Enwor 1 - Der wandernde Wald
Skar unerschütterlich fort. »Und selbst wenn wir es wollten, wäre es unmöglich. Es dauert ein Menschenleben, ein Satai zu werden. Mehr Zeit, als wir haben.«
»Niemand verlangt, daß ihr eure Geheimnisse preisgebt«, erklärte Mergell geduldig. »Aber du hast unser Volk kennengelernt. Wir sind keine Kämpfer wie ihr. Mit einem Mann wie dir an der Spitze…«
Skar schüttelte entschieden den Kopf. »Es ist sinnlos, Mergell. Du verschwendest deine Zeit. Wir würden Jahre brauchen, um auch nur eine Handvoll eurer Leute auszubilden. Und auch dann wäre es nur Stückwerk. Euer Krieg, Mergell, ist nicht der unsere. Ich weiß nicht, gegen wen ihr kämpfen wollt, aber es ist euer Kampf. Ihr werdet ihn allein bestehen müssen.«
Mergells Miene schien zu Eis zu gefrieren. »Ich werde deine Worte nicht zur Kenntnis nehmen, Skar«, sagte er steif. »Wir brechen morgen bei Sonnenaufgang auf. Du hast einen Tag und eine Nacht Zeit, dich zu entscheiden.«
»Die brauche ich nicht«, sagte Skar verärgert. Er stand auf, nickte Mergell und seinem Begleiter kühl zu und verließ mit raschen Schritten den Raum. Er wirkte noch immer ruhig und gelassen, aber unter dieser Maske brodelte es. Er hatte den Raum verlassen müssen, um nicht aufzuspringen und Mergell zu ohrfeigen.
Er stürmte aus dem Haus, warf die Tür hinter sich zu und stapfte ein paar Meter in den Wald hinein, ehe er stehenblieb und wütend die Fäuste ballte. Nach allem, was er in den letzten Tagen erlebt hatte, versetzte ihn Mergells Benehmen mehr in Rage, als er selbst zugeben wollte.
Das Geräusch leiser Schritte ließ ihn aufblicken. Es war Coar. Sie hatte das Gebäude hinter ihm verlassen und blieb nun unschlüssig stehen. Ein besorgter Zug lag um ihre Mundwinkel.
»Was… was ist mit dir los?« fragte sie stockend. »So wie gerade kenne ich dich gar nicht.«
Skar lachte humorlos. »Dafür kenne ich Menschen wie Mergell leider viel zu gut, solche Typen sind mir ein paarmal zu oft begegnet«, gab er zurück. »Sind alle Bewohner Ipcearns so wie er?«
Coar schüttelte den Kopf, trat einen Schritt auf ihn zu und griff nach seiner Hand. Skar zog trotzig den Arm zurück.
»Nicht alle«, sagte sie. »Aber du mußt ihn verstehen. Er ist ein sehr mächtiger Mann und kommt gleich nach dem König.« Selbst jetzt schien noch so etwas wie Ehrfurcht in ihrer Stimme mitzuschwingen, und Skar mußte sich beherrschen, um nicht abfällig zu lachen.
»Er scheint es zu wissen«, sagte er säuerlich.
»Aber er hat dir nur die Wünsche der Könige ausgerichtet«, meinte Coar. »Ipcearn ist nicht Went. Die Könige tragen die Verantwortung für unser ganzes Volk. Du kannst ihnen nicht verübeln, wenn sie alles unternehmen, was ihm nutzt.«
»Das tue ich auch nicht«, gab Skar schärfer, als nötig gewesen wäre, zurück. »Aber Mergell hat mir nicht die Wünsche eurer Könige ausgerichtet. Er hat mir eine Rechnung präsentiert. Auf eine schmutzige und unfaire Art.«
»Das hat er nicht.«
»Doch, das hat er«, schnappte Skar wütend. »Oder hast du nicht begriffen, was er damit gemeint hat, daß du mich begleiten kannst. Wie er gesagt hat, daß wir eure Gastfreundschaft genossen haben? Verdammt, Coar — er hat alles, was euer Volk für Del und mich getan hat, in den Schmutz getreten. Mit ein paar Sätzen hat er eure Freundschaft zu reiner Berechnung und dich zu einer billigen Kurtisane gemacht. Und da erwartest du, daß ich höflich bleibe?!!« Coar sog erschrocken die Luft ein. »Du… du glaubst, was du da sagst, nicht?« flüsterte sie.
»Ich glaube es nicht, ich weiß es«, sagte Skar ruhig. »Ich weiß nicht, ob er auf Geheiß der Könige so handelt, oder ob er sich vielleicht gar nichts dabei denkt. Aber er ist kein so großer Diplomat, wie er sich einbildet, wenn er wirklich glaubt, mich auf diese Weise kaufen zu können.«
»Vergib ihm, Skar«, bat Coar. »Ich bin sicher, er hat seine Worte nicht so gemeint. Er… er hat sich ein falsches Bild von dir gemacht. Aber du hilfst nicht, es zu korrigieren, wenn du so reagierst.«
»Er hält mich für einen Barbaren«, knurrte Skar. »Vielleicht sollte ich ihm zeigen, wie ein Barbar auf eine Beleidigung wie diese reagiert.« »Du solltest ihn nach Ipcearn begleiten und mit den Königen Freden«, sagte Coar leise. »Niemand hier mag Mergell, aber er ist 'kein schlechter Mann. Er hat nur das Wohl unseres Volkes im ' Auge, genau wie…«
»Genau wie jeder hier«, unterbrach sie Skar. »Seit ich hierhertgekommen bin, habe
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