Enwor 1 - Der wandernde Wald
war. »Ihr habt einen scharfen Ritt hinter euch«, sagte er. Mergell sah auf. »Das stimmt. Du bist ein aufmerksamer Beobchter, Skar. Wir wurden angegriffen, auf halbem Wege zwischen Hier und Ipcearn.« »Angegriffen!« keuchte Logar erschrocken. »Hoger?«
Mergell nickte. »Ein einzelnes Tier, aber es griff uns aus dem Hinterhalt an, bevor wir die Gefahr bemerkten. Ein paar meiner Männer wurden verletzt. Aber nicht ernsthaft.«
»Unsere Heilerin wird sich darum kümmern«, sagte Logar hastig.
Mergell winkte ab. »Das ist nicht notwendig, Logar. Es ist nur in Kratzer. Gebt den
Männern und
ihren Tieren Verpflegung und ein Lager, wo sie bis morgen ausruhen können, das reicht.«
»Selbstverständlich.« Logar wandte sich hastig um und rief ein paar halblaute Befehle.
»Selbstverständlich sind wir nicht nur gekommen, um Freundlichkeiten auszutauschen«, wandte sich Mergell wieder an Skar. »Dazu wäre der Weg von Ipcearn hier heraus zu weit und zu gefährlich. Ich habe mit dir und deinem Kameraden zu reden, Skar.«
»Del ist noch ohne Bewußtsein«, warf Coar ein.
»Nach so langer Zeit? Sie sind fast eine Woche hier.«
»Thoranda besteht darauf«, sagte Logar. »Ihr kennt sie doch —sie läßt einen Kranken so lange schlafen wie möglich, um ihm Schmerzen und Entbehrungen zu ersparen.«
Mergell lächelte flüchtig. »Ah ja, die alte Thoranda«, murmelte er. »Aber vielleicht reicht es auch, wenn ich mit Skar rede. Doch nicht hier. Wir sind die ganze Nacht geritten, und ich fühle mich müde. Außerdem bin ich durstig. Ist Euer Wein noch so gut, wie er war, Logar?«
»Sicher, Mergell. Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mich in mein Haus begleiten und meine Gastfreundschaft beanspruchen würdet.«
»Brich dir keine Verzierungen ab, Logar«, sagte Mergell ruhig.
Logar schluckte, nickte dann übertrieben hastig und zwängte sein Pferd zwischen den ihren durch, um zu seinem Haus zurückzureiten. Mergell, Chaime, Skar und Coar folgten ihm, während die übrigen Reiter — mit Ausnahme Bernecs, der sich ihnen nach kurzem Zögern ebenfalls anschloß — beim Tor zurückblieben. Sie ritten in scharfem Tempo zu Logars einfacher Residenz und betraten das Haus ohne weitere Formalitäten. Mergell schien den Weg bestens zu kennen. Er scheuchte den Posten an der Tür mit einer ärgerlichen Handbewegung beiseite, stürmte durch den Vorraum und den Gang und ließ sich ohne ein weiteres Wort hinter Logars steinernen Tisch sinken. Diener brachten zusätzliche Stühle und Krüge mit Wein.
Mergell griff nach einem Becher und leerte ihn mit einem Zug. »Es ist nicht übertrieben, was man von Eurem Wein behauptet«, sagte er zufrieden. »Es ist der beste in ganz Cearn. Ich werde ein Faß davon mitnehmen, um es den Königen als Geschenk zu überbringen — wenn Ihr gestattet.«
Logar beeilte sich zu versichern, daß es ihm eine Ehre wäre, den Herren Ipcearns ein Geschenk zu übergeben, aber Mergell schien seine Worte schon gar nicht mehr zu beachten. Er leerte einen weiteren Becher, wartete geduldig, bis die Diener nach und nach den Raum verlassen hatten, und beugte sich dann vor. Der Ausdruck auf seinem Gesicht änderte sich schlagartig.
»Satai Skar«, begann er nachdenklich. »Ich kann mir denken, daß du ein wenig verwirrt bist, deshalb komme ich ohne Umschweife zur Sache. Kannst du für deinen Kameraden sprechen?«
Skar zuckte die Achseln. »Del entscheidet selbst, was er tut«, sagte er. »Ich kann nicht über ihn bestimmen, wenn du das meinst. Aber ich denke, ich weiß, wie er handeln würde. Meistens«, schränkte er ein.
Mergell lächelte flüchtig und fuhr dann fort, ohne auf Skars Worte einzugehen. »Die Könige schicken mich mit einer Botschaft zu dir und deinem Freund Del, doch die Kunde ist nicht für jedermanns Ohren bestimmt. Deshalb bat ich dich hierher. Der Ruhm eurer Taten ist bis nach Ipcearn vorgedrungen, und…« »Mergell«, unterbrach ihn Skar, »bevor du weiterredest, gestatte mir eine Bemerkung.«
»Bitte.«
»Seit ich hierherkam«, sagte Skar, vorsichtig und jedes Wort genau überlegend, »ist etwas geschehen, was mir unangenehm ist, und ich möchte es erklären. Du — und nicht nur du, sondern alle Bewohner Wents, und, wie ich fürchte, selbst Ipcearns —scheinst etwas in uns zu sehen, das wir nicht sind. Ich bin nicht der große Held, den ihr in mir seht, sondern ein Mensch wie du. Ich habe ein paar von diesen Bestien getötet, aber das hätte jeder in meiner Lage getan.«
Mergell
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