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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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etwas wie Neid aufkommen. Er zügelte sein Tier dicht neben ihnen, musterte Skar mit einem Blick, in dem angefangen von Mißtrauen über Verlegenheit und widerwillige Bewunderung bis hin zu beinahe kindlichem Trotz alle nur denkbaren Empfindungen vertreten zu sein schienen, und sagte dann ein paar Worte zu Coar.
    Die Kommandantin antwortete nach kurzem Zögern. Ihre Worte klangen scharf, aber auf ihren Zügen lag ein verzeihendes Lächeln. Sie deutete ein paarmal auf Skar, dann auf sich und dann noch einmal auf Skar und unterstrich die Bewegung mit einem knappen befehlenden Wort. Bernec starrte sie wütend an, machte ein unwilliges Geräusch und grinste abfällig und in einer Art, in der man nur lacht, wenn man jemanden verletzen will.
    Skar schwieg beharrlich, obwohl er genau spürte, daß Bernec auf irgendeine Äußerung von ihm wartete. Seine offen zur Schau getragene Ruhe schien Bernec noch mehr zu reizen. Er starrte ihn sekundenlang wütend an, stieß ein abgehacktes Wort hervor und riß sein Pferd brutal an den Zügeln herum.
    Coar blickte ihm kopfschüttelnd nach. »Verzeih ihm, Skar«, sagte sie leise. »Er ist manchmal sehr aufbrausend, aber er meint es nicht so.«
    Skar lächelte säuerlich. »Ich habe sowieso nichts verstanden«, bekannte er. »Und was ich nicht verstehe, kann mich auch nicht beleidigen. Außerdem beginne ich mich langsam daran zu gewöhnen, daß man über mich redet. Auch«, fügte er spitz hinzu, »wenn ich zufälligerweise dabei bin.«
    Coar lachte leise. »Bernec spricht deine Sprache besser als ich«, sagte sie amüsiert. »Aber ich sehe, daß er sein Ziel erreicht hat, als er Cerano sprach. Er wollte dich verletzen.«
    »Und warum?« fragte Skar. »Ich meine… so dann und wann interessiert es mich, wenigstens zu wissen, warum man mich haßt.«
    »Bernec haßt dich nicht, Skar. Ich glaube nicht, daß er überhaupt fähig ist, jemanden wirklich zu hassen. Er ist verstimmt, das ist alles.«
    »Wegen der Szene am Tor?«
    Coar verneinte. »Um es mit deinen Worten auszudrücken«, antwortete sie nach kurzem Überlegen, »lauft ihr ihm den Rang ab. Del und du stehlt ihm die Schau. Bernec galt bisher als unser größter Krieger, und ich glaube, er war es wohl auch. Keiner kann so reiten und fechten und Bogen schießen wie er. Viele von uns — gerade die Jüngeren — sehen ihn ihm so eine Art Held, und ich fürchte fast, daß er sich in dieser Rolle gefallen hat. Er ist zu stolz, um es offen zuzugeben, aber es wird wohl so sein, daß er schlicht und einfach eifersüchtig auf euch ist.«
    »Blödsinn«, sagte Skar impulsiv. »Nichts liegt mir ferner, als ihm den Rang streitig zu machen.«
    »Ich weiß«, nickte Coar, »und Bernec weiß es auch. Aber manchmal läßt sich das, was man weiß, nicht mit dem, was man fühlt, in Einklang bringen. Er wird darüber hinwegkommen, früher oder später. Vielleicht«, sagte sie nachdenklich, »könnt ihr sogar Freunde werden, irgendwann. Warte, bis du ihn richtig kennst. Er wird dir gefallen. Ihr ähnelt euch in vielem.«
    Skar bezweifelte das, zog es aber vor zu schweigen. Neid und Eifersucht waren Wesenszüge, die ihm fremd waren. Er hatte viele Männer getroffen, die ihm auf die eine oder andere Weise überlegen gewesen waren, aber er hatte selten deswegen so etwas wie Mißgunst in sich verspürt, und wenn doch, so hatte er das Gefühl stets mit aller Macht bekämpft.
    »Du kennst ihn gut?« fragte er.
    Coar zögerte merklich. »Ja«, sagte sie dann. »Went ist nicht groß. Wir kennen uns alle untereinander. In deiner Heimat mag das anders sein. Die Städte sind dort sicher so groß, daß man unmöglich alle Bewohner kennen kann.« »Manche sicher«, sagte Skar. »Aber in vielen Städten kennen die Menschen nicht einmal ihre direkten Nachbarn. Es ist… nicht überall auf Enwor so wie hier bei euch.«
    Coar sah ihn verblüfft an. »Aber wie kann das angehen?« fragte sie. »Ein Mensch, der seinen Nachbarn nicht kennt?«
    Skar lachte leise, aber es klang unecht und bitter. »Enwor ist nicht Went«, wiederholte er. Er zügelte sein Pferd, sah Coar lange und nachdenklich an und fügte, leiser und sanfter, hinzu: »Ich habe auf dem Weg hierher über die Geschichte, die du mir erzählt hast, nachgedacht. Vorhin habe ich darüber gelacht, aber jetzt glaube ich fast, daß sie stimmt. Ich habe niemals Menschen getroffen, die so sanft und friedvoll sind wie ihr.«
    Coar schien verwirrt, und auch Skar fragte sich unwillkürlich, warum er diese Worte

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