Enwor 1 - Der wandernde Wald
lächelte. »Deine Bescheidenheit ehrt dich, Skar«, sagte er kühl, aber auch mit einer Spur von Ungeduld, als ärgere er sich darüber, daß Skar es gewagt hatte, seine Rede zu unterbrechen. »Doch sie ist unbegründet. Wir wissen mehr von euch, als ihr glaubt. Wir kennen die Satai und ihren Ruf.«
»Ihr kennt die Satai? Woher?«
Mergells Gesicht nahm wieder den gewohnten überheblichen Ausdruck an. »Du hast mich gebeten, dich nicht zu überschätzen«, sagte er. »Aber nun begehe du nicht den Fehler, uns zu unterschätzen. Cearn mag weitab vom Geschehen in der Welt liegen, doch selbst die Nonakesh ist nicht undurchdringlich, und von Zeit zu Zeit erreichen uns Nachrichten. Wanderer wie du fanden schon früher den Weg zu uns, und in Ipcearn ist man begierig, alles zu erfahren, was in der Welt vor sich geht. Wir hörten von den Satai, schon vor langer Zeit, wenn ich auch zugeben muß, daß wir die Geschichten, die man über sie erzählt, für übertrieben hielten. Doch jetzt, da ich einem leibhaften Satai gegenübersitze, glaube ich fast, daß wir uns getäuscht haben. Ihr scheint wirklich so große Krieger zu sein, wie man behauptet.«
»Vorhin war ich dir noch zu klein«, sagte Skar spitz. Aber trotzdem mußte er zugeben, daß ihm Mergells Worte schmeichelten. »Aber du bist doch nicht nur gekommen, um mir ein Kompliment zu machen, oder?« fuhr er fort.
»Natürlich nicht. Die Könige übersenden dir ihren Dank und lassen dich bitten, mich zu ihnen zu begleiten und für eine Weile ihr Gast zu sein.«
»Das… wird nicht gehen«, antwortete Skar überrascht. »Jedenfalls nicht im Moment. Del ist noch lange nicht kräftig genug für einen solchen Ritt.«
»Es reicht vollkommen, wenn du uns begleitest«, sagte Mergell. »Vorerst zumindest. Dein Freund mag sich entscheiden, wenn er genesen ist und Wents Gastfreundschaft kennengelernt hat, so wie du.«
»Entscheiden?« Skar wurde plötzlich hellhörig. Mergells Worte waren nicht so belanglos, wie es den Anschein hatte. »Worüber entscheiden?«
Mergell wirkte überrascht. Er sah erst Logar, dann Coar an, runzelte mißbilligend die Stirn und verschränkte die Hände auf der Tischplatte. »Hat man dir nichts gesagt?« fragte er.
»Wir… dachten, es wäre noch Zeit«, sagte Coar hastig. »Wir haben nicht so rasch mit Euch gerechnet.«
Mergell seufzte. »Es geht um dein weiteres Leben hier, Skar«, . sagte er. »Ich will nicht drumherumreden. Wir brauchen Männer wie dich. Wie dich und deinen Freund, Skar.«
»Barbaren?« fragte Skar mit mildem Lächeln.
»Männer, die uns lehren, mit Waffen umzugehen und jeder Bedrohung Herr zu werden«, fuhr Mergell unbeeindruckt fort. »Die Könige lassen dir folgendes ausrichten: Du kannst in Cearn bleiben, wenn du willst. Dir wird der Posten eines Kommandanten der Königlichen Leibgarde angeboten, und du kannst in lpcearn leben. Natürlich nur, wenn es dein Wunsch ist. Du kannst auch in Went bleiben.« Er brach ab, sah Coar, die neben Skar Platz genommen hatte, einen Herzschlag lang an und lächelte dann dünn und berechnend. »Wenn du es befiehlst, wird Coar dich begleiten. Als persönlicher Adjutant.«
Skar sog scharf die Luft ein, aber Mergell sprach weiter, ehe Skar Gelegenheit zu einer Entgegnung hatte. »Ich erwarte natürlich jetzt noch keine Entscheidung von dir«, sagte er. »Du hast Zeit, darüber nachzudenken, bis wir in Ipcearn sind. Vielleicht ist es sogar besser, wenn du jetzt nichts sagst. Begleite uns und sprich mit den Königen, bevor du dich endgültig entscheidest.«
»Wenn die Antwort auf deine Frage«, sagte Skar, wie Mergell das vertrauliche Du auf eine provozierende Weise benutzend, »der einzige Sinn meines Besuches in Ipcearn ist, so kann ich mir den Ritt sparen. Ich habe nicht vor, hierzubleiben. Ich werde warten, bis Del sich erholt hat. Dann gehen wir.«
»Bist du sicher?« fragte Mergell. »Du kennst die Wüste. Du bist ihr einmal entronnen, aber du solltest das Schicksal nicht unnötig herausfordern. Die Nonakesh ist launisch. Sie hat dich einmal am Leben gelassen, doch das nächstemal wird sie dich töten.«
»Vielleicht«, sagte Skar mit erzwungener Ruhe. »Doch wir können nicht bleiben. Bei dem, was man euch über die Satai erzählt hat, scheint man etwas Wesentliches vergessen zu haben. Satai verkaufen sich nicht. Für keinen Preis.«
»Niemand spricht von verkaufen«, sagte Mergell.
»Es ist uns sogar strengstens untersagt, das Wissen weiterzugeben, das den Satai eigen ist«, fuhr
Weitere Kostenlose Bücher