungen um. Er fühlte sich wie betäubt. Trotz allem war in ihm kaum Schmerz oder Verzweiflung, sondern nichts als Leere. Seit Del und er diesen Wald betreten hatten, wurden sie von einer ununterbrochenen Kette von Katastrophen begleitet. Mit ihnen schien ein Stück Enwors Einzug in Cearn gehalten zu haben, ein Teil jener Welt, den er Coar in schwärzesten Farben beschrieben hatte. Sie waren nicht die Befreier, auf die dieses Volk gewartet hatte, sondern Boten des Unheils. Plötzlich hatte Skar das Gefühl, mit einem Fluch behaftet zu sein. Er war vergiftet, verflucht. jeder, der mit ihm zusammentraf, mußte zugrunde gehen. »Einen Moment noch«, sagte Del, als er fertig angezogen war und sich zum Ausgang wenden wollte. »Ich möchte, daß du etwas weißt, bevor wir gehen.«
    Skar blieb stehen. »Ja.«
    »Nach dem Überfall«, begann Del, »habe ich lange nachgedacht, Skar. Sehr lange. Wir haben vereinbart, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Stehst du noch dazu?«
    Skar nickte. »Mehr als vorher, Del.«
    »Ich auch«, antwortete Del. »Aber noch nicht sofort. Ich bin wieder kräftig genug, um einen Ritt durch die Wüste zu überstehen, und du bist es wohl auch. Aber ich habe mich entschlossen, noch eine Weile zu bleiben.«
    »Warum?«
    Diesmal zögerte Del sekundenlang, ehe er antwortete. »Weil ich der Meinung bin, daß wir diesem Volk etwas schulden, Skar«, sagte er. »Ohne sie wären wir tot, beide. Thoranda hat uns beiden das Leben gerettet, erst mir und heute dir, und sie hat ihr eigenes Leben dafür geopfert. Ich gehe nicht gerne irgendwo fort, ohne meine Schulden zu bezahlen.«
    »Und was«, fragte Skar neugierig, »willst du tun?«
    »Das, was sie von uns verlangen. Ich werde ihnen helfen.«
    »Helfen…«, wiederholte Skar mit seltsamer Betonung. »Du vergißt, daß ich in Ipcearn war, Del. Ich habe mit dem Mann gesprochen, der die Verantwortung für dieses Volk hat. Wir können ihnen nur auf eine einzige Weise helfen. Indem wir gehen. Seit wir hier sind, ist bereits genug Unheil geschehen.«
    »Auch ich kenne die Geschichte Cearns«, sagte Del. »Und ich bin auch der Meinung, das wir ihnen nicht helfen können, ihre Heimat zurückzuerobern — falls es sie überhaupt gibt. Wir haben weder die Möglichkeit noch das Recht, uns in das Schicksal dieses Volkes zu mischen. Um das zu erkennen, brauchte ich nicht bis Ipcearn zu reiten und mit den Königen zu sprechen. Aber es gibt etwas, was wir für sie tun können.«
    »Und was?« fragte Skar.
    »Die Hoger«, antwortete Del. »Ich werde diese schwarzen Bestien vernichten.«
    »Du bist verrückt«, stieß Skar hervor. »Ich habe versprochen, mich nicht einzumischen, und ich habe dieses Versprechen auch in deinem Namen gegeben.« »Das war, bevor Larynn und Thoranda gestorben sind«, entgegnete Del, als hätte er nur auf dieses Argument gewartet. »Vielleicht hast du mich nicht richtig verstanden, Skar, aber es ist nicht nur eine Idee von mir. Ich bin fest entschlossen. Wir sind diesen Menschen mehr schuldig, als wir jemals zurückzahlen können. Auch ich will hier weg, aber ich werde nicht gehen, bevor ich sie nicht von diesen Ungeheuern befreit habe.«
    »Und wie stellst du dir das vor?« fragte Skar abfällig. »Willst du durch den Wald streifen und die Hoger einen nach dem andern erschlagen?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Del im gleichen Tonfall. »Aber wir werden einen Weg finden.«
    »Oh, natürlich«, spottete Skar. »Es ist ja auch so leicht!«
    »Leicht«, entgegnete Del ungerührt, »ist es sicher nicht. Aber es ist möglich. Ich werde zusammen mit Bernec und ein paar Freiwilligen zu ihren Höhlen hinausreiten. Wenn wir während des Tages aufbrechen, haben wir eine Chance. Sie sind nur nachts wirklich aktiv. Der Überfall auf Logar und seine Reiter war der erste seit Jahrzehnten, der am Tage stattfand.«
    »Und was willst du dort draußen?«

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