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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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waren wie sie umgekehrt ihnen. Es war das Land der Quorrl, ihre ureigendste Heimat, in der nur sie leben konnten, und niemand sonst. Mit einem Mal fielen ihm all die Geschichten und Legenden über die Quorrl wieder ein; Geschichten, an deren Verbreitung er selbst früher kräftig mitgewirkt hatte. Sie waren lächerlich, eine wie die andere. Selbst wenn die Quorrl gewollt hätten — sie konnten Enwor gar nicht erobern.
    Ganz einfach, weil sie auf Dauer so wenig in der Lage waren, dort zu leben, wie die Menschen Enwors in diesem Land.
    Nicht die Quorrl, die du kennst,
flüsterte der
Daij-Djan. Aber vielleicht die, die Ennart und seine Brüder noch erschaffen werden.
Ennart ist tot! dachte Skar zornig.
    Bist du sicher, Bruder?
    Sei still, antwortete Skar in Gedanken.
    Aber — warum? Hast du immer noch Angst vor der Wahrheit, Bruder?
    Vor dem, was du Wahrheit nennst, ja, antwortete Skar auf die gleiche, lautlose Weise. Trotzdem mußte etwas von seinem stummen Zwiegespräch mit jenem finsteren Teil seiner selbst spürbar sein, denn Kiina blickte plötzlich erschrocken hoch und sah ihn irritiert an. Skar wandte rasch den Blick und tat so, als konzentriere er sich völlig auf den aufgeweichten Weg. Sie bewegten sich dicht am Waldrand entlang, und auch das war etwas, was ihm Sorge machte — spätestens ihr letztes Gespräch mit Cron hatte ihm klargemacht, daß Cants Wälder nicht so leer und unbewohnt waren, wie es den Anschein hatte. Aber sie mußten jede Deckung ausnutzen, die sie bekommen konnten. Sie waren mehr als nur vogelfrei, ohne Titchs Begleitung, wie er sich in jeder Sekunde schmerzhaft vor Augen hielt. Wenn sie irgend jemand entdeckte — buchstäblich
irgendjemand —
waren sie tot.
    Außer, du nimmst meine Hilfe an.
    »Verschwinde endlich«, sagte Skar. Er sagte es laut, schrie es fast, und wieder sah Kiina auf und blickte ihn gleichermaßen fragend wie erschrocken an, sagte aber auch jetzt kein Wort. »Ich brauche dich nicht!«
    Bist du sicher, Bruder?
antwortete der
Daij-Djan
spöttisch.
Dann sieh nach Westen.
    Skar tat es — und fuhr erschrocken zusammen, obgleich er zumindest geahnt hatte, was er sehen würde. Der
Daij-Djan
tat niemals etwas durch Zufall oder ohne Grund. Er hatte auch den Moment, wieder mit ihm zu sprechen, sorgsam gewählt.
    Vielleicht hatte er sogar dafür gesorgt, daß die Quorrl ausgerechnet jetzt auftauchten, dachte Skar verbittert. Mittlerweile traute er dem Monster alles zu. Es hatte die Macht eines Gottes, auch wenn er das bis jetzt nicht hatte wahrhaben wollen.
    Es waren viele. Durch den nieselnden Regen und das blaßgraue Licht der Dämmerung fiel es Skar schwer, ihre Zahl zu schätzen, aber es mußten zwanzig sein, möglicherweise auch fünfzig oder zweihundert, das blieb sich gleich — es waren so oder so zu viele, um sich ihnen zu stellen.
    Seine Hand glitt zum Schwert, verharrte einen Moment auf dem Griff der Waffe und löste sich wieder davon, ohne sie zu ziehen. Daß er die Quorrl gesehen hatte, bedeutete nicht, daß auch sie schon entdeckt worden waren. Sie waren nur zwei —vier, mit den Packpferden — aber sie hatten den Wald hinter sich, eine schwarze Mauer, die ihre Schatten verschlingen mußte.
    »Was hast du?« fragte Kiina, die seinen Schrecken natürlich bemerkt hatte.
    Skar deutete stumm nach Westen, und nach ein paar Augenblik-ken verriet ihm der Ausdruck auf Kiinas Gesicht, daß auch sie die näher kommenden Reiter bemerkt hatte. Zu Skars Überraschung zeigte sie keine Spur von Schrecken oder gar Panik, sondern biß sich nur nachdenklich auf die Lippen und deutete dann auf den Waldrand.
    Skar nickte, hob aber fast im gleichen Moment abwehrend den Arm, als Kiina unverzüglich ihr Pferd wenden und ins Unterholz führen wollte.
    »Unsere Spuren«, sagte er mit einer besorgten Geste zu Boden. »Sie reiten fast genau auf uns zu. Sie werden sie sehen.«
    In dem aufgeweichten Morast, zu dem der Regen das Erdreich gemacht hatte, waren die Hufabdrücke ihrer Pferde tatsächlich kaum zu übersehen; nicht einmal für Wesen, die nicht über die scharfen Sinne eines Quorrl verfügten.
    »Sie werden uns sehen, wenn wir noch lange hier herumstehen«, sagte Kiina betont. Sie machte eine ungeduldige Handbewegung. »Was hast du vor? Auf den Knien herumrutschen und die Spuren verwischen?«
    »Nein«, antwortete Skar. »Aber ich…« Er brach ab, warf einen sichernden Blick zu den Quorrl zurück — sie waren näher gekommen, aber noch nicht so weit, daß sie sie

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