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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hielt konzentriert nach Anzeichen menschlicher Besiedlung Ausschau, doch seine Suche verlief ergebnislos. Aber das hatte er bereits halbwegs erwartet. Unter dem saftigen grünen Dach des Waldes konnten sich ganze Königreiche verbergen. Jemand, der in der Lage war, so etwas zu erschaffen, war zweifellos auch dazu fähig, sich zu tarnen.
    Skar zuckte enttäuscht die Schultern und begann vorsichtig von seinem Ausguck herunterzusteigen. Sie würden weiter auf ihr Glück und den guten Willen der Waldmenschen vertrauen müssen.
    Del erwartete ihn mit offenkundiger Ungeduld. »Du warst verdammt lange dort oben«, sagte er verärgert. Er trat zurück, legte den Kopf in den Nacken und blinzelte nach oben, als könne er etwas erkennen, was Skar verborgen geblieben war.
    »Nun?«
    Spar schüttelte andeutungsweise den Kopf. »Gehen wir weiter«, sagte er anstelle einer direkten Antwort.
    Del schürzte die Lippen. »Sehr gesprächig bist du nicht«, sagte er. »Ich — runter!«
    Er sprang zur Seite und gab Skar gleichzeitig einen wuchtigen Stoß vor die Brust, der ihn zurücktaumeln und unsanft zu Boden stürzen ließ. Irgend etwas zischte mit häßlichem Geräusch durch die Luft und grub sich tief in den Stamm des Baumes, vor dem er gestanden hatte. Skar rollte über die Schulter ab, sprang auf die Füße, riß schützend den Arm vors Gesicht und riß gleichzeitig sein Schwert aus dem Gürtel.
    Am gegenüberliegenden Waldrand glitzerte Metall. Der Wald erwachte von einer Sekunde zur anderen zum Leben. Ein großer, massiger Umriß erschien zwischen den Bäumen, stand eine halbe Sekunde lang reglos und schob sich dann auf die Lichtung hinaus.
    Ein Reiter.
    Del hob kampflustig sein Schwert und bewegte sich geduckt auf den Reiter zu. »Nicht«, sagte Skar leise.
    Del verstand. Er nickte unmerklich, blieb stehen und warf Skar einen nervösen Blick zu. Seine Lippen waren zu einem schmalen, blutleeren Strich zusammengepreßt.
    »Es ist sinnlos«, murmelte Skar. »Sieh dort hinüber.« Hinter dem ersten Reiter waren andere aus dem Wald gebrochen — sieben, acht, schließlich ein Dutzend.
    Und die schattige Dunkelheit dahinter mochte noch mehr bergen. Es waren die gleichen kleinen, zerbrechlichen Gestalten wie beim ersten Mal, aber sie wirkten entschieden gefährlicher als die braungekleideten Waldleute, die ihnen am Waldrand begegnet waren; klein, schmalschultrig und drahtig hockten sie mit einer Art selbstverständlicher Eleganz auf ihren Tieren, die sie wie mit den Sätteln verwachsen erscheinen ließ. Und die Reiter waren gepanzert. Schmale, liebevoll ziselierte Brustschilde schützten ihre Körper, Arme und Beine steckte in eng anliegenden Metallschienen, und die Gesichter verbargen sich hinter wulstigen Helmen, die ihre Köpfe bis auf die Schultern hinab bedeckten und nur einen schmalen, bis weit in die Schläfe hinaufgezogenen Schlitz über den Augen freiließen. Die Gesichtsmasken hatten die Form spitzer, nach vorne gezogener Rattenschnauzen.
    Skar wich langsam zurück. Seine Hand krampfte sich fester um den Schwertgriff, während er verzweifelt nach einem Fluchtweg Ausschau hielt. Es gab keinen. Die kleine Lichtung war für einen Hinterhalt geschaffen. Obwohl nach allen Seiten offen, war sie doch von einer fast undurchdringlichen Mauer dichten, verfilzten Unterholzes umgeben, in dem sie hoffnungslos steckenbleiben würden, während ihre Verfolger ihre gepanzerten Tiere mit Leichtigkeit hindurchtreiben konnten. Schlagartig wurde ihm klar, daß die Anlage der Lichtung keineswegs bloßer Zufall war. Sie war sorgfältig geplant und von der Hand eines geschickten Gärtners erschaffen worden, so daß ihr künstlicher Charakter nur bei allergenauestem Hinsehen auffiel. Eine Falle, eine von wahrscheinlich unzähligen Fallen, die auf jeden Fremden lauerten, der in das schattige Reich der Waldmenschen einzudringen wagte.
    Die Reiter lenkten ihre Tiere in weitem Bogen um die beiden Eindringlinge herum und formierten sich zu einem lockeren Kreis, der sich langsam zusammenzuziehen begann. An eine Flucht war nicht einmal mehr zu denken. Skars Blick tastete besorgt über die langen, gefährlich aussehenden Spieße, mit denen die Reiter bewaffnet waren. Gegen einen nur mit Schwert und Schild bewaffneten Reiter mochte ein Mann zu Fuß eine gute Chance haben — gegen ein Dutzend Lanzenträger nicht.
    Der Kreis zog sich langsam enger zusammen. Die Lautlosigkeit, mit der das Vorrücken der goldgepanzerten Reiter vonstatten ging, hatte etwas

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