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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hätten, aber all diese ungeheuerliche Macht reichte nicht aus, Titchs Freundschaft zurückzugewinnen. Dabei war es so leicht. Vielleicht noch leichter, als er glaubte. Vielleicht hätte er nur darum zu bitten brauchen.
    Aber er konnte es nicht. Das war etwas, was ihm verwehrt war, für immer. Skar war endgültig von der Seite derer, die
baten,
auf die Seite der
Fordernden
getreten.
    Er spürte, daß er mit seiner Antwort ein wenig zu lange gezögert hatte. Titch begann nervös zu werden. Hastig sagte er:
    »Es ist gut. Ich komme.« Und ebenso hastig wandte sich Titch um und lief zum Lager zurück.
    Skar blickte ihm traurig nach. Es gab keinen Grund für diese Eile. Sie hätten den Weg ebensogut gemeinsam zurückgehen können. Aber Titch mied seine Nähe, wo es nur ging. Langsamer als nötig, nur um Titch nicht in die Verlegenheit zu bringen, laufen zu müssen, folgte er dem Quorrl.
    Es war so anders, so völlig anders, als er erwartet hatte. Aber auch der Preis, den er bezahlt hatte, war anders gewesen. Viel höher.
    So viel höher. Warum hast du mir das verschwiegen, Bruder?
dachte er.
    Für Sekunden lauschte er in sich hinein, aber die Stimme des
Daij-Djan
schwieg. Sie war für immer erloschen, in dem Moment, in dem sie eins wurden, und er würde sie nie wieder hören, weil der
Daij-Djan
jetzt
er
war, so wie er zu der
Sternenbestie
geworden war.
    Obwohl er sich nicht bemühte, sonderlich schnell zu gehen, erreichte er das Lager nur wenig nach Titch, denn der Quorrl hatte seine alte Behendigkeit längst noch nicht zurückgewonnen.
    Das Heerlager war in konzentrischen Kreisen errichtet worden, wie alle Quorrl-Lager: ein Wall aus Schilden und hastig gebauten, nichtsdestoweniger aber sehr massiven hölzernen Barrikaden außen, hinter denen die Krieger in sorgsam überlegten Stellungen lagerten — die stärksten und am besten bewaffneten Männer außen, ganz innen die Wagen mit den mitgebrachten Vorräten und die Zelte mit den Verwundeten und Kranken. Seine eigene Unterkunft befand sich genau im Zentrum dieses Systems aus überlappenden Ringen und Kreisen, wie es dem Führer eines Heeres zukam, so daß er gezwungen war, jedesmal die Hälfte des Lagers zu durchqueren, wenn er es verlassen oder betreten wollte. Am ersten Tag hatte ihm dies nichts ausgemacht; jetzt litt er darunter. Trotz des Respekts und der Ehrerbietung, die ihm die Quorrl entgegenbrachten, war es ein Spießrutenlauf.
    Auch das war etwas, was ihm der
Daij-Djan
verschwiegen hatte
    - daß er noch immer darunter litt, jetzt vielleicht mehr als zuvor.
    Er verscheuchte auch diesen Gedanken, ging nun doch schneller und betrat das Zelt nur wenige Augenblicke nach Titch. Der Quorrl hatte an einem großen, hölzernen Tisch Platz genommen, auf dem sich eine zweifarbige Karte Ningas und der Heiligen Inseln befand. Ihre Ränder waren mit Nadeln im Holz befestigt, um zu verhindern, daß sie sich aufrollte; kleine, buntfarbene Steinchen markierten die Lage ihres Heeres und das der Verteidiger. Die roten Steine, die die Tempelgarde und die hastig zusammengetrommelten Truppen aus Bauern und Handwerkern markierten, die die Tempelpriester zu Hilfe gerufen hatten, waren in der Überzahl. Aber Skar wußte, wie wenig
Zahlen
in diesem Kampf bedeuteten.
    Titch wollte aufstehen, als er das Zelt betrat, aber Skar winkte hastig ab und wandte sich an Rowl, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten. »Sie kommen also.«
    Der Bastard nickte nervös. »Etwa zwanzig. Ein Priester ist bei ihnen.«
    Skar war nicht überrascht; wenn, dann allenfalls darüber, daß es erst jetzt geschah. Sie waren am vergangenen Abend hierhergekommen, und im Grunde hatte er schon im Laufe der Nacht damit gerechnet, daß ein Abgesandter aus Ninga erschien. Das Heer hatte sich sehr schnell bewegt, für ein Heer dieser Größe, aber auch ein sich schnell bewegendes Heer war noch immer
langsam.
Ihr Auftauchen konnte niemanden auf den Verbotenen Inseln überrascht haben.
    »Was befehlt Ihr, Herr?«
    »Nichts«, antwortete Skar nach kurzem Überlegen. »Laß sie herkommen. Ich will den Priester sehen, sobald er eingetroffen ist.«
    »Und die Krieger?«
    Skar zuckte scheinbar gleichgültig mit den Schultern. Er verstand die Frage nicht ganz — die Männer waren Parlamentäre, und als solche genossen sie freies Geleit; soviel er wußte, selbst bei den Quorrl. »Sie kommen nicht als Angreifer«, erinnerte er Rowl. »Nehmt ihnen ihre Waffen ab und laßt sie in Frieden, solange sie ihn nicht selbst brechen.

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